Dettingen (Horb)

Fußballspieler und Nachbar retten Mann aus brennender Unterkunft

Vier Fußballspieler der SG Rexingen/Dettingen haben einen Mann aus einer brennenden städtischen Unterkunft neben dem Sportplatz in Dettingen gerettet.

12.02.2019

Von dpa/lsw/ST

Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdiensten arbeiten an einer ausgebrannten städtischen Unterkunft. Bild: Freiwillige Feuerwehr Horb

Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdiensten arbeiten an einer ausgebrannten städtischen Unterkunft. Bild: Freiwillige Feuerwehr Horb

Der Geruch von verkohltem Holz und nassen Möbeln wabert auch am Morgen danach noch um das Holzhaus in der Dettinger Augartenstraße neben dem Sportgelände des TSV Dettingen 1910. Im Obergeschoss sind Fenster zerbrochen, darunter liegen Dämmmatten sowie Ordner mit Kontoauszügen, Briefverkehr und anderen Dokumenten. Rußspuren künden unmissverständlich vom nächtlichen Feuer.

Marius Tittjung Bild: Manuel Fuchs

Marius Tittjung Bild: Manuel Fuchs

Marius Tittjung, 19 Jahre alter Jura-Student und Fußballer bei der Spielgemeinschaft (SGM) Rexingen/Dettingen, war dabei, als am Montagabend der Brand ausbrach: Tittjung trainierte mit seiner Mannschaft unter Flutlicht auf dem Dettinger Sportgelände neben der Obdachlosenunterkunft. „Als Erstes hat unser Trainer Leo Klein den Brand erkannt, da es oben aus dem Dachgeschoss geraucht hat und man unten Feuer gesehen hat“, so Tittjung.

Klein erklärt: „Ich stand im Tor und hatte einen Moment Zeit, mich umzuschauen, als ich einen Feuermelder hörte. Und dann sah ich auch Rauch und Flammen aus dem Haus dringen.“ Die Mannschaft habe sich gleich aufgeteilt: Einige sind zum Haus, um zu helfen, andere alarmierten die Feuerwehr.

Mit Mützen und Masken geschützt

Natürlich hätten sie erst einmal an der Haustür geklingelt, dass alle rauskommen, so Tittjung. Aus der einen Hälfte des Hauses seien die Bewohner dann vor die Haustür gerannt, doch aus der anderen Hälfte habe niemand auf das Klingeln reagiert. Zwei Fußballer stürmen daraufhin in das brennende Gebäude. Marius Tittjung: „Geschützt haben wir uns mit Mützen und Skimasken, die wir beim Training wegen der Kälte sowieso anhatten und dann über Nase und Mund gezogen haben.“ Ein im Haus gebliebener Bewohner kommt nun ebenfalls ins Freie. „Ein anderer wollte das Feuer selber löschen“, erzählt Tittjung.

Es ist der 54-Jährige, in dessen Wohnung der Brand nach derzeitigem Stand der Erkenntnisse ausgebrochen ist. Dieser versucht weiterhin fieberhaft, eigenhändig zu löschen. Ein gleichaltriger Mannschaftskamerad Tittjungs geht daher noch einmal nach oben zur brennenden Wohnung und erleidet dabei eine leichte Rauchvergiftung. Endlich haben die Fußballer nun Erfolg: „Wir haben ihn extrem oft anschreien und rufen müssen, damit er endlich rauskam“, berichtet Marius Tittjung. „Zwei Minuten, nachdem er draußen war, hat es einen Schlag getan, und dann ging es richtig los mit dem Feuer!“ Der Brand greift nun auf das gesamte Obergeschoss über.

Danach waren Marius Tittjung und seine Kameraden „ziemlich geschockt und durch den Wind“, wie er berichtet. Gemeinsam beruhigten sich dann alle im Sportheim. Tittjung: „Ich fand es gut, wie unsere Mannschaft reagiert hat. Es war natürlich sehr gefährlich, dass einige ins Haus gegangen sind, und wir hatten dabei auch Glück.“

Christian Volk, Sprecher der Stadt Horb und der Freiwilligen Feuerwehr Horb, bestätigt diese Einschätzung: „Grundsätzlich muss in so einer Situation das eigene Risiko abgeschätzt werden, um sich durch ein beherztes Eingreifen nicht selbst zu gefährden. Denn der Rauch, der beim Brand in einer normalen Wohnung entsteht, enthält hochgiftige Gase und Substanzen.“ Wenige Atemzüge genügten, um das Bewusstsein zu verlieren, was nach kurzer Zeit zu irreversiblen Schäden bis hin zum Tod führen könne. Im Zweifel gehe daher der Schutz des eigenen Lebens vor. „Im Nachgang betrachtet“, so Volk, „haben die Fußballer jedoch mit dem Absetzen des Notrufs und ihrem Eingreifen alles richtig gemacht.“

Der verletzte 19-jährige Ersthelfer und der 54-jährige Bewohner kamen vorsorglich in eine Klinik. Weitere Leichtverletzte, die das Haus selbständig verlassen hatten, versorgte das Rote Kreuz, das mit sieben Fahrzeugen und 20 Personen vor Ort war. Insgesamt leben derzeit neun Personen in der Unterkunft.

Wie geht es weiter?

Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger, Bürgermeister Ralph Zimmermann und Dettingens Ortsvorsteher Josef Nadj kamen an den Brandort, um die Unterbringung der Hausbewohner zu koordinieren. Erfreulicherweise kamen jedoch alle vorübergehend bei Bekannten unter.

Die Obdachlosenunterkunft in Dettingen am Tag nach dem Brand. Bild: Manuel Fuchs

Die Obdachlosenunterkunft in Dettingen am Tag nach dem Brand. Bild: Manuel Fuchs

Zunächst deutete viel darauf hin, dass der Bewohner den Brand fahrlässig verursacht hatte. Am Mittwochmorgen untersuchte die Spurensicherung das Gebäude und versiegelte den betroffenen Teil. „Die ersten Annahmen konnten noch nicht endgültig verifiziert werden“, teilte ein Polizeisprecher mit. Die Entscheidung, ob ein Sachverständiger hinzugezogen werde, liegt jetzt bei der Staatsanwaltschaft Rottweil. Die rechte Gebäudehälfte ist intakt geblieben und kann weiter genutzt werden. Am Gebäude entstand ein Schaden in Höhe von schätzungsweise 50000 Euro.

Christian Volk erläutert zusätzlich: „Bei einem Gebäude dieser Art fällt die Alarmierung standardmäßig etwas größer aus.“ Man könne nicht wissen, wie viele Personen betroffen sind. „9 waren gemeldet, theoretisch wäre eine Belegung mit 24 Personen möglich gewesen.“ Insgesamt sieben Fahrzeuge und 53 Einsatzkräfte der Feuerwehr waren vor Ort, brachten den Brand unter Kontrolle und verhinderten eine Ausbreitung auf weitere Gebäudeteile. Unterstützt wurde die Einsatzleitung durch die Führungsgruppe Horb, Empfingen, Eutingen.