Freudenstadt · Infrastruktur

„G’schafft ist’s“

Zum Richtfest des Freudenstädter Krankenhausneubaus kamen am Dienstag über 120 angemeldete Gäste und der Sozialminister.

30.09.2020

Von Dunja Bernhard

Viel Prominenz aber auch Anwohner waren beim Richtfest des Kreiskrankenhauses Freudenstadt .Bild: Karl-Heinz Kuball

Viel Prominenz aber auch Anwohner waren beim Richtfest des Kreiskrankenhauses Freudenstadt .Bild: Karl-Heinz Kuball

Dass ein Sozialminister sowohl zum Spatenstich als auch zum Richtfest kommt, sei etwas Besonderes, sagte Landrat Dr. Klaus Michael Rückert. „Ich finde es pfundig, dass Manfred Lucha uns so unterstützt.“

Das Land Baden-Württemberg gibt 54 Millionen Euro zum 90Millionen Euro teuren Krankenhausteilneubau. Das ist eine Förderquote von 60 Prozent. Den Rest muss der Landkreis aufbringen und diese Summe ist während des Baus bereits um 5 Millionen Euro gestiegen.

„G’schafft ist’s“, verkündete Rückert freudig. Mit dem Richtfest – ein Jahr und sechs Tage nach dem Spatenstich – ist alles „unter Dach und Fach. Der Schwarzwälder Winter kann beginnen.“ Trotz coronabedingter Einschränkungen konnte der Zeitplan eingehalten werden.

„An Corona haben wir gemerkt, was das Leben auf dem Land für Vorteile hat“, sagte der Landrat. Der Lockdown sei einfacher hinzunehmen. „Die Lebensqualität im Landkreis ist großartig.“ Deshalb dürften bei der wichtigen Infrastruktur keine Abstriche gemacht werden. Der Landeszuschuss sei nicht selbstverständlich. „Wir sehen ihn als Auftrag.“ Auch der Ländliche Raum brauche eine gute Gesundheitsversorgung, aber ohne das Geld vom Land hätte der Landkreis den Neubau nicht stemmen können, so Rückert.

„Wir haben engagierte Ärzte im Landkreis. Ärzte, die während der Coronakrise Schulter an Schuler – mit einmeterfünfzig Abstand – gearbeitet haben.“

Dank der neuen Anbindung an das Industriegebiet „Sulzhau“ und damit an die B 294 sei das Krankenhaus aus allen Himmelsrichtungen und damit auch aus dem Ostkreis gut zu erreichen.

Manfred Lucha, Baden-Württembergs Minister für Soziales und Integration, erinnerte sich, dass es beim Spatenstich, obwohl sechs Tage früher im Jahr „noch einen Kittel kälter“ gewesen sei. Doch „als Maurersohn kann ich mir ein Richtfest nicht entgehen lassen“. Der Teilneubau sei ein wesentlicher Baustein für die stationäre Gesundheitsversorgung im Landkreis Freudenstadt, sagte der Minister. „Gesundheitsangebote müssen mit der richtigen Herangehensweise am richtigen Ort platziert sein – und mit den richtigen Leuten.“ Die Klinik müsse sehr gut aufgestellt sein, um im Wettbewerb bestehen zu können. Dabei sprach Lucha neben der Konkurrenz in der Patientenversorgung vor allem auch den Wettbewerb um gutes Personal an.

Als Ausbildungsstätte habe das Krankenhaus gute Voraussetzungen, aber auch Arbeitsqualität und Betriebsklima spielten eine Rolle. Der Neubau trage dazu bei, dass sich Arbeitsabläufe verbessern und Synergieeffekte für die Patienten entstehen. Lucha geht zudem davon aus, dass sich mit der neuen Struktur Gewinne erwirtschaften lassen. 2019 hätte das Krankenhaus ohne den Zuschuss des Landkreises von 5,3 Millionen Euro mit einem Minus von knapp 7,5 Millionen Euro abgeschlossen.

