Kabarett mit Dagmar Schönleber

Gedanken zu Lebensmitte und Lebensmitteln

Etwa 70 Zuschauer begeisterte die Kabarettistin Dagmar Schönleber am Freitagabend im Waldhorn-Kino.

03.04.2017

Von Andreas Straub

Sie wolle „gegen die Merkelisierung der Gesichtszüge des Publikums“ankämpfen, kündigte an, die ihre Anfänge auf der Bühne in der Kölner Poetry-Slam-Szene, ihre gebürtigen Wurzeln jedoch im ostwestfälischen Lemgo hat: „Wenn man dort rebellieren wollte, musste man den Busfahrplan kennen.“ Den Unterschied zwischen Rheinländern und Ostwestfalen beschreibt Schönleber so, dass die Lemgoer nur von neuen Traktorenmodellen begeistert seien, die Rheinländer könne man dagegen bereits mit einem Bonbon beglücken. „Ich bin nach Köln gezogen, weil eine Tüte „Nimm zwei“ wesentlich günstiger ist als ein neuer Deutz“, rief Schönleber, die das erste Mal in Rottenburg auftrat.

In ihrem Programm „Zwischen Dope und Doppelherz“ vergleicht die 42-jährige Sozialarbeiterin die Smartphone-Generation, die jeden Satz mit „keine Ahnung“ beginne, mit Punks, Poppern und Gruftis und mit der Generation ihrer Eltern. „Wenn meine Mutter Hausbesetzerin wäre, wäre in den besetzten Häusern aufgeräumt und geputzt und es gäbe regelmäßig etwas zu essen, was auch noch schmeckte.“ Der Abend war eine Gemischtwarenladen aus Konzert, Lesung, Zuschaueranimation und Kabarett. Und alles gekonnt. Alltagscomedy, die den Absurditäten des Banalen nachspürt, in Ansätzen politisch, doch im Wesentlichen über Situationen, die Menschen „Anfang, Mitte, Ende vierzig“ aus der eigenen Erfahrung nachvollziehen können.

Schönleber rauchte der Kopf, wie allen, die „altersmäßig ihre Schuhgröße überholt“ haben. 40 sei das neue 30, sage man. Dabei behaupte der Körper das Gegenteil. Sind Falten okay, so lange man darüber twittert? Was ist eigentlich in einer Gesellschaft los, die immer älter wird, aber gleichzeitig immer länger jung bleiben muss? Zwischen Gedanken zur Lebensmitte und Lebensmitteln sezierte Schönleber pseudo-bedeutungsschwangeren Liedtexte von Deutschpop-Bands wie Revolverheld, in denen zu Fuß von Hamburg, Köln oder Berlin zum Meer gelaufen wird. „Wer einmal auf der Landkarte geschaut hat, der weiß, dass das Meer selbst von Hamburg noch ziemlich weit weg ist und dass es selbst mit der Klimaerwärmung noch ziemlich lange dauert, bis man vom Kölner Dom in die Nordsee springen kann.“ Die Zuhörer bedankten sich mit begeistertem Applaus und bekamen als Zugabe eine umgetexte Version von Leonard Cohens „Hallelujah“.