Lehrstück und Bauerntheater, das glücklicherweise mit irrwitzigen Dialogen aufgetuned ist.

Geschichten aus Javé

Lehrstück und Bauerntheater, das glücklicherweise mit irrwitzigen Dialogen aufgetuned ist.

24.11.2015

Von ust

Geschichten aus Javé

Normalerweise werden Dörfer verlassen und gehen auf diese Weise unter. Seltener wird ihnen einfach der Stöpsel gezogen und eine ganze Ansiedlung so unter Wasser gesetzt. Mit einem Dorf namens Javé soll das passieren, des großen Staudammbaues wegen soll es in den See versenkt werden.

Eine traurige Geschichte, die in diesem Fall in Brasilien spielt. Es wurde ein Lehrstück über Heimat und Heimatverlust daraus, mit all den burlesken Elementen eines Bauerntheaters. In dieser Hinsicht scheint Brasilien gar nicht so weit von der Schwäbischen Alb entfernt: Die Liebe zur Heimat und die Besinnung auf die eigenen Wurzeln verträgt sich durchaus mit dem alltäglichen Dorf-Kleinkrieg. Ja, beides scheint sich geradezu gegenseitig zu befruchten. In einer lebendigen Gemeinschaft werden auch Feindschaften lebendig gehalten, die Abneigungen poliert und die Mäuler über die Nachbarn immer wieder neu zerrissen.

Mit diesen Geschichten, die sich ums Dorfleben ranken, hat die brasilianische Regisseurin Eliane Caffé einen Film gemacht, der zwar nicht ganz an den derben Rollenmustern des Komödienstadls vorbeikommt, aber doch mit seiner Bizarrerie und seinem unglaublichen Erzähltalent mitreißt.

Die Zentalfigur ist Bía, der ehemalige Postbote, der im Flecken verhasst ist, weil er die Post selbst verfasst, indem er wirklichkeitsnahe Phantasieberichte über Dorfbewohner schreibt. Er ist einer der wenigen, die schreiben können, deshalb wird er auserwählt, den Gründungsmythos des Dorfes schriftlich zu fixieren. Dann erst, so ahnen die gewitzten Dörfler, ist ihnen ein unversenkbarer Platz auf dieser Welt sicher. Nur die Geschichte und die Erinnerung bewahren ein Gemeinwesen vor dem Untergang. Nach dieser Weisheit muss man im Film nicht lange tauchen, wie gesagt er ist ein Lehrstück ? zum Glück jedoch nicht immer hauptberuflich. Sonst könnte man diese sich immer wieder neu erfindende Dorfchronik und ihren schlitzohrigen Chronisten nicht so mögen. Wo geredet und gefochten wird, da wohnt Heimat und die wahre Idylle, sagt uns der Film. Ohne die komische Sprachgewalt und Übertreibungssucht seiner Protagonisten könnte er einem damit manchmal auf die Nerven gehen.