Natur

Gehaust wie die (Wild-)Schweine

Landwirte und Ortsrandbewohner in Weitingen beklagen sich schon länger über zunehmende Wildschweinschäden.

24.03.2018

Von Hermann Nesch

Die Schäden, die Wildschweine auf Futtersuche hinterlassen, nehmen in Weitingens Gärten zu. Bild: Nesch

Die Schäden, die Wildschweine auf Futtersuche hinterlassen, nehmen in Weitingens Gärten zu. Bild: Nesch

Kürzlich wurde in der Gemeinde die Verpachtung des gemeinschaftlichen Jagdbezirks Eutingen im Gäu neu vergeben, nachdem die Pachtverträge zum 31. März auslaufen werden. Während die Vergabe für Jagdbögen Eutingen-Nord und Eutingen-Süd sowie Göttelfingen und Rohrdorf problemlos vonstatten ging, musste die Vergabe für den Jagdbogen Weitingen mit seinen insgesamt rund 900 Hektar vertagt werden.

Gründe waren die zunehmenden Beschwerden über Flurbeschädigungen durch Wildschweine, vorgebracht von Landwirten und zunehmend auch von Ortsrandbewohnern. Zudem meldeten Spaziergänger immer wieder von „brenzlige Situationen“. Die Landwirte klärten bisher ihre Schäden in der Regel mit dem Jagdpächter zwar selbst, aber ihrer Unzufriedenheit und ihrem Ärger machten sie schon an der einen oder anderen Stelle Luft. So beispielsweise bei Weitingens Ortsvorsteher Roland Raible oder kürzlich bei der Versammlung der Jagdgenossenschaft auf dem Eutinger Rathaus, als es um die Neuvergabe der Jagdpacht für die nächsten neun Jahre ging.

Tiere kommen bis an die Häuser

Dabei habe man sich, so Ortsvorsteher Raible in einer Sitzung des Ortschaftsrates, im Einvernehmen mit dem bisherigen Jagdpächter Wendelin Katz aus Göttelfingen auf eine Aufteilung geeinigt, wie dies schon in den 1990er-Jahren der Fall gewesen sei. Für den kleineren Jagdbogen Weitingen-Nord mit rund 309 Hektar bewarb sich erneut Wendelin Katz, einschließlich eines Begehungsscheins für den Eutinger Axel Brandauer. Der Jagdbogen Weitingen-Süd mit rund 457 Hektar wurde anderweitig neu vergeben.

Ortsvorsteher Roland Raible ist der Überzeugung, dass nun für die Bevölkerung ein sichtbares Zeichen gesetzt und Vorkehrungen getroffen wurden, um die aktuelle Situation zu verbessern. Es sei nun Geduld erforderlich, wie sich das auswirke. Er zeigte jedoch großes Verständnis für die Ortsrandbewohner im Weitinger Westen. Schließlich trauen sich die „Schwarzkittel“ bei ihrer Nahrungssuche über die angrenzenden Wiesen bis an deren Häuser und Gärten heran.

Rotten von bis zu 17 Schweinen

Besonders verärgert und „aufgewühlt“ ist Oliver Kalbacher, der schon mehrmals die Spielwiese für seine Söhne eingeebnet habe, aber oft schon am Tag darauf erneut vor den „aufgewühlten Tatsachen“ gestanden sei. Nachbar Jürgen Teufel ergänzte, dass sich seine Töchter bei der Heimkehr nach der abendlichen Musikprobe vor möglichen Begegnungen mit Wildschweinen ängstigten.

Schließlich machten auch abendliche Spaziergänger entsprechende Erfahrungen. Es wurden Rotten zwischen 14 und 17 „Schwarzkitteln“ gezählt. Beide befürchten auch durch die starke Vermehrung weitere Probleme. Aber auch Wendelin Katz, so der Ortsvorsteher, solle und könne die neue Chance nutzen, um auf dem nun kleineren Jagdbogen präsenter zu sein und neues Vertrauen zu schaffen.

Aus dem Blickwinkel des Jägers ist dies aber alles nicht so ein-fach. Gegenüber der SÜDWEST PRESSE erklärte Katz seine Sicht der Dinge aus 25-jähriger Erfahrung. Er verwies auf die erschwerte Suche der Tiere nach einweißreicher Nahrung in der kalten Jahreszeit, schließlich dürfe aufgrund einer Verordnung nicht mehr wie früher tierisches Eiweiß als Ablenkungsfutter ausgelegt werden.

Somit würden sich die Allesfresser immer weiter vorwagen, um nach Mäusen, Würmern, Schnecken und Larven zu wühlen und ihren Bedarf zu decken. . Schließlich seien die Wiesen wie riesige Komposthäufen für die Tiere, denn die Flächen würden heute fast nur noch gemulcht und das Gras bleibe liegen. Ein Nährboden für die Entwicklung dieser eiweißhaltigen Kleintiere. Aber bei zunehmend milderen Temperaturen würden sich die Großtiere von alleine wieder aus der Freifläche wieder eher zurückziehen. Statistisch gesehen gebe es eh alle drei Jahre Hochs und Tiefs bei den Wildschweinen und er liege mit seinen Abschüssen durchaus gut.

Katz sprach auch die Störungen an, die von abendlichen und nächtlichen Spaziergängern ausgingen, durch die die Tiere oft kurz vor dem Schießen vertrieben würden, während er oft stundenlang „im Wald und auf der Heide“ darauf habe warten müssen. Vor allem Autofahrer stören, egal ob sie von oder zur Autobahn fahren oder einfach nur, um nach den Wildschweinen zu schauen. Zudem verwies er auch auf den guten Geruchsinn der als besonders intelligent geltenden Vierbeiner.

Er könne und müsse damit leben, dass er „der Böse und Scherenschleifer“ sei. Es gebe aber durchaus Leute, mit denen man „ganz guat g’schirra“ könne. Wendelin Katz bot erneut an, sich im Ortschaftsrat den Fragen zu stellen, um so auch die Öffentlichkeit über die Jägerei mit all ihren Aufgaben und Schwierigkeiten in seinem Jagdbogen zu informieren.