Empfinger Verkehrskonzept

Neuer Kindergarten: Fußmarsch statt „Drive-In“ für Eltern

Der neue Kindergarten an der Grundschule soll durch längere Fußwege von der Weillindestraße erschlossen werden, um Bring- und Holverkehr vom direkten Zugang „In Seiten“ umzulenken.

21.03.2019

Von Frank Wewoda

Nach dem Neubau des Empfinger Kindergartens sollen die Anwohner nicht noch mehr durch Abgase und Lärm von Eltern belastet werden, die ihre Kinder motorisiert bringen und abholen. Das war eine Auflage des Gemeinderats bei der Standortentscheidung. „Mama- und Elterntaxis“ nennen manche diesen Verkehr leicht scherz- bis boshaft immer wieder, auch am Dienstagabend im Gemeinderat.

Dort hat Michael Gfrörer die vom Büro Gfrörer im Auftrag der Gemeinde erarbeiteten Varianten vorgestellt, wie der neue Kindergarten durch 230 bis 310 Meter lange Fußwege angebunden werden könnte. Oberstes Ziel: Es soll keine von „In Seiten“ für Autos zugängliche Fläche direkt am neuen Kindergarten-Gebäude geben, an der Eltern ihre Kinder abholen und aussteigen lassen können. Von einem „Drive-In-Schalter“, den es zu verhindern gelte, hatte der im Gemeinderat wegen seiner Elternzeit abwesende Bürgermeister Ferdinand Truffner in diesem Zusammenhang immer wieder gesprochen.

Michael Gfrörer: „So sind wir auf den Bereich des Verkehrsübungsplatzes gekommen, um die Bring- und Holsituation deutlich zu entspannen.“ Diese mit Recyclingcontainern bestückte und hauptsächlich als Parkplatz genutzte Fläche direkt an der Weillindestraße oberhalb der Tennisanlage würde so zum wichtigsten Besucher-Parkplatz für das künftige Schul- und Kinderbetreuungszentrum umfunktioniert werden. Von dort soll ein 230 Meter langer Weg um den Fußball- und Sportplatz der SG Empfingen herum zum neuen Kindergarten führen. „So muten wir den Eltern aber auch einen Fußweg zum Kindergarten zu, der hin und zurück einen halben Kilometer lang ist“, stellte Michael Gfrörer klar.

Weitere Schwierigkeit: Die Höhendifferenz vom Parkplatz zum Schulhof beträgt drei Meter, die mit entsprechendem Aufwand baulich überwunden werden müsste. Um die etwa für den Räum- und Streudienst durch den Bauhof benötigte Wegbreite von 2,20 bis 2,50 Metern zu ermöglichen, müssten zudem einige Bäume und Sträucher gerodet werden. Allein dieser Zugang würde grob geschätzt 180 000 Euro kosten, meinte Michael Gfrörer. Rätin Helena Deuringer (Unabhängige Bürgerliste/UBL) kommentierte: „Ich kann mir diese Entlastung gut vorstellen.“ Am Ende würden sich die Kosten allein für die Zugangswege allerdings auf rund 300 000 Euro summieren. Die vom Büro Gfrörer am Dienstag vorgelegte grobe Kostenschätzung kam auf 240 000 Euro.

Auch Uwe Gfrörer (WIR) äußerte sich in der Sache zustimmend: „Die Entlastung ist ein richtiger Gedanke, wenn ich sehe , was sich beim katholischen Kindergarten zu Stoßzeiten abspielt.“ Damit bezog sich Uwe Gfrörer auf den durch Eltern verursachten Bring- und Holverkehr. Die Kosten bereiteten ihm allerdings Bauchschmerzen, seien sie doch bisher in keiner Kostenschätzung zum neuen Kindergarten aufgetaucht: „Wir haben uns wieder ein X für ein U vorgemacht“, so Gfrörer spitz. „Das tut mir schon weh!“

Achim Walter (UBL) relativierte die Kosten unter Verweis auf die Schließung des Kindergartens in Wiesenstetten, die Einsparungen bringe. Auch handle es sich um einen Kindergarten für drei Ortsteile. So hält er die Planung, den Verkehrsübungsplatz als Parkplatz für Eltern und Besucher zu benutzen, für „eine relativ elegante Möglichkeit“. Walter möchte den recht teuren Fußweg vom Verkehrsübungsplatz auch als eine künftig der Naherholung dienende Spazierroute in Seenähe und mit Verbindung zum Restaurant „Seeblick“ verstanden wissen. Achim Walter abschließend: „Die Mehrkosten sind nicht unerheblich, aber im Interesse von sämtlichen Anliegern müssen wir diese Lösung wählen.“

Andreas Seifer (UBL) meinte, das Wegekonzept mache wirklich Sinn. Andererseits frage er sich: „Wie kann man verhindern, dass Eltern über ,In Seiten’ reinfahren?“ Das sehe er als nicht ganz gelöstes Problem an.

Elmar Schmitt (UBL), ein früherer Lehrer an der Empfinger Schule, fragte ebenfalls: „Wie will man verhindern, dass Eltern den Zugang von ,In Seiten’ ständig benutzen?“ Diese müssten seiner Meinung nach an der Durchfahrt gehindert werden, denn „sonst ist das Verkehrskonzept umsonst“. Übervorsichtige Eltern, die mit Kindern heute ins Gebäude gingen, seien künftig auch die, die über „In Seiten“ anfahren würden, weil das Gebäude nur dort in Sichtweite sei. Sie wollten ihre Kinder möglichst schnell in der Obhut der Schule wissen. Dass ein versenkbarer Poller als Barriere gegen im Auto anfahrende Eltern wohl besser geeignet wäre als ein Zaun, der auch den Zugang zu Fuß über „In Seiten“ abschneiden würde, ergab sich aus dem weiteren Gespräch in der Ratsrunde. Helena Deuringer meinte, über „In Seiten“ werden nur „Eltern ihre Kinder rauslassen, die dort wohnen“.

Der Gemeinderat stimmte dem Verkehrskonzept des Büros Gfrörer bei einer Enthaltung durch Peter Schäfer (Unabhängige Bürgerliste) schließlich zu. Konkretisiert und genauer kalkuliert werden können die Kosten für erst nach der Entscheidung für einen von drei Kindergarten-Entwürfen (siehe Info-Box unten).

Neuer Kindergarten: Entwürfe dreier Büros im Rennen

Geplant ist für Empfingen ein Kindergartenneubau, der Platz bietet für sieben Gruppen – vier „Ü3“ (über drei Jahre) und drei „U3“-Gruppen (unter drei Jahre). Dieses Gebäude mit einer gemeinsam mit der Schule genutzten Mensa wird zwischen Tälesee und Grundschule auf einem Bauplatz der Gemeinde entstehen für voraussichtlich 4,2 Mio. Euro. Mit der Planung sind derzeit drei Architekturbüros beauftragt. Aus deren Entwürfen für je 10 000 Euro kürt der neue Gemeinderat nach der Sommerpausedieses Jahres einen Sieger. Die Entscheidung bereitet ein „Arbeitskreis Neubau Kindergarten“ vor. Frühestens 2020werden das neue Empfinger Kinderhaus und die Mensa gebaut und fertig gestellt.

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21.03.2019, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 21.03.2019, 01:00 Uhr

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