Tübingen

Erhellend

Ist die Fahrerlaubnis für Klasse B ohne Vorbereitung und allein mit jahrelanger Fahrpraxis zu schaffen? Ulla Steuernagel wagte in der TAGBLATT-Reihe „Kann ich das (noch)?“ einen Selbstversuch („Mein zweiter Führerschein“, 28. August).

21.09.2018

Von Wolfgang Jacobi, Tübingen

Ulla Steuernagels Selbstversuch war mutig, beeindruckend – und erhellend. Jemand, der fast 40 Jahre fast unfallfrei Auto fährt, fällt durch die Fahrprüfung, und zwar durch Theorie und Praxis! Da muss man fragen, wie praxisgerecht diese Prüfungen sind.

Nur ein Beispiel: „Beim Umfahren parkender Autos am Straßenrand muss ich vorher und nachher blinken“. Bei Autos ist das sinnvoll, um einem nachfolgenden Fahrer, der das parkende Fahrzeug vielleicht nicht sehen kann, zu signalisieren, dass man auf die linke Spur wechseln will. Damit der nicht auf die Idee kommt zu überholen.

Anders sieht's bei Fahrrädern aus. Die sind selten so umfangreich, dass sie ein parkendes Auto verdecken. Als Begleiter bei der Radfahrausbildung meiner Kinder durfte ich miterleben, wie die Polizisten, die als Lehrer fungiert haben, großen Wert auf dieses Winke-Winke legten. Manche Kinder fuhren mit beiden Händen am Lenker unsicher, mussten aber trotzdem brav erst den linken Arm ausstrecken, dann am parkenden Auto vorbei wackeln, danach den rechten Arm ausstrecken und zurück auf ihre Fahrbahn – wo sie sich endlich wieder mit beiden Händen am Lenker festhalten konnten. Zum Glück sieht man derlei Akrobatik nur selten im Straßenverkehr, sonst gäb es noch mehr Unfallopfer. Kinder sind also durchaus lernfähig. Bei den Schöpfern der Straßenverkehrsordnung dauert's etwas länger.

Blinken tut man nur für andere Verkehrsteilnehmer. Das sind in der Regel Fremde. Deshalb kommt es zunehmend aus der Mode. Schade.

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Erstellt:
21.09.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 21.09.2018, 01:00 Uhr

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