Rottenburg

Fehlurteile

Im siebten Teil der Reihe über kleinere Tübinger Religionsgemeinschaften hat das TAGBLATT die Zeugen Jehovas beschrieben (3. Januar). Dazu gab es einen Leserbrief von Roland Fakler (5. Januar) und eine Antwort darauf von Reinhardt Seibert (10. Januar), der wiederum von Fakler am 11. Januar kommentiert wurde. Gerd Simon antwortete darauf am 14. März.

18.03.2019

Von Dr. Stefan Schulze, Rottenburg

Ich habe nichts gegen Religions- und Kirchenkritik. Aber ich habe etwas gegen Herrn Faklers Einseitigkeit, mit der er die Kirchen aus dem – allgemein gesprochen – historischen Kontext herauslöst und ihnen Probleme anlastet, die in Wirklichkeit gesamtgesellschaftlich sind. Wie fragwürdig diese Methode ist, möchte ich an einem Beispiel aus der jüngeren Leserbriefdiskussion zeigen.

Herr Fakler stellte im Hinblick auf die zur Nazizeit verfolgten Zeugen Jehovas die rhetorische Frage: „Tragen Gläubige, die sich nicht um irdische Regierungsformen scheren, nicht eine gewisse Mitschuld, wenn sie eines Tages unter einer Diktatur zu leiden haben?“ Nach meinem Einwand weitete er dann den Kreis der Mitverantwortlichen aus auf alle, „die sich bewusst nicht an der Politik beteiligen“ (Leserbrief vom 22. Januar). Dass er damit unausgesprochen auch die Juden für mitverantwortlich für ihre Verfolgung erklärt, ist ihm gar nicht aufgefallen.

Desgleichen hat er nicht gemerkt, dass er die Wirklichkeit auf den Kopf stellt. Denn von den Nazis verfolgt wurden gerade diejenigen, die politisch aktiv waren und gegen die Naziherrschaft opponierten.

Sicherlich denkt Herr Fakler nicht so. Aber ich kann mir seine Äußerungen nur erklären durch seinen religionskritischen Eifer, der nicht selten zu erheblichen Fehlurteilen führt.

Zum Artikel

Erstellt:
18.03.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 37sec
zuletzt aktualisiert: 18.03.2019, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Aus diesem Ressort