Bildung

Gemeinsam zum Abitur

Der Tübinger Gemeinderat hat den Antrag auf eine Oberstufe bei der Gemeinschaftsschule West mehrheitlich beschlossen.

05.04.2017

Von Gernot Stegert

Nach jahrelangen Diskussionen hat der Tübinger Gemeinderat am Montagabend mit grün-rot-roter Mehrheit beschlossen: Die Stadt stellt beim Kultusministerium einen Antrag auf Einrichtung einer Oberstufe an der Gemeinschaftsschule West zum Schuljahr 2018/19. Diese soll mit den anderen beiden Tübinger Gemeinschaftsschulen – der Französischen Schule und an der Geschwister-Scholl-Schule – zusammenarbeiten.

Einen Antrag auf eine gemeinsame Oberstufe hatte das Ministerium im Februar abgelehnt. Eine Oberstufe müsse räumlich und organisatorisch an einer Schule verankert sein. In einem Brief an Oberbürgermeister Boris Palmer hatte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) das so formuliert, zugleich aber einen Weg gewiesen: „Somit könnte ein Antrag auf Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe an einer konkreten Gemeinschaftsschule in Tübingen im Frühjahr 2017 für das Schuljahr 2018/19 durchaus gestellt werden.“

Heinrich Schmanns (AL/Grüne) sagte: „Wir wollen die Gemeinschaftsschüler nicht hängen lassen, denen versprochen wurde, wir führen auch zum Abitur.“ Er glaubt nicht, dass die beruflichen Gymnasien durch die Oberstufe Schüler und dadurch Profile verlieren werden. Und wenn, hätten die Wünsche der Gemeinschaftsschulen Vorrang. Bei der Grünen-AL/Fraktion stimmte allein der Berufsschullehrer Christoph Lederle gegen den Antrag.

Für Ute Leube-Dürr (SPD) ist die Fortsetzung der pädagogischen Lernformen auf dem Weg zum Abitur wichtig. Sie erhofft sich von einer Oberstufe mehr Schüler mit Gymnasialniveau auf den Gemeinschaftsschulen und damit eine „verbesserte Sekundarstufe eins“; auch wenn es noch ungelöste Fragen bei Fahrtzeiten, Lehrer-Abordnungen und Räumen gebe. Die Linke forderte in einem Antrag ein Kooperationskonzept der Schulen. Die Verwaltung sagte es zu.

„Die CDU-Fraktion sieht keinen Bedarf für eine Oberstufe, sondern einen qualitativen Optimierungsbedarf an der Sekundarstufe eins der Gemeinschaftsschulen“, sagte Sandra Ebinger. Ernst Gumrich (Tübinger Liste) vermisste wie der Tübinger Gesamtelternbeirat ein Konzept für die Oberstufe. Diese werde zudem kaum Profile anbieten können und koste sehr viel Geld. Dietmar Schöning (FDP) formulierte für die drei Fraktionen einen Antrag auf eine Eingangsklasse plus für den Übergang von Gemeinschaftsschülern auf ein allgemeinbildendes Gymnasium. Das lehnte aber die Gemeinderatsmehrheit ab – wie zuvor schon Kultusministerin Eisenmann.

Hintergründe zur geplanten Oberstufe

Die Oberstufe braucht 60 Schülerinnen und Schüler. Nach der aktuellen Prognose wären es 101 allein aus dem Tübinger Stadtgebiet. Die Stadt will die Zahl auf 75 begrenzen, damit die neue Oberstufe nicht auf Kosten anderer Schulen geht. Die beruflichen Gymnasien befürchten einen Rückgang ihrer Schülerzahlen und damit Profile. Die Oberstufe soll dreizügig sein, nicht mehr. Die Lehrer sollen überwiegend aus den bestehenden Gemeinschaftsschulen kommen, müssen aber die gymnasiale Lehrerlaubnis (Facultas) haben. Auch sind Gymnasiallehrer weiter gefragt, die im Rahmen von Kooperationen schon jetzt an Gemeinschaftsschulen unterrichten. Die Leitung der Oberstufe wird eine nach A15 bezahlte Abteilungsleitung der GMS West sein. Das Kultusministerium hat diese extra Stelle zugesichert. Sie soll möglichst schon zum Schuljahr 2017/18 besetzt werden, um die Aufbau- und Konzeptarbeit zu leisten. Die Oberstufe benötigt laut Verwaltung eine Fläche von 1900 Quadratmetern. 1100 davon stünden an der GMS West bereits zur Verfügung.