Bilanz des diesjährigen Tübinger Festivals

Französische Filmtage berappeln sich nach Holperstart

Vor einer Woche hingen die Französischen Filmtage, die am Mittwochabend mit der Preisverleihung zu Ende gehen, angeschlagen in den Seilen.

09.11.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Grandioser Klamauk im Urwald: „La loi de la jungle“ war eines der Komödien-Highlights der Filmtage.

Grandioser Klamauk im Urwald: „La loi de la jungle“ war eines der Komödien-Highlights der Filmtage.

Die längenmäßig aus dem Ruder gelaufene Auftaktzeremonie war vielen Zuschauern sauer aufgestoßen, und auch über dem Eröffnungsfilm „Ma loute“ senkte sich mehrheitlich der Daumen. Zum Liebesentzug von Seiten des Publikums kam es dann allerdings nicht, im Gegenteil. Am Wochenende gab es schon am frühen Abend lange Schlangen vor den Kinokassen und zumindest die kleineren Säle waren öfter ausverkauft.

Das Festival revanchierte sich für das Vertrauen mit einem sehr guten Filmprogramm. Der Autor zum Beispiel hat in den acht Tagen mehr famose Komödien gesehen als im gesamten restlichen Jahr. „Victoria“, „L’effet aquatique“ und „La loi de la jungle“ hießen die Wunderwerke, die nach derzeitigem Stand keinen deutschen Kinostart haben werden. Was zeigt, wie wichtig die Französischen Filmtage sind, wenn man wissen will, was sich im Filmland Frankreich wirklich tut. Aus dem Nachwuchswettbewerb stachen mit Rachel Lang („Baden Baden“) und Daouda Coulibaly („Wùlu“) mindestens zwei Regisseure heraus, die man im Blick behalten sollte.

Ein rundum gelungenes Festival also? Das auch wieder nicht. Zwar kam mit „Ma loute“-Regisseur Bruno Dumont mal wieder ein französischer Filmkünstler von hohem Renommee nach Tübingen, doch der düste nach drei Sätzen von der Bühne herab wieder vondannen. Ein kontroverses Publikumsgespräch über seinen umstrittenen Eröffnungsfilm? Fehlanzeige. Überhaupt ist die im Vorjahr ansprechend angeleierte Debattenkultur schon wieder auf dem absteigenden Ast. Die im Vorfeld groß annoncierten Gespräche mit politisch engagierten Filmemachern wurden an Werktagnachmittagen im kleinsten Festivalkino abgehalten – als schäme man sich, das Tübinger Publikum mit so etwas Unanständigem wie einer Diskussion über Islamismus oder die Nuit-debout-Bewegung zu belästigen. Einige fielen mangels Gast auch ganz ins Wasser.

Beim „Stargast“ Daniel Cohn-Bendit wiederum fehlte jeglicher Filmbezug. Hätte man ihm zu Ehren nicht eine kleine Reihe zum Kino der Achtundsechziger arrangieren können? Oder ihm wenigstens eine Carte Blanche für seine drei Lieblingsfilme zustecken können? Damit wäre dann auch die französische Filmgeschichte abgedeckt gewesen, die Festivalleiter Christopher Buchholz leider nicht die Bohne interessiert.

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09.11.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 09.11.2016, 01:00 Uhr

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