Freudenstadt · Tattoo Convention

Hautschmuck mit Tinte und Nadelspitzen

Das Grandhotel Waldlust in Freudenstadt wurde am vergangenen Wochenende erstmals zum Schauplatz einer dreitägigen Tattoo-Messeveranstaltung.

17.09.2019

Von Andreas Wagner

Mit bis zu 18000 Hüben in der Minute dringen die Nadeln beim Tätowieren in die Haut ein.

Mit bis zu 18 000 Hüben in der Minute dringen die Nadeln beim Tätowieren in die Haut ein.

Insgesamt 17 Tätowierer/Aussteller waren zur Convention angereist. An zwölf verschiedenen Tattoo- und Piercing-Ständen zeigten sie ihre Verschönerungskünste bei den „1. Black Forest Ink Days“.

Neben regionalen Tätowierern aus Freudenstadt und Baiersbronn verschlug es auch überregionale Kunsthandwerker aus Hannover, Holzgerlingen sowie Hürth in den Schwarzwald. 450 Besucher wurden vom Veranstalter erwartet. Für die Gäste war eigens ein kostenlosen Shuttle-Service zum Hotel Waldlust eingerichtet. 1 Euro pro Eintrittsticket kam als Spende dem „Verein zur Erfüllung von Wünschen Sterbender“ zugute. Ein Kinderspielbereich mit Hüpfburg und Kinderschminken sowie diverse Bewirtungsstände der Denkmalfreunde Waldlust sorgten für ein familiengerechtes Rahmenangebot.

„Wir wollten bewusst eine kleine, aber geile Veranstaltung, bei der die Tätowierer ihre besten Werke vorstellen können“, erklärte Daniela Bloch vom Organisations-Team. Am Tätowier-Kunstschaffen herrschte unter den zahlreichen Besuchern großes Interesse. Die Gäste waren ja auch überwiegend der Leidenschaft für Tattoos bereits verfallen. Und jene, die mit quasi noch jungfräulicher Haut durch die Flure und Säle des alten Grandhotels schlenderten, schauten sich das Geschehen an den Tattoo-Ständen lieber aus sicherer Entfernung an.

So auch am Stand des Studios „Ink Zeit“ aus Pfullendorf, wo die 26-jährige Anja gerade ihr
fünftes Tattoo stechen ließ. Sie wirkte dabei entspannt, scrollte durch ihr Handy und hörte über Kopfhörer Musik, während die Tätowiernadeln mit bis zu 18 000 Hüben in der Minute in die Haut eindrangen.

„Boah! Ich krieg schon von Spritzen Angst“, kommentierte eine ältere Dame das Geschehen, während Anja lächelnd antwortete: „Eine Spritze dringt viel, viel tiefer ein. Außerdem geht der Tätowierer sehr behutsam vor.“

Das Motiv welches sie sich für ihren Oberschenkel aussuchte – ein Hirschkopf – hat für sie keine besondere Bedeutung. „Zeitlos und schön soll es sein“, begründete Anja ihre Auswahl.

Bei den Künstlern kam überwiegend die Tätowiermaschine zum Einsatz. Dabei kann zwischen zwei Antriebsarten gewählt werden: Der Magnetspulenmaschine und der Rotationstätowiermaschine.

Tätowiererin Xenia Köhler vom Studio „White Moon Tattoo“ beherrscht noch eine weitere Methode, um Farbe unter die Haut ihrer Kunden zu bringen. Bei sogenannten „Hand Poke Tattoos“ wird das Motiv von Hand mit einer Nadel gestochen. „Diese Art des Stechens empfinde ich als viel angenehmer“, teilte ihr Kollege Felix Beathalter mit. Angeblich verheilt die Haut danach auch besser, aber der Vorgang des Stechens nimmt längere Zeit in Anspruch. Sein Motiv hat die ungefähre Länge von fünf Zentimetern, was eine ganze Stunde Arbeit in Anspruch nahm.

Die 23-jährige Nadine musste allerdings um einiges länger auf der Liege ausharren. Seit zwei Stunden arbeitete Köhler an dem Motiv auf der Wade der jungen Frau. Und zirka drei weitere Stunden sollte der Vorgang noch dauern. „Mir geht es einwandfrei“, nahm es die Kundin gelassen hin. Ohnehin habe sie schon Schlimmeres erlebt. „Das Tätowieren meines Rückens war damals der Horror“, erinnerte sich Nadine. Das große Tattoo entstand ganz spontan auf einem Sofa in einem Hostel in Kolumbien, erzählte sie und konstatierte: „Das war eine dumme Idee. So was sollte man nicht machen.“

Glücklicherweise besteht in einem solchen Fall die Möglichkeit, den Fehler durch ein „Cover Up- Tattoo“ korrigieren zu lassen, was Nadine in naher Zukunft anstreben will.

Am Stand von Thomas Helbeck aus Düren saß derweil ein junger Mann, welcher sein erstes Tattoo stechen ließ. Das brennende Gefühl auf und in der Haut nahm Chris (24) überraschend gelassen hin. Bedenken hatte er dennoch kurz vor der Prozedur. „Mach‘ das nicht. Das tut weh“, legten ihm seine tätowierten Kumpels noch nahe. Doch der stellte dann fest: „Es gibt schlimmere Schmerzen. Die Knochenbrüche nach meinem Ski-Unfall waren viel schmerzhafter.“ Lange war Chris auf der Suche nach einem geeigneten Löwenmuster, wobei ihn der Entwurf von Helbeck überzeugte. Überhaupt vertrauten sich diesem Standinhaber viele Tattoo-Neulinge an, was den Mittfünfziger
überraschte. „Jeder Zweite war hier eine Tattoo-Jungfrau“, verdeutlichte Helbeck. Und meistens bleibt es dann nicht bei einem einzigen Tattoo. „Diese Kunst kann süchtig machen“, weiß Helbeck aus Erfahrung.

Die „1. Black Forest Ink Days“ lockten auch Tattoo-Neulinge in das Grandhotel Waldlust. Der große Festsaal war einerseits Messeplatz für einige der insgesamt 12 Stände der Tätowierer, zum anderen konnten die Besucher hier gemütlich verweilen und sich an den Tischen mit Getränken und kleinen Speisen stärken. Bilder: Andreas Wagner

Die „1. Black Forest Ink Days“ lockten auch Tattoo-Neulinge in das Grandhotel Waldlust. Der große Festsaal war einerseits Messeplatz für einige der insgesamt 12 Stände der Tätowierer, zum anderen konnten die Besucher hier gemütlich verweilen und sich an den Tischen mit Getränken und kleinen Speisen stärken.  Bilder: Andreas Wagner

Besonderer Moment: Der 24-jährige Chris lässt sich hier sein 1. Tattoo stechen. Beliebte Stelle: Der Unterarm.

Besonderer Moment: Der 24-jährige Chris lässt sich hier sein 1. Tattoo stechen. Beliebte Stelle: Der Unterarm.

Ein verzierter Totenschädel auf dem Tisch. Im Hintergrund wird ein Wunsch-Tattoo auf den Oberschenkel fabriziert.

Ein verzierter Totenschädel auf dem Tisch. Im Hintergrund wird ein Wunsch-Tattoo auf den Oberschenkel fabriziert.

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Erstellt:
17.09.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec
zuletzt aktualisiert: 17.09.2019, 01:00 Uhr

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