Goldene Kamera

Greta liest Promis die Leviten

Bei der Verleihung des Film- und Fernsehpreises feiert das prominente Publikum die 16-jährige Umweltaktivistin wie einen Popstar. Und es erlebt Thomas Gottschalk als Hintergrundsänger von „Pur“.

01.04.2019

Von Julia Kilian

Die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg mit ihrer „Goldenen Kamera“. ?Foto: Hannibal Hanschke/dpa

Die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg mit ihrer „Goldenen Kamera“. ?Foto: Hannibal Hanschke/dpa

Normalerweise feiern sich Prominente bei Preisgalas immer ein wenig selbst – nun hat ihnen Schülerin Greta Thunberg bei der Goldenen Kamera ins Gewissen geredet. „Wir stehen jetzt an einem Scheideweg unserer Geschichte“, sagte die 16-Jährige bei der Show in Berlin. Berühmtheiten würden als Götter angesehen und könnten ihre Stimme nutzen, um Leute wach zu rütteln.

Rund 1200 Gäste kamen am Samstag in den stillgelegten Flughafen Berlin-Tempelhof. Im Mittelpunkt des Abends stand der Klimawandel. Thunberg protestiert seit Monaten immer freitags für einen beherzteren Kampf gegen den Klimawandel. Tausende Schüler sind der jungen Schwedin schon gefolgt und haben für die „Fridays for Future“-Protestbewegung die Schule geschwänzt.

Es sei eine komische Welt, in der Kinder ihre Ausbildung opfern müssten, um gegen die Zerstörung ihrer Zukunft zu protestieren, sagte Thunberg. Und in der sich Stars nicht für Umwelt- und Klimaschutz engagierten, weil sie „dann nicht mehr um die Welt fliegen könnten, um ihre Lieblingsrestaurants, Strände und Yogaseminare zu besuchen“. Die Umweltaktivistin wurde mit einem Sonderpreis Klimaschutz geehrt.

In der ZDF-Show gab es viel Applaus für Thunberg – und sonst reichlich Glitzer. Die Bühne erinnerte an den Art-déco-Stil der 1920er. Auf dem pinken Teppich erschienen zum Beispiel die US-Schauspielerin Jessica Chastain („Zero Dark Thirty“) und der österreichische Künstler Tom Neuwirth, bisher bekannt als Conchita Wurst. Zuletzt nannte er sich „Wurst“. In Berlin trug er eine dicke Metallkette und Corsage.

Pianist Lang Lang und Sängerin Katie Melua spielten gemeinsam das Lied „What a wonderful World“. Im Hintergrund sah man Videobilder von Adlern, Löwen, Eisbergen. Beim Auftritt der Band Pur kam man dann als Zuschauer kurz ins Stutzen: Ist das nicht... Thomas Gottschalk? Als Backgroundsänger? Der 68-Jährige löste eine alte Wettschuld aus seiner früheren TV-Sendung „Wetten, dass...?“ ein.

„Ich habe 18 Jahre lang kein Auge zugetan wegen dieser verlorenen Wette“, scherzte Gottschalk. Pur-Sänger Hartmut Engler wirkte überrascht. Die Band habe nicht geglaubt, dass sich der Auftritt noch ergebe.

Eine Jury entschied über viele der Preisträger. Ausgezeichnet wurden die Schauspieler Albrecht Schuch und Anna Schudt. Schudt wurde für ihre Rolle im ZDF-Familiendrama „Aufbruch in die Freiheit“ geehrt, das auch zum besten TV-Film gekürt wurde. Die Krimiserie „Der Pass“ gewann die Goldene Kamera als beste Fernsehserie. Ausgerichtet wird die Goldene Kamera von der Funke Mediengruppe.

Autor Frank Schätzing überreichte Moderator Dirk Steffens eine Goldene Kamera für dessen „Terra X“-Reihe „Faszination Erde“. Der Dokumentarfilmer Stephan Lamby wurde für seine Reportage „Im Labyrinth der Macht - Protokoll einer Regierungsbildung“ ausgezeichnet. Moderator Kai Pflaume bekam eine Überraschungs-Kamera für „Zeig mir dein Leben“ als beste Doku-Reihe.

Zum Schluss wurde es nochmal emotional. Schauspielerin Judy Winter schickte Genesungswünsche an die britische Schauspielerin Vanessa Redgrave, die für ihr Lebenswerk geehrt wurde, wegen eines Unfalls aber nicht kommen konnte. Redgrave bedankte sich per Videobotschaft.

Deutlich weniger Zuschauer

Die Goldene Kamera lockt immer weniger Zuschauer vor den Bildschirm. Am Samstag verfolgten nur 2,36 Millionen Menschen die Live-Übertragung. Das war ein Viertel weniger als im vergangenen Jahr und entspricht einem Marktanteil von 8,9 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 waren es noch 4,35 Millionen gewesen.

Das Erste hatte hingegen mit seinem Samstagskrimi Erfolg, „Der Auftrag“ kam auf 5,87 Millionen Zuschauer (20,2 Prozent). Die RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ erreichte 3,41 Millionen (12,3 Prozent). Sat.1 hatte den Trickfilm „Hotel Transsilvanien“ im Programm, das wollten 1,3 Millionen (4,5 Prozent) sehen. Für die ProSieben-Show „Die beste Show der Welt“ entschieden sich 1,27 Millionen (4,8 Prozent). ?dpa

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Erstellt:
01.04.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 01.04.2019, 06:00 Uhr

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