Bundesliga

Gipfel in gedämpfter Atmosphäre

Platzhirsch Bayern gegen Herausforderer Leipzig – und keine Zeit für Spektakel: Das Spitzenspiel des deutschen Fußballs wird nach dem Berliner Anschlag unter neuen Vorzeichen ausgetragen.

21.12.2016

Von VON ARMIN GRASMUCK

Hoher Besuch auf Seiten der Leipziger: Dietrich Mateschitz, Chef des Getränkeherstellers Red Bull und mit einem Vermögen im zweistelligen Milliardenbereich der reichste Mann Österreichs, hier mit Lebensgefährtin Marion Feichtner, wird heute Abend in der Münchner Arena zu Gast sein. Foto: afp

Hoher Besuch auf Seiten der Leipziger: Dietrich Mateschitz, Chef des Getränkeherstellers Red Bull und mit einem Vermögen im zweistelligen Milliardenbereich der reichste Mann Österreichs, hier mit Lebensgefährtin Marion Feichtner, wird heute Abend in der Münchner Arena zu Gast sein. Foto: afp

Die Geschichte spielt im Schwäbischen, und sie hört sich einfach gut an. Im Frühsommer des Jahres 2012 ruft Dietrich Mateschitz bei Ralf Rangnick an. „Wo sind Sie gerade?“, fragt Mateschitz. „Auf meiner Terrasse in Backnang“, antwortet Rangnick. Darauf Mateschitz: „Haben Sie einen Hubschrauberlandeplatz?“ Und wieder Rangnick: „Daran habe ich bei der Planung meines Gartens nicht gedacht.“ Wie auch immer: Wenig später landete Mateschitz, der schwerreiche Macher des Getränkeherstellers Red Bull, auf einem Sportplatz in der Nähe und trank bei Rangnicks eine Tasse Kaffee. Er überzeugte den Trainer, bei seinem Fußballprojekt mitzumachen. Das wichtigste Teil in den Planspielen hieß und heißt bis heute: RB Leipzig. Gut vier Jahre später ist Mateschitz dort, wo er ursprünglich hin wollte: an der Spitze der Bundesliga.

Mit ausgelassenen Freudensprüngen feierte der Unternehmer am Samstag auf der Tribüne des Leipziger Stadions das 2:0 seiner Bullen im Topduell mit Hertha BSC. Er hat sich auch für das große Spitzenspiel angekündigt, das heute in der Münchner Arena ausgetragen wird: Rekordmeister und Tabellenführer Bayern gegen die punktgleichen Leipziger, den besten Aufsteiger aller Zeiten. Es ist aber nur ein Gerücht, dass Mateschitz auf einem Platz an der Seite des Trainers Ralph Hasenhüttl direkt am Spielfeldrand zu sitzen gedenkt.

Nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt wird das Gipfeltreffen der deutschen Eliteklasse zumindest atmosphärisch unter grundlegend veränderten Vorzeichen angepfiffen. Aus dem sportlich brisanten Duell des Platzhirsches mit dem selbstbewussten Herausforderer, das auf dem Platz das reine Spektakel versprach, droht nun ein Hochsicherheitsspiel in jeder Hinsicht zu werden.

Viele der 75?000 Zuschauer kommen vermutlich mit einem mulmigen Gefühl in das ausverkaufte Stadion. Die Sicherheitskontrollen, rund um die Münchner Arena generell sehr intensiv, werden aufgrund der aktuellen Gefahrenlage verschärft. Mehr als 1000 Polizisten sind in der ganzen Stadt im Einsatz.

Auf der Fahrt in die Arena wird sich auch der ein oder andere Fußballer mit den beklemmenden Gefühlen auseinandersetzen müssen. Die Nationalspieler Manuel Neuer, Mats Hummels und Thomas Müller hatten im November des vergangenen Jahres, als die verheerenden Terroranschläge in Paris die Welt erschütterten, am eigenen Leib mitzuerleben, wie bedrohlich nah der Terror dem Fußball kommen kann. In dem Zusammenspiel mit Psychologen und dem Vertrauen auf die hohen Sicherheitsstandards haben die Profis gelernt, die natürliche Angst mit dem Schnüren der Fußballschuhe abzulegen.

Rivale mit Potenzial

Die volle Konzentration gilt dem Spiel, das die aktuellen Kräfteverhältnisse der Spitzenklubs widerspiegeln soll, aber auch von zukunftsträchtigem Charakter zu sein scheint. „Es geht um mehr als nur drei Punkte“, davon ist Müller überzeugt. „Klein gegen Groß, Aufsteiger gegen Bayern München.“ Die Konkurrenten unterscheiden sich in vielen Punkten, es ist jedoch kein Klassenkampf, der in der Münchner Arena ausgetragen wird. Vielmehr haben die von Mateschitz und seinem Konzern mit klarem Konzept, hoher sportlicher Kompetenz und vielen Millionen Euro ausgestatteten Leipziger das Potenzial, ihre Ambitionen als ernsthafter Rivale des Rekordmeisters auch langfristig zu untermauern.

Der große Respekt, den sich die Bullen in den ersten Monaten im Oberhaus erspielt haben, spricht für die Qualität ihres Auftritts. „Es wird in Leipzig hervorragend gearbeitet“, sagt etwa Uli Hoeneß. Das Gipfeltreffen im eigenen Stadion moderiert der Präsident der Bayern in der ihm eigenen Art an: „Gegen Leipzig muss gewonnen werden, um klarzumachen, wer in Deutschland der Herr im Hause ist.“

Es wird gespannt zu beobachten sein, wie sich die Mannschaften begegnen. Sind die Leipziger in der Lage, ihren Hochgeschwindigkeitsfußball klar, schnell und direkt auch in München auf den Rasen zu bringen? Oder dominieren die Bayern mit ihrer Auswahl aus Elitekickern von internationalem Format nach Belieben? Der spezielle Charakter dieses Spitzenspiels wird bereits wenige Minuten nach dem Anpfiff erkennbar sein. Und egal, wie es ausgeht. Mateschitz, der Mäzen, wird die Arena mit einem Lächeln verlassen. Ein Hoch auf seine Bullen. Der Helikopter steht gleich nebenan zum Abflug bereit.

Antreiber des FC Bayern: Nationalspieler Thomas Müller. Foto: dpa

Antreiber des FC Bayern: Nationalspieler Thomas Müller. Foto: dpa

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Erstellt:
21.12.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 01sec
zuletzt aktualisiert: 21.12.2016, 06:00 Uhr

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