Sozialaktion

Geburtstag der besonderen Art

Rolf Maier, der Initiator von „Weihnachten schenken“, rückt dieses Jahr die Themen Altersarmut und Alleinerziehende in den Fokus.

23.12.2016

Von Willy Bernhardt

Vor zehn Jahren verschenkte Ralf Maier an Heiligabend auf dem Horber Marktplatz zum ersten Mal nicht verkauftes Gemüse. Seither gibt es den Heiligabend-Markt in Horb, der immer mehr Bedürftige aber auch immer mehr Unterstützer verzeichnen kann. Archivbilder: Kuball

Vor zehn Jahren verschenkte Ralf Maier an Heiligabend auf dem Horber Marktplatz zum ersten Mal nicht verkauftes Gemüse. Seither gibt es den Heiligabend-Markt in Horb, der immer mehr Bedürftige aber auch immer mehr Unterstützer verzeichnen kann. Archivbilder: Kuball

Rolf Maier saß über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg für Betra und die CDU im Horber Gemeinderat und und gilt auch noch heute für viele Bürger als durchaus streitbar und unbequem. Doch Maier hätte sich vor zehn Jahren, als er an Heiligabend auf dem Marktplatz erstmals kostenlos von ihm nicht auf Märkten verkauftes Gemüse verteilte, nie und nimmer ausdenken können, dass aus dieser sozialen Aktion einmal eine derartige Bewegung werden könnte, wie sie es in den vergangenen zehn Jahren schließlich wurde. Anders formuliert: Die von ihm initiierte Sozial-Aktion, die inzwischen sogar bundesweiten Bekanntheitsgrad erlangt hat, gehört inzwischen nach Horb und zu Horb – durchaus gleichrangig mit anderen Veranstaltungen im Jahres-Zyklus, die freilich erfreulicherer Natur sind.

800 von Altersarmut betroffen

Anfangs noch belächelt, merkten die, für die Rolf Maier seine Aktion auf den Weg brachte, sehr schnell, dass sie wenigstens an Weihnachten nicht vergessen werden. Der „Heiligabend-Markt“, der bei seiner zehnten Auflage am heutigen Freitag erstmals auf dem Parkplatz vor dem „Marmorwerk“ zwischen 13 und 16 Uhr anberaumt ist, feiert somit heute seinen zehnten Geburtstag. Doch es ist ein Geburtstag der besonderen Art. Einen, auf den man – wenn man denn könnte – sicherlich liebend gerne verzichten würde. Doch die Zahlen, die Rolf Maier in den letzten Wochen für sich interessehalber erhoben hat, sprechen eine andere Sprache und machen deutlich, dass so etwas wie der „Heiligabend-Markt“ inzwischen dringender denn je zu sein scheint. Er stellt einen Spiegel dar zur aktuellen Welt, wie sie nunmal ist – auch in Horb.

Auf bis zu 800 Menschen beziffert Initiator Maier die Zahl derer, die allein in der Gesamtstadt Horb inzwischen von Altersarmut direkt betroffen sind. Er bringt es mit dieser Formulierung auf den Punkt: „Für diese Leute ist Altersarmut schon morgens beim Aufstehen Realität und es besteht für sie keine Chance, dass sich daran bis zum Abend etwas ändert.“ Statistisch würde dies zwar „nur“ rund 2,5 Prozent der Horber Bevölkerung ausmachen, aber dahinter stünden eben auch 800 Einzelschicksale. Um deren Not zumindest über Weihnachten etwas zu lindern, lohne sich die ganze ehrenamtlich geleistete Arbeit von ihm und seinem großen Helferstab, bekennt Rolf Maier ohne Wenn und Aber.

Interessant ist sicherlich auch der von ihm angestellte Gedanke, wonach gerade die akut von Altersarmut betroffenen Mitmenschen ihren großen und aktiven Teil dazu beigetragen hätten, das darniederliegende Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg
wieder mit aufzubauen und zu dem zu machen, was es heute ist: Nämlich zu einem – trotz aller und auch gerade aktueller Probleme – reichen Land.

Große Spendenbereitschaft

Ein anderer Personenkreis, auf den der Betraer Landwirt bei der heutigen Auflage des „Heiligabend-Marktes“ einen besonderen Fokus legt, ist jener der Alleinerziehenden. Auch hier hat er sich bei Behörden kundig gemacht und festgestellt, dass die Zahl der Frauen und Männer, die als Alleinerziehende offiziell geführt würden, immer mehr werden. Da lag es für Maier nahe, mit den heutigen Angeboten insbesondere auch für diese Zielgruppe etwas Gutes vor Weihnachten zu tun.

Bemerkenswert dabei, dass die Zahl der Spendenbereitschaft in Horb in diesen Jahren nicht nachgelassen hat. Wer eventuell gedacht hatte, dass nach den letzten Heiligabend-Märkten, als diese durch die große Zahl an neu hinzugekommenen Flüchtlingen schier alle Dimensionen zu sprengen drohte, das Interesse an dieser Sozial-Aktion zurückgehen könne, sehe sich getäuscht. Eher
das Gegenteil ist der Fall. Rolf Maier und sein ehrenamtliches Team kann sich auf viele Firmen und Geschäfte noch immer verlassen wenn es darum geht, für die große soziale Sache aktiv etwas
zu leisten.

Auch wenn aus dem Organisationsteam immer wieder Personen ersetzt werden müssen (wie in diesem Jahr der vor wenigen Monaten verstorbene Erwin Wurster oder der wegen anderweitiger Aktivitäten in 2016 ausfallende Otto Keck), so finden sich doch auch immer wieder neue Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich in dieser großen Sache aktiv mit einbringen. So ermöglichen etwa auch in diesem Jahr wiederum Busunternehmen, auch Bedürftige aus den Gäu-Gemeinden kostenlos nach Horb zu bringen und sie von dort auch wieder abzuholen.

Gebot der Nächstenliebe

„Armut fragt nach keiner Adresse, nach keiner Herkunft – nach keinem Grund“, sagt Rolf Maier, der dem Horber „Heiligabend-Markt“ ein Gesicht gibt. Dass es (leider) irgendwelche Zeitgenossen gibt, die sich am „Heiligabend-Markt“ selbst als „arm“ ausgeben und dann – wie vielfach in den letzten Jahren kolportiert – „mit vollen Taschen in einen Mercedes steigen“, mag auch zu den Wahrheiten der Aktion „Weihnachten-schenken-in-Horb“ gehören. Doch scheint diese Zahl zu vernachlässigen zu sein. Deshalb betont der Sozial-Aktion-Macher aus Betra klipp und klar: „Was wir hier machen ist Weihnachten schenken mit Herz in seiner ursprünglichen Form. Die, die können und etwas haben, geben denen, die wenig haben.“ Als echtes Gebot der Nächstenliebe.

Auch „Weihnachtsengel“ finden sich bei „Weihnachten schenken“,allerdings aus Fleisch und Blut.

Auch „Weihnachtsengel“ finden sich bei „Weihnachten schenken“, allerdings aus Fleisch und Blut.