Splitt, Salz und Sturzgefahr

Fragen und Antworten zu Räum- und Streupflicht

Der Winter hat die Stadt weiter im Griff, doch zwischen Schnee und Eis bleiben Fragen: von der Splitt-Beschaffung, über die Haftung bei Unfällen bis hin zum eigentlichen Salz-Verbot.

18.01.2017

Von Moritz Hagemann

Im Bild-Vordergrund ist der Gehweg geschippt, das Negativbeispiel folgt dahinter. So viel Schnee hat’s zurzeit nicht, die Aufnahme aus Tübingen ist älter. Archivbild: Metz

Im Bild-Vordergrund ist der Gehweg geschippt, das Negativbeispiel folgt dahinter. So viel Schnee hat’s zurzeit nicht, die Aufnahme aus Tübingen ist älter. Archivbild: Metz

Erst Mitte der kommenden Woche erwarten Meteorologen im Kreis wieder Plusgrade. Der Winter wird Tübingen also noch ein paar Tage im Griff haben, „und er ist jetzt schon strenger als in den vergangenen beiden Jahren“, sagt Karl Schmidt, der Bereichsleiter Verkehr bei den für den Winterdienst zuständigen Kommunalen Servicebetrieben Tübingen (KST). Für Privatpersonen ergeben sich bei der Räum- und Streupflicht immer wieder offene Fragen.

Wer haftet bei einem Unfall auf einem Weg, der von Privatpersonen geräumt werden muss?

Kommt der Eigentümer oder der Mieter (der Mietvertrag regelt wer verantwortlich ist) seiner Räumpflicht nach und auf dem geräumten Abschnitt kommt es zu Unfällen, so übernimmt die private Haftpflichtversicherung des Räumpflichtigen den Schaden. Wer keine hat, hat Pech. Ist nicht ordnungsgemäß geräumt, „sind es oft schwierige Fälle“, sagt Petra Hieber vom Tübinger wgv-Versicherungsbüro. Dann seien oftmals die Aussagen der Geschädigten entscheidend: War geräumt oder nicht? Das Tübinger Ordnungsamt, so erzählt Leiter Rainer Kaltenmark, erhalte oft Anfragen der Berufsgenossenschaft, wer an welchen Stellen für den Winterdienst verantwortlich ist.

Entbinden berufliche Pflichten von der Räum- und Streupflicht?

Nein. Auch wer tagsüber arbeitet, muss rechtlich sicherstellen, dass die Gehwege an seinem Grundstück von 7.30 bis 21 Uhr durchgehend frei sind. Passiert etwas, sagt Hieber, „wird jeder Schadensfall individuell geprüft.“

Wem schadet das eigentlich verbotene Streusalz?

Besonders für Hunde ist das Salz lästig. „Das greift die Ballen an“, sagt die Lustnauer Tierärztin Sabine Menzel. Sie rät zur Vorsorge: Vaseline oder Bienenwachs auf die Pfoten auftragen. „Das muss man unbedingt machen“, sagt sie. Splitt dagegen sei für Tiere kein Problem. Nur das Salz greife die Pfoten an, „und bis sich an den Ballen eine neue Hornhaut bildet, das dauert Wochen“, sagt Menzel, die das mit dem Wachstum der menschlichen Fingernägel vergleicht. Auch für Katzen ist das Salz nicht gut, jedoch seien sie weniger empfindlich und gehen dem Salz von alleine aus dem Weg. Weil Salz zudem in das Schmelzwasser gelangt, verdrängt es wichtige Nährstoffe im Boden und schädigt Bäume und Sträucher.

Aus welchen Gründen streuen die KST dennoch Salz?

Karl Schmidt räumt ein, dass Radwege mit Salz bearbeitet werden. „Da müssen wir intensiver streuen, sonst hilft das nichts“, sagt er. Splitt sei für Radfahrer auch schlecht. Und weil viele Radler auf Gehwegen unterwegs sind, findet sich auch dort Salz wieder. Albert Füger, Technischer Betriebsleiter der KST, sagt: „Mit Salz gehen wir runter auf 15 Gramm pro Quadratmeter, das ist nicht viel.“ Auch die KST setzen aber Splitt ein.

Wann dürfen Privatpersonen Salz verwenden?

In Ausnahmefällen darf Jedermann zu Salz greifen. „Bei einer enormen Eisglätte darf man Salz streuen“, sagt Schmidt. Anders sei dem sonst gar nicht beizukommen. Sind die Wege aber auch anders gehsicher zu machen, ist Salz verboten.

Weshalb war der Splitt an manchen Orten schon vergriffen?

Die KST haben 18 Stellen im Kreis eingerichtet, an denen Splitt kostenlos verfügbar ist. Die sollten aus Kostengründen ursprünglich nur einmal beliefert werden und dann nicht mehr. Erst Ende der vergangenen Woche wurden die Depots aber nun doch wieder aufgefüllt. Beim Bauhof im Schwärzlocher Täle gibt es außerdem einen überdachten Splittvorrat entlang der Bahnlinie. „Da gibt’s zu jeder Tageszeit immer genug“, sagt Schmidt. Obwohl der Winter streng ist, sei noch kein Splitt-Notstand in der Stadt ausgebrochen.

Was passiert mit dem Splitt, wenn der Winter vorbei ist?

Die KST sammeln ihren Splitt wieder ein: „Das ist eine unserer Frühjahrsaufgaben“, sagt Füger. Auch Privatpersonen sind dazu verpflichtet. Albert Füger macht’s pragmatisch: „Ich sammle meinen Splitt auf und verwende ihn im nächsten Winter wieder.“