So großartig wurden die Bruchlinien des Machismo noch selten in Szene gesetzt.

Gallero

So großartig wurden die Bruchlinien des Machismo noch selten in Szene gesetzt.

23.11.2015

Von Dorothee Hermann

Gallero

Mario züchtet Kampfhähne und hat eine beunruhigende Vorstellungskraft. Mitunter steigen Bilder in ihm auf: Er selbst liegt in der kleinen Arena, den nackten Körper gekrümmt, ungeschützt. Zwei schier überlebensgroße Figuren mit Masken ? stilisiert als Mann und Frau ? dominieren die Szenerie. Vielleicht registrieren sie auch nur, unbewegt, was vor ihnen geschieht. Als Mario nach einem verlorenen Kampf zuerst den blutenden Hahn wäscht und danach sich selbst, deutet sich die Identifikation des Mannes mit dem aggressiv getrimmten, aber verletzlichen Tier noch stärker an.

Der argentinische Regisseur Sergio Mazza, Jahrgang 1976, erklärt nichts und überlässt fast alles der Suggestion der Bilder. Die verweisen in ihrer mitunter traumgleichen Irrealität von Anfang darauf, dass es dem Film nicht um das Kampfhahn-Business zu tun ist.

Die perfekt durchkomponierten Aufnahmen sind ein extremer Kontrast zur momenthaft aufblitzenden Brutalität, die den Film latent grundiert, bis in die Phantasien der Figuren hinein. Julia, die Mario nur zögernd in ihr Haus lädt, ihm zunächst fast widerwillig antwortet, sieht ihn nach einem mechanischen Sexualakt, in dem Mario sie nur instrumentalisiert, mit blutigen Stichwunden wie tot auf dem Bett liegen.

Das glasklare Licht verstärkt die Distanz zwischen den einzelgängerischen Figuren noch. Die Kamera wechselt vom Halbdunkel der Innenräume zum großen Landschaftspanorama. Als stünde es den Figuren frei, sich aus einer destruktiven Obsession wieder hinauszubegeben.