TÜLustnau

Großen Wurf gewagt

25.04.2017

Von Harald Uetz, TÜLustnau

Stellen Sie sich vor, Sie leben in einem Tübingen, in dem

– Sie für jeden Spaziergang auf der Platanenallee drei Euro zur Pflege der Grünanlagen zu zahlen haben

– Sie jedes in der Stadtbücherei ausgeliehene Buch 50 Cent kostet

– Jeder auf dem Marktplatz getrunkene Kaffee mit einem Euro zum Erhalt der malerischen Altstadt besteuert wird

– Jeder Autofahrer, jede Radfahrerin, jeder Fußgänger eine nutzerabhängige Maut von 30 Cent pro Kilometer zum Unterhalt der städtischen Straßen und Wege zahlt.

Verrückt, nicht wahr? Ach so – und weshalb noch mal zahlen dann insbesondere ärmere, alte und behinderte Menschen, die auf den Bus als Fortbewegungsmittel angewiesen sind, für jede einzelne Fahrt? Sozial gerecht geht anders.

In der Debatte um den umlagefinanzierten Tü-Bus geht es letztlich um die Frage, ob wir in einer Ego-Gesellschaft leben wollen, in der jeder für jede Ware einzeln zu zahlen hat, oder ob eine solidarische Gesellschaft gesellschaftlich wertvolle Gemeingüter allen Bürger/innen zur Verfügung stellt und diese sozial gerecht finanziert.

Deshalb „Chapeau" und Hochachtung vor der Tübinger Stadtverwaltung, die mit der zukunftsweisenden Tü-Bus-Flatrate den großen Wurf wagt und sich damit wohltuend abhebt vom politischen Zeitgeist, der nur noch auf tagesaktuelle Ereignisse reagiert und unablässig auf Umfragen starrt.

P.S.: Nein, ich würde als Selten-Nutzer von einer Tü-Bus-Flat finanziell nicht profitieren. Im Sinne einer solidarischen Stadtgesellschaft aber sehr wohl.

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Erstellt:
25.04.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 42sec
zuletzt aktualisiert: 25.04.2017, 01:00 Uhr

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