Für ihn sei, sagte Lucha, ein Krankenhaus in Freudenstadt mit 315 Betten gleichbedeutend mit einem Krankenhaus in einem Ballungsraum mit 800 Betten. Er lobte, dass der Landkreis das Heft in die Hand genommen und das Krankenhaus an einem Ort zentriert habe. So könnten den Patienten zusätzliche Wege und Mehrfachuntersuchungen erspart werden. Als positiven Effekt der Corona-Pandemie hob er hervor, dass nebenbei durch die AHA-Regel (Abstand, Händehygiene, Alltagsmaske) eine deutliche Verbesserung der Krankenhaushygiene gelungen sei. Das sei ein enormer Erfolg. „Das werden wir beibehalten.“

Digitalisierung und Telemedizin sollen die medizinische Versorgung nicht nur im Ländlichen Raum weiter verbessern. Die am Dienstag beschlossene Landarztquote für Medizinstudenten soll mehr Allgemeinmediziner in ländlich geprägte Gegenden bringen. 75 Medizinstudienplätze in Baden-Württemberg sollen über diese Quote vergeben werden und junge Leute langfristig verpflichten. Lucha bezeichnete die Freudenstädter Klinik als „zukunftsfähiges Leuchtturmkrankenhaus“.

Für die Geschäftsleitung der KLF trat zunächst Monique Bliesener, kaufmännische Direktorin, ans Mikrofon. „Alle haben an einem Strang gezogen“, sagte sie zu der zügigen Umsetzung. Sie dankte denen, die den Krankenhausneubau auf den Weg gebracht hatten und die Pläne jetzt auf der Baustelle umsetzen. Das Empfinger Unternehmen Gfrörer übernahm die Erdbauarbeiten. Für den Rohbau zeichnet das Schweinfurter Bauunternehmen Glöckle verantwortlich. Die Planungen machte das Leipziger Ingenieurbüro Prof.Vogt. Die Fenster kommen von Beck.

Die Krankenhausmitarbeiter sind in die Planungen eingebunden, um eine optimale Patientenversorgung auf den Stationen und im Operationsbereich zu entwickeln. Es solle eine effiziente, freundliche und patientenorientierte Arbeitsatmosphäre geschaffen werden, sagte Bliesener. „Der Teilneubau ist ein Meilenstein für die städtische Gesundheitsvorsorge.“

Das neue Gebäude wird fünf Geschosse einschließlich Keller und Erdgeschoss mit 18000 Quadratmetern Nutzfläche haben. Für den Bau waren 2600 LKW-Ladungen Beton nötig. An die Anwohner gewandt sagte Bliesener: „Sie haben viel Lärm und Staub über sich ergehen lassen müssen.“ Jetzt seien schon einige Fenster eingebaut. „Wir nähern uns dem Innenausbau.“ Es werde ruhiger.

KLF-Geschäftsführer Matthias Meier ging auf die Innenausstattung ein: Die neue Notaufnahme wird sechs Betten zuzüglich vier Betten für eine Chest Pain Unit, in der Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt aufgenommen werden, vorhalten. Die Chest Pain Unit sorgt für kürzeste Wege zum Herzkatheter und damit zur mitunter lebensrettenden Therapie. „Das war mir eine Herzensangelegenheit“, sagte Meier.

Die Ein- und Zweibetten-Patientenzimmer seien 25 Quadratmeter groß und hell. Mit großen Fenstern, so dass die Patienten vom Bett aus den Park oder den Schwarzwald sehen können. Jedes Bett wird mit einem Multimedia-Terminal ausgestattet. Die Patientenschränke sind fahrbar und können beim Umzug in ein anderes Zimmer mitgenommen werden. „Das ist mehr als Klinik.“ Das neue Krankenhaus solle ein Ort der Begegnung, der Lehre, der Ausbildung und der Heilung sein.

Planer Prof. Werner Vogt geht davon aus, dass der Neubau im zweiten Quartal 2022 bezugsfertig ist.

Das Glas, das Harald Ullmann, Polier bei Glöckle, zum Richtspruch fallen ließ, zersprang. Bisher verliefen die Bauarbeiten weitestgehend unfallfrei. So soll es bleiben. Die Gäste, neben den offiziellen Vertretern aller am Bau Beteiligten auch Anwohner, feierten die Fertigstellung des Rohbaus mit Leberkäsweckle, vegetarischem Wrap und Piccolofläschen Sekt. Für die musikalische Umrahmung sorgten Angela Wiedemer (Gesang) und Harald Sinot (Klavier) von der Horber Musikschule.