Covid · Zulassungen

Hoffnung auf Antikörper: Forschen an der Corona-Pille

Acht Medikamente durchlaufen das Zulassungsverfahren der EU-Arzneimittelbehörde EMA. Große Hoffnungen richten sich auf Antikörper-Präparate.

16.10.2021

Von dpa

Weltweit arbeiten Pharmafirmen an Medikamenten gegen eine Covid-19-Erkrankung. Bisher fehlt ein für alle Patienten zugelassenes Mittel speziell gegen das Coronavirus. Stattdessen werden erprobte Mittel benutzt, die bei bestimmten Komplikationen helfen. Oft bekommen Klinik-Patienten Blutverdünner, denn Covid-19 erhöht die Gefahr von Thrombosen, Infarkten und Schlaganfällen. Zudem sollen Antibiotika gegen zusätzlich auftretende bakterielle Infektionen schützen. Doch konkret gegen Sars-CoV-2 sind diese wirkungslos.

Die Schwierigkeit bestehe in der Biologie des Virus, so der Molekularbiologe Emanuel Wyler in der „Berliner Zeitung“: Bei Corona gebe es zunächst keine Symptome. Setzen Husten oder Halsschmerzen ein, „hat das Immunsystem in den meisten Fällen schon begonnen, das Virus zu bekämpfen“, so der Forscher vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin. „Wie bei der Grippe kommen direkt gegen das Virus gerichtete Medikamente daher oft zu spät.“

Als bisher einziges Mittel erhält Remdesivir (Handelsname Veklury) des US-Konzerns Gilead im Juli 2020 eine Zulassung in der EU – für Corona-Patienten mit Lungenentzündung, die Sauerstoff erhalten, aber nicht invasiv beamtet werden. Das Ebola-Medikament soll verhindern, dass sich Sars-CoV-2 in den Zellen vermehrt. Doch die Weltgesundheitsorganisation ist mittlerweile gegen den Einsatz. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen sieht nur einen geringen Nutzen bei moderat und gar keinen bei schwerer Erkrankten.

Dexamethason, gegen Autoimmunerkrankungen bewährt, wird in Deutschland schon länger ohne spezielle EU-Zulassung in der Corona-Therapie eingesetzt. Wyler nennt es ein „zentrales Medikament für die Behandlung von Covid-19“. Das entzündungshemmende und kortisonhaltige Mittel soll bei Corona-Patienten auf Intensivstationen eine überschießende Immunreaktion bremsen. Laut Robert-Koch-Institut ist der größte Nutzen bei invasiv beatmeten Patienten nachgewiesen. Dort könne die Sterblichkeit etwas gesenkt werden. Bei weniger schwerer Covid-Erkrankung könnte ein Einsatz „sogar nachteilig sein“, so das RKI.

Acht Medikamente zur Covid-Therapie befinden sich bei der EU-Arzneimittelbehörde EMA auf verschiedenen Stufen im Zulassungsverfahren – darunter Antikörper-Präparate, die schon bei mildem Krankheitsverlauf im Einsatz sind. In speziellen Fällen etwa eine Kombination der monoklonalen Antikörper Casirivimab und Imdevimab von Regeneron und Roche. Dieser Cocktail ist das erste Medikament, das die WHO zur Vorbeugung gegen schwere Verläufe bei Patienten mit milden Symptomen aber mit Risikofaktoren empfiehlt.

Aus dem Blut von Ex-Patienten

Monoklonale Antikörper