Schaugarten in Trochtelfingen

Von der Mohnbrötchenblume bis zur Schwiegermutterhaube

Im botanischen Schaugarten der Firma Alb-Gold in Trochtelfingen weiß Gärtnermeisterin Christel Ehlers zu jedem Pflänzchen eine Geschichte.

28.05.2018

Von Uschi Kurz

Christel Ehlers inmitten der imposanten blühenden Diptamstauden. Ihr Duft erinnert an Zitrusfrüchte.Bild: Haas

Christel Ehlers inmitten der imposanten blühenden Diptamstauden. Ihr Duft erinnert an Zitrusfrüchte.Bild: Haas

„Riechen Sie mal, ist das nicht ein herrlich zitroniger Duft“, Christel Ehlers hält mir die aromatische Diptamblüte unter die Nase. „Und dort“, freut sie sich, „hat sich ein Adonisröschen selbst ausgesät“.

Seit 2011 ist die Gärtnermeisterin Leiterin der Kräuter Welt der Firma Alb-Gold in Trochtelfingen. Wer mit ihr durch den Schaugarten spaziert, merkt rasch: da hat jemand seine Bestimmung gefunden. Dabei, erzählt die 60-Jährige, die in Gönningen lebt, deutete ihre berufliche Laufbahn zunächst in eine ganz andere Richtung. Ehlers, die in Hannover geboren wurde, hat Soziale Arbeit studiert und dann ein Jahr lang als Sozialarbeiterin in Stuttgart in einem städtischen Obdachlosenprojekt mit Kindern gearbeitet. „Das ging mir zu nahe“, sagt sie. Über ein Praktikum entdeckte sie ihre Liebe zur Pflanzenwelt. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Staudengärtnerin im Botanischen Garten in Tübingen, arbeitete in unterschiedlichen Gärtnereien und machte ihren Meister.

Der Schutz der Umwelt war Ehlers schon immer ein Anliegen. Sie war in der Reutlinger Robin Wood Gruppe aktiv. Zusammen mit drei anderen Aktivisten stieg sie 1986 in der Folge von Tschernobyl auf den Reutlinger Gaskessel, um gegen den Atomstrom zu protestieren. Und lange bevor „Bio“ in wurde, hat sie bei einer food-cooperative mitgemacht und bei pax an Biolebensmittel bestellt.

Vor sieben Jahren fing sie in der Kräuter Welt an, die 2005 eröffnet worden war. Mittlerweile trägt der zwei Hektar große botanische Schaugarten deutlich ihre Handschrift. „Die Stauden sind mein Ding“, sagt sie, für eine Lieblingsstaude kann sie sich aber nicht entscheiden. Dazu sei die Auswahl der faszinierenden Pflanzen einfach zu groß. Selbst dem Giersch, eine krautige Staude, die manchen Kleingartenbesitzer zum Wahnsinn treibt, gewinnt sie etwas Positives ab: „Jung geerntet schmeckt der wunderbar.“

Zehn Mitarbeiter hat ihr Gartenteam, zusammen mit zwei anderen macht Ehlers regelmäßig Führungen durch die Kräuter Welt, die in 20 Themen- und Erlebnisbereiche eingeteilt ist. Ein Herzstück der Anlage ist das Körperbeet, wo sich der Besucher durch den ganzen Organismus arbeiten kann. Die Heilpflanzen, die dort wachsen, sind nach ihrer Wirkung den einzelnen Körperbereichen und Organen zugeordnet. Es beginnt bei den Beinen (Sportverletzungen, Gicht oder Arthrose) und endet im einem runden Beet, das den Kopf symbolisiert und mit seinen Rosendüften die Sinnesorgane anspricht.

Direkt neben dem Rosenrondell findet man die Heilpflanzen von Hildegard von Bingen. Das Wissen, das die Äbtissin im 12. Jahrhundert sammelte, entfaltet noch heute seine Kraft. Ein prachtvoller Bauerngarten bildet den Übergang zum hinteren Teil der Anlage, der so manche Überraschung bereit hält. Beispielsweise eine Pfefferminztorte mit zwölf Minze-Sorten oder die Pflanze des ewigen Lebens. Aber auch fast vergessene Gemüse wie den Guten Heinrich, eine selten gewordene Spinatpflanze. Da gibt es eine Blume, die nach Mohnbrötchen riecht und eine Lilie, die nach Schokolade duftet. Oder den Safran, das teuerste Gewürz der Welt: „Unser Highlight im Herbst, wenn er blüht.“ Keinen betörenden Duft verströmt die Schwiegermutterhaube – schön ist sie trotzdem.

Und überall erzählt Ehlers Geschichten – manchmal raspelt sie sogar Süßholz. Denn wer weiß schon, dass man, um an die süße Lakritze zu kommen, tatsächlich die Wurzel des Süßholzes raspeln muss? Oder dass der Schnaps gar nicht aus dem blauen Enzian gebrannt wird, sondern aus dem gelben. Dennoch zieren die blauen Blüten jede Schnapsflasche: „Weil sie dekorativer sind.“ Oder was hat der Holler(Holder)busch mit Frau Holle zu tun? Die weißen Blüten symbolisieren den Schnee, die schwarzen Beeren das Pech.

Wie so vielen anderen Pflanzen wurden dem Holderbusch einst magische Kräfte zugeschrieben. Deshalb sei der Holunder früher als Schutzbaum fast vor jedem Haus gestanden. Noch heute, so Ehlers, gebe es Gegenden, „wo vor dem Holunder der Hut gezogen wird“.

Führungen durch die Vielfalt der Alb-Gold Kräuter Welt

Die Kräuter Weltbesticht mit ihrer Vielfalt: Über 1000 verschiedene Pflanzensorten wachsen auf dem zwei Hektar großen Gelände der Firma Alb-Gold in Trochtelfingen. Die Pflanzen sind in 20 Themen- und Erlebnisbereiche eingeteilt. Zahlreiche Heil- und Gewürz pflanzen, Zier- und Wildstauden sowie Sträucher und Gehölze gedeihen neben vielen Obst- und Gemüsesorten in demnach biologischen Grundsätzen bewirtschafteten Schaugarten, der alle Sinne anspricht. Es gibt einen Bauerngarten, einen Beerengarten und einen Barfußpark.

Auch alte Getreidesorten wie schwarzer Emmer, Dinkel und Binkel werden angepflanzt, auch die Alblinse darf nicht fehlen. Während sich die Erwachsenen an der Farben- und Formenpracht erfreuen, können die kleinen Besucher auf dem liebevoll gestalteten Erlebnisspielplatz herumtollen. Die Kräuterwelt kann von März bis September montags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr auf eigene Faust erkundet werden. Darüber hinaus gibt es von Montag bis Freitag von 10 bis 10.30 Uhr geführte Rundgänge (Anmeldung erforderlich), Auch gibt es Themenführungen nach vorheriger Absprache und verschiedene Kräuterkurse. Weitere Infos unter Alb-Gold.de.

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Erstellt:
28.05.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 27sec
zuletzt aktualisiert: 28.05.2018, 01:00 Uhr

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