Parteien

Hoffen auf die Wende

Folgt man den Umfragen, dann hat ein rot-rot-grünes Bündnis derzeit keine Chance. Nicht wenige im Mitte-Links-Lager hoffen auf eine Schwächung der CDU nach deren Vorsitzenden-Wahl.

16.01.2021

Von André Bochow

Freie Aussicht nach links: Die SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Foto: Jörg Carstensen/dpa

Freie Aussicht nach links: Die SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Foto: Jörg Carstensen/dpa

Die SPD hat viel getan, um nach den Jahren der Großen Koalition ein künftiges Regierungs-Bündnis mit Linken und Grünen möglich zu machen. Sie hat mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans linksstehende Vorsitzende gewählt. Zum linken Lager gehört auch der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich. Die Bundestagsfraktion tritt für den Atomwaffenverbotsvertrag und gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen ein. Arbeitsminister Hubertus Heil will Hartz?IV weitgehend schleifen. Und die Sozialdemokraten zeigen sich entschlossen, das Kanzleramt nach der Wahl im September zu übernehmen. „Wir spielen auf Sieg“, verkündete Parteichef Walter-Borjans. Doch was immer die Sozialdemokraten sagen oder tun, in den Umfragen sind sie bei 15 Prozent wie festgeschweißt. Fragt man sie, warum das so ist, taucht schnell der Name Angela Merkel auf. Und die Hoffnung, dass unter dem neuen künftigen Vorsitzenden der Stern der Christdemokraten sinkt.

„Noch lebt die Union von der Strahlkraft der Kanzlerin in diesen komplizierten Zeiten“, ließ Nobert Walter-Borjans wissen. „Aber wenn die CDU ihren Parteivorsitzenden gewählt haben wird, wird der Merkel-Bonus nicht mehr helfen.“ Vor allem hofft die SPD auf einen ganz bestimmten Kandidaten. „Sollte Friedrich Merz CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat werden, ist es für die SPD relativ leicht, die Unterschiede zur CDU deutlich zu machen. Denn Friedrich Merz steht für eine neoliberale Politik aus dem vergangenen Jahrhundert.“

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, ist „froh, dass wir endlich eine Klärung bekommen“. In der CDU nimmt der SPD-Politiker ein großes Bedürfnis nach Konservatismus wahr, „nachdem die Partei unter Angela Merkel in der Gesellschaftspolitik doch sehr weit nach links gerückt ist“. Zu Merz habe die SPD dann doch den größten, wahrnehmbaren Abstand, vor allem in der Wirtschaftspolitik. Da tendiere Merz klar, „in Richtung mehr Markt, weniger Regulierung, weniger Staat“.

Schneiders linker Bundestags-Geschäftsführer-Kollege, Jan Korte, drückt seine Ansichten über Friedrich Merz so aus: „Niemand kann ernsthaft wollen, dass das Land, oder auch nur eine größere Partei wie die CDU, mit einem Politzombie wie Friedrich Merz auf eine gefährliche Reise in die Vergangenheit geht.“ Was nicht heißt, dass die Linkspartei nicht auch ganz gern gegen den Sauerländer Privatflieger antreten würde. Es gehe im Wahljahr 2021 „um eine Richtungsentscheidung“, also um die Frage: „Stärken wir die Gesellschaft, indem wir das Gesundheitssystem neu aufbauen und entprivatisieren, Schulen endlich gut ausstatten und die Kommunen stark und handlungsfähig machen?“

Und die Grünen? Auch für die hat Jan Korte ein paar Worte übrig. „Spätestens nach diesem Wochenende sollten die Grünen entscheiden, ob es ihnen um Inhalte oder um die Macht geht. Sollte die grüne Führungsspitze selbst mit einem möglichen CDU-Vorsitzenden Merz nicht von Schwarz-Grün Abstand nehmen, wissen wir Bescheid.“

Dass die Grünen darüber sofort entscheiden, ist nicht sehr wahrscheinlich. Sie halten sich seit Monaten mit entsprechenden Aussagen zurück. Auf Nachfrage wollte denn auch die Bundestagfraktion keinerlei Anmerkungen zum CDU-Parteitag machen. Und im Interview mit dieser Zeitung blieb auch Bundesgeschäftsführer Michael Kellner vage. „Jeder der drei Kandidaten“ sei ein potenzieller „Konkurrent im Wahlkampf.“ Man erwarte in jedem Fall, dass der neue Vorsitzende die „Tore zur AfD geschlossen halte“.

Viele Sozialdemokraten und Linke haben die Grünen ohnehin längst abgeschrieben und sehen sie in einer Koalition mit der Union. Sollte aber die CDU nach ihrem Parteitag an Zuspruch verlieren, dann könnten die Chancen für einen grünen Kanzler oder eine grüne Kanzlerin steigen. Möglicherweise in einer grün-rot-roten Verbindung.

Keine Chance links der Mitte

In den Umfragen dieser Woche gibt es nur zwei politisch denkbare Regierungsbündnisse nach der nächsten Bundestagswahl am 26. September: Schwarz-Rot und Schwarz-Grün. Wenn an diesem Sonntag gewählt würde, käme laut ZDF-Politbarometer die Union auf 37 Prozent. Zweitstärkste Partei wären die Grünen mit 20 Prozent; die SPD würde 15 Prozent erreichen. Dahinter folgen die AfD mit 10 Prozent, die Linke mit 8 und die FDP mit 5 Prozent.

Damit wäre ein rot-rot-grünes Bündnis aus dem Rennen. Es würde zusammen nur auf 43 Prozent der Stimmen kommen. Eine Koalition aus CDU/CSU und Grünen hätte mit 57 Prozent hingegen eine komfortable Mehrheit. - kg

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Erstellt:
16.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 06sec
zuletzt aktualisiert: 16.01.2021, 06:00 Uhr

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