Horb

Hoffentlich kommt der Wahlzettel an

06.10.2020

Von über die Tücken einer Briefwahl

Ich habe kürzlich meinen Wahlbrief abgeschickt, wie jedes Mal seitdem ich hier in Horb bin – September 2012. Damals war die Welt noch in Ordnung, wenigstens in den USA. Es ist heutzutage etwas einfacher für mich, denn bis 2018 brauchte ich einen Zeugen, der U.S. Staatsbürger ist und ich kannte keine hier in der Gegend. Ich bin für jede Wahl mit meinem Stimmzettel und der Bescheinigung nach Stuttgart gefahren und habe auf amerikanische Stimmen gelauscht. Es dauerte nie lange bis ich wildfremde Amerikaner gefunden habe, die mir gerne geholfen haben.

Nun brauche ich bloß eine Erwachsene, egal aus welchem Land, die meinen Wahlbrief bezeugt. Sie muss bestätigen, dass ich ich bin und dass meine „Wahladresse“ in Wisconsin stimmt, was sie natürlich nicht wissen kann. Sie muss dann unterschreiben und ihre Adresse schreiben. Datenschutz egal, gell? Aber ohne ihre Adresse gilt mein Wahlzettel nicht. Jeder US-Bundesstaat macht die Briefwahl anders. Nicht alle Bundestaaten verlangen, dass ihre Wähler einen Zeugen haben.

Ich benutze eine staatliche Website, wo ich meinen Stimmzettel ausdrucken und ihm folgen kann. Ich logge mich mit meinem Namen und dem Geburtsdatum („amerikanischer Art“: Tag-Monat-Jahr) ein. Alle, die diese Information kennen, könnten sich theoretisch als „ich“ einloggen und sehen, in welchen Wahlkämpfen ich gewählt habe und wie meine Wahladresse in Wisconsin lautet. Um meinen Stimmzettel auszudrucken, muss ich meine Social-Security-Number (wie eine Steuernummer) eingeben.

Dieses Jahr gibt’s etwas Neues auf der Website, nachdem Präsident Trump seinen Anhängern gesagt hat, sie sollen per Briefwahl wählen und dann am Wahltag zum Wahllokal gehen und checken, ob ihre Stimme schon gezählt wurde. Wenn nicht, meint Trump, sollten sie dann auch persönlich wählen. Auf der Website steht jetzt ganz klar: „Note: Once a voted ballot is placed in the mail, you may not vote a second ballot at the polling place“ (Nachdem Sie Ihren Wahlbrief abgegeben haben, dürfen Sie nicht nochmal im Wahllokal wählen). Ich finde es merkwürdig, dass wir in einer Zeit leben, in der Amtsleute uns vor den Vorschlägen unseres Präsidenten abraten müssen.

Jetzt muss ich nervös warten bis ich sehe, dass meine Stimme gezählt wurde. Normalerweise sehe ich das erst frühestens eine Woche nach dem Wahltag. Bisher hat es geklappt. Drückt bitte die Daumen, dass der Umschlag in Wisconsin ankommt. Denn einige meiner Familienmitglieder geben ihre Stimmen für den orangefarbenen Mann im Weißen Haus ab.