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Hieber übt Kritik an Art des „letzten Akts“

Der Bürgermeister wusste von der Aufgabe des Wössner-Standorts Sulz nichts. Einem Unternehmen mit langer Tradition werde das Vorgehen „in keinster Weise gerecht“.

24.05.2018

Von Cristina Priotto

Die Vorgehensweise der Parramatta Capital Holding als Eigentümerin von Möbel Wössner stößt auch bei der Sulzer Stadtverwaltung auf Unverständnis und Kritik. Wie die SÜDWEST PRESSE am gestrigen Mittwoch exklusiv berichtete, hatten die Besitzer nur durch Werbeflyer für eine „Totale Fabrik-Räumung“ im „Factory Outlet Center“ Kastell die Bürger über die Aufgabe des Traditionsstandorts nach 112 Jahren informiert. Pressemitteilung, Hinweis an Wirtschaftsförderer Hartmut Walter oder Bürgermeister Gerd Hieber? Fehlanzeige.

Hieber stößt diese Vorgehensweise sauer auf. Wie der Sulzer Bürgermeister auf Nachfrage der SÜDWEST PRESSE mitteilte, war Gerd Hieber „nicht bekannt, dass in Sulz der Standort Möbel Wössner komplett aufgegeben werden soll“. Die Stadtverwaltung habe von dem Vorhaben vergangene Woche lediglich über eine Annonce Kenntnis erhalten.

Das langsame Ende des einst größten Arbeitgebers in der Neckarstadt hatte sich spätestens seit der Übernahme durch die Parramatta Capital Holding im Januar 2016 abgezeichnet: Nur acht Monate nach der Zustimmung durch das Bundeskartellamt hatten die neuen Eigner zunächst die Produktion aufgelöst und die Fertigung ins Ausland nach Bosnien-Herzegowina verlagert. Dadurch verloren 120 der damals 170 Beschäftigten ihren Arbeitsplatz. Anfang 2018 wurden auch die Bereiche Vertrieb und EDV aus Sulz abgezogen und an den neuen Firmensitz umgesiedelt.

„Mit der Schließung des letzten Standbeins Fabrikverkauf der Firma Möbel Wössner auf Kastell geht in der Stadt eine über 100-jährige Unternehmensgeschichte zu Ende“, bedauert Gerd Hieber.

Der Bürgermeister erinnert daran, dass der Möbel-Hersteller 1971 Auslöser für die Gründung des Gewerbegebiets Kastell war.

„Auch wenn die Produktion von Möbeln auf Kastell bereits im Jahr 2016 aufgegeben wurde und damals leider der größte Anteil der Arbeitsplätze verloren gegangen ist, schmerzt die endgültige Aufgabe des Standortes sehr“, teilt der Sulzer Bürgermeister mit und macht aus seiner Enttäuschung über das Vorgehen keinen Hehl.

„Die neuen Eigner hatten uns gegenüber im Jahr 2016 versichert, den Fabrikverkauf und damit die Marke Möbel Wössner hier am Standort zu erhalten. Die Art und Weise, wie die Eigner jetzt sehr schnell den ‚letzten Akt‘ vollziehen, wird einem Familien-Unternehmen mit jahrzehntelanger Tradition, wie es die Firma Möbel Wössner war und den ehemals oft sehr lange bei der Firma Beschäftigten, in keinster Weise gerecht“, übt Hieber deutliche Kritik.

Die Parramatta Capital Holding hatte in dem Werbeanschreiben an diverse Haushalte „persönliche Gründe“ als ausschlaggebend für den Entschluss angegeben, diese aber nicht näher konkretisiert. Der gelbe Wössner-Schriftzug dürfte somit wohl bald Geschichte sein, zumal die Räume seit eineinhalb Jahren nur noch vom Grundstücksbesitzer Schuon-Logistik gemietet waren.

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Erstellt:
24.05.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 17sec
zuletzt aktualisiert: 24.05.2018, 01:00 Uhr

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