Ein großes Fest für die Sinne. Der Verstand ist dabei entbehrlich.

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Ein großes Fest für die Sinne. Der Verstand ist dabei entbehrlich.

24.11.2015

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Wer die Filme des Chinesen Zhang Yimou, seine filigranen Frauenporträts mit sozialkritischem Hintersinn wie „Rote Laterne? oder „Keiner weniger?, kennt und schätzt, wird sich mit der Story seines neuen etwas schwer tun. Es geht da um eine populäre Legende aus der Zeit der chinesischen Reichsgründung im dritten Jahrhundert vor Christus.

Der „Hero? ist ein brillanter Schwertkämpfer (Jet Li), der im Auftrag des grausamen Herrschers von Qin drei potenzielle Attentäter beseitigt, ehe er selbst eines Mordkomplotts bezichtigt wird. Wer von Zhang eine aktualisierende, Regime-kritische Interpretation des historischen Stoffs erwartet hat, wird schwer enttäuscht. Seine Parteinahme für Macht und Gesetz gegenüber individuellen Ansprüchen hat im Gegenteil die westliche Kritik massiv verstört. Auch wenn die Vorwürfe („Kotau vor den Kommunisten?) teilweise weit übers Ziel hinausschießen, ist die Geschichte jedenfalls vollkommen banal: Ein mit etwas fernöstlicher Päckchen-Philosophie angereichertes Nationalepos, dessen geistige Substanz kaum über einschlägige Hieb- und Stich-Filme aus Hollywood hinausreicht.

Allerdings hat man auch den Eindruck, dass der Plot den Regisseur nur mäßig interessiert hat; dass er nur das solide Fundament ist, von dem aus Zhang neue Maßstäbe im Martial-Arts-Genre setzen wollte. Dass ihm das hundertprozentig gelungen ist, liegt weniger an den Schwertkämpfen, die man ähnlich verwegen inszeniert schon in „Tiger & Dragon? gesehen hat, als an der Gesamt-Choreografie des Films.

Zhang und sein Kameramann Christopher Doyle („Long Walk Home?) ziehen alle Register bildgestalterischer Möglichkeiten vom stilisierten Kitsch-Tableau bis zur reinen Abstraktion. Jedem Handlungs-Sprengsel, die ähnlich wie im Kurosawa-Klassiker „Rashomon? fünf verschiedene Sichtweisen auf die Ereignisse wiedergeben, ist eine rhythmische Struktur und eine dominante Farbe zugeordnet. Mal brennt die Leinwand in leuchtendem Rot, mal ist sie in meditatives Weiß, in China die Farbe des Todes, getaucht; dann wieder sorgt das schwarzgrau gerüstete Massenheer des Tyrannen samt seiner Sonnen-verdunkelnden Pfeilschwärme für eine Poesie des Schreckens. Die Montage sowohl der Action- als auch der eher tänzerischen Szenen ist von unerhörter Präzision, wobei auf die Komposition der Bilder ebenso viel Sorgfalt verwendet wurde wie auf die Einbettung von Tönen und Geräuschen. Wohl kein Film der letzten Jahre hat zu so ausgelassenem Schwelgen im Spielerisch-Experimentellen eingeladen wie diese rauschende Kino-Oper.

Schade halt, dass einem der dürftige Popcorn-Plot den Spaß an dem Formenzauber hie und da ein bisschen vergällt. Wie wir Zhang Yimou kennen, wird er beim nächsten Anlauf ästhetisches und inhaltliches Format aber schon noch unter einen Hut kriegen.