Sigmaringen

Gericht: Haschmatullah F. darf in Deutschland bleiben

Der aus Afghanistan zurückgeholte Asylbewerber Haschmatullah F. darf einem Gerichtsurteil zufolge in Deutschland bleiben.

22.06.2018

Von dpa/lsw

Entscheidung über Flüchtlingsstatus von Haschmatullah F. erwartet. Foto: Felix Kästle/Archiv dpa/lsw

Entscheidung über Flüchtlingsstatus von Haschmatullah F. erwartet. Foto: Felix Kästle/Archiv dpa/lsw

Sigmaringen. «Die beklagte Bundesrepublik Deutschland wurde verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen», teilte der Sprecher des Verwaltungsgericht Sigmaringen am Freitag mit. Das würde für F. bedeuten, dass er zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre bekommt und in Deutschland arbeiten darf. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl der Anwalt des Flüchtlings sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wollen nach eigenen Angaben aber nicht dagegen vorgehen.

Der Fall des 24-Jährigen hatte bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt, weil er rechtswidrig aus Deutschland abgeschoben und auf Anordnung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen im Dezember 2017 zurückgeholt werden musste. Sein Asylgesuch wurde jedoch im Januar 2018 abgelehnt. Dagegen klagte er.

Am Sigmaringer Verwaltungsgericht wurde F. am Donnerstag angehört. Er erzählte, er sei von den Taliban bedroht und beinahe umgebracht worden, weil er als Soldat mit den Amerikanern zusammengearbeitet habe. Das Gericht glaubte ihm - anders als einst das Bamf.

Ein Behördensprecher teilte am Freitag mit, das Bamf akzeptiere das Urteil. «Aufgrund der sehr gründlichen und tiefgreifenden Befragung des Antragstellers Haschmatullah F. durch das Gericht konnten die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben, die das Bundesamt zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch hatte, ausgeräumt werden.»

Von einem «Sieg der Menschenrechte gegen den Abschiebungswillen der Politik» sprach der Vorsitzende des Tübinger Vereins «move on - menschen.rechte Tübingen», Andreas Linder. «Wir haben hohen Respekt vor der umfassenden Sachkenntnis des Verwaltungsgerichts zur Situation in Afghanistan und der Gründlichkeit, mit der sie die Fluchtgründe geprüft haben», sagte Linder.

Für F. ende mit diesem Urteil die dauernde Angst, zurückgeschickt zu werden. Der 24-Jährige, der in einer Flüchtlingsunterkunft in Tübingen lebt, werde weiter Deutsch lernen, möglichst den Hauptschulabschluss nachholen und versuchen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Der Anwalt Markus Niedworok war vom Urteil nicht überrascht. Er sei von Anfang an vom Verfolgungsschicksal seines Mandanten überzeugt gewesen.

«Dieses Urteil hat dem Bamf einen herben Denkzettel verpasst», sagte der migrationspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Daniel Lede Abal.

Das Urteil zeige, dass die Fluchtgründe vom Bamf nicht ordentlich geprüft würden, kritisierte der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg, Seán McGinley. Umso wichtiger sei es, dass Flüchtlinge Unterstützung von Ehrenamtlichen und Anwälten bekommen, um ihre Rechte durchzusetzen. «Diese Leute werden als Anti-Abschiebeindustrie beschimpft und in die Nähe von Kriminellen gerückt, dabei sind sie es, die den Behörden auf die Finger schauen und Unrecht wieder ausgleichen», sagte er.

Entscheidung über Flüchtlingsstatus von Haschmatullah F. erwartet. Foto: Felix Kästle/Archiv dpa/lsw

Entscheidung über Flüchtlingsstatus von Haschmatullah F. erwartet. Foto: Felix Kästle/Archiv dpa/lsw

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Erstellt:
22.06.2018, 10:58 Uhr
Aktualisiert:
22.06.2018, 16:50 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 22.06.2018, 16:50 Uhr

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