Applaus von der Empore

Gemeinderat verhindert mit Bebauungsplanänderung Bordell in der Freiherr-vom-Stein-Straße

Mit einer Veränderung des Bebauungsplans „Siebenlinden I“ in Verbindung mit einer Veränderungssperre hat der Gemeinderat die Einrichtung eines Bordells in der Freiherr-vom-Stein-Straße vorerst verhindert.

21.04.2016

Von Hete Henning

Mit einer Veränderung des Bebauungsplans „Siebenlinden I“ in Verbindung mit einer Veränderungssperre hat der Gemeinderat die Einrichtung eines Bordells in der Freiherr-vom-Stein-Straße vorerst verhindert. Bild: Fleischer

Mit einer Veränderung des Bebauungsplans „Siebenlinden I“ in Verbindung mit einer Veränderungssperre hat der Gemeinderat die Einrichtung eines Bordells in der Freiherr-vom-Stein-Straße vorerst verhindert. Bild: Fleischer

Rottenburg. Die Besucher auf der Empore des Neuen Sitzungssaals begrüßten die einstimmige Entscheidung am Dienstagabend mit lautem Applaus, ein Mann reckte die Arme in fröhlicher Siegerpose. Der Beschluss war ohne jegliche Diskussion gefallen. Der Gemeinderat hatte zuvor Tonaufnahmen durch eine Mitarbeiterin des Südwestrundfunks genehmigt, aber viel mitzuschneiden gab es für die Radioreporterin nicht.

Auslöser für die mittlerweile fünfte Änderung des Bebauungsplans „Siebenlinden I“ war die Bauvoranfrage für die „Nutzungsänderung eines Gewerbegebäudes in ein Bordell mit 25 Gewerbeeinheiten und einer Dienstwohnung“ gewesen (das TAGBLATT berichtete vergangene Woche). Bei den Anwohnern in der Freiherr-vom- Stein-Straße regte sich heftiger Unmut.

Angelika Garthe vom Stadtplanungsamt erinnerte am Dienstag daran, dass bereits 1985 Vergnügungsstätten in „Siebenlinden I“ ausgeschlossen wurden. 1989 folgte dann auch der Ausschluss von innenstadtrelevanten Einzelhandelsbetrieben, um das Gewerbegebiet als „Standort für nicht erheblich belästigende Betriebe des produzierenden Gewerbes und des Handwerks“ nicht zu gefährden.

Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim von 2012 sind jedoch Bordelle, in dem keine Prostituierten wohnen, im Gewerbegebiet zulässig und gelten nicht als Vergnügungsstätten. Dieser Ansicht schloss sich auch das Bundesverwaltungsgericht an, das im November 2015 befand, dass Bordelle eine Unterart der „Gewerbebetriebe aller Art“ sind. Daraus folge, dass diese Nutzungen in „Siebenlinden I“ derzeit zulässig sind, sagte Garthe. „Auf diese Rechtsprechung müssen wir jetzt reagieren.“

Mit dem Ausschluss von Bordellen und bordellartigen Betrieben soll der sogenannte Trading-Down-Effekt, eine Niveauabsenkung des Gebiets und die Verdrängung klassischer Gewerbegebietsnutzungen verhindert werden. Das sei ein städtebaulicher Grund, der nach einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den Ausschluss solcher Nutzungen rechtfertigen könne, heißt es in der Sitzungsvorlage. Das Gewerbegebiet „Siebenlinden I“ sei „zu wertvoll“, um dort Bordelle „mit den zu erwartenden negativen Folgewirkungen und Beeinträchtigungen in deren Umfeld“ zuzulassen.

Die Verwaltung arbeitet nun an einem gesamtstädtischen Strukturkonzept, um die Ansiedlung von Freudenhäusern zu steuern. In einigen Rottenburger Gewerbegebieten sind derzeit noch Bordelle zulässig. Jetzt soll geprüft werden, wo das auch in der Zukunft noch ausdrücklich der Fall sein soll und wo nicht.

Im Gewerbegebiet Siebenlinden II sind Bordelle erlaubt

Die Bebauungsplanänderung für „Siebenlinden I“ sei keine „Negativplanung“ zur Verhinderung eines einzelnen Bauvorhabens, formulierte es das Stadtplanungsamt in der Sitzungsvorlage der Stadt. Es gehe vielmehr um die „notwendige Steuerung“ zur Ansiedlung von Bordellen und bordellartigen Betrieben. „Wegen der Größenordnung Rottenburgs müssen wir ein Bordell zulassen“, sagte Oberbürgermeister Stephan Neher am Dienstag. Die Stadt tue das auch, aber eben nicht in „Siebenlinden I“, sondern im Gewerbegebiet in „Siebenlinden II“. Dort existiert seit Jahren das „Penthouse 55“ mit wöchentlich wechselnden Prostituierten.

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Erstellt:
21.04.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 18sec
zuletzt aktualisiert: 21.04.2016, 01:00 Uhr

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