Für Sondergerichte

Der Tübinger SPD-Stadtrat Martin Sökler schrieb in einem Leserbrief über das Ceta-Abkommen.

08.11.2016

Von Rolf Mattmüller

Herr Stadtrat Sökler behauptet: „Nicht zuletzt Sozialdemokraten sind viele Verbesserungen, die in das (Ceta)-Abkommen reinverhandelt wurden, zu verdanken.“ Wenn dem so wäre und die Kritik an der Demokratiefeinlichkeit des Freihandelsabkommens unbegründet wäre, warum, Herr Sökler, hat dann das Bundesverfassungsgericht die Massenklage gegen Ceta zur Hauptverhandlung angenommen?

Warum hat es die vorläufige Anwendung des Abkommens vor der Ratifizierung durch alle EU-Staaten von strengen Auflagen abhängig gemacht? Und warum hat sich die SPD nicht von vornherein für diese Auflagen stark gemacht: 1. Die Investorenklage darf es vorher nicht geben. 2. Die nichtgewählten Ceta-Ausschüsse aus EU-Kommission und Kanada dürfen das Abkommen nicht nachträglich ändern. 3. Die vorläufige Anwendung muss auch wieder korrigiert werden können!

All das sind eigentlich demokratische Selbstverständlichkeiten, auf die die SPD keinen Wert legt, oder im besten Fall nur übersehen hat? Ja, anstelle privater Schiedsgerichte hat sich die SPD für Sondergerichte stark gemacht. Doch genau diese Sondergerichte waren unter anderem der Knackpunkt der sozialdemokratischen Bruderpartei in der Wallonie. Sie haben es zur Bedingung gemacht, dass diese „Paralleljustiz“ nach EU-Recht überhaupt zulässig ist. Andernfalls wird Wallonien im Ratifizierungsverfahren nicht zustimmen. Warum kommen solche Bedingungen nicht von der deutschen Sozialdemokratie, Herr Sökler? Steht man den transnationalen Konzernen näher als der Demokratie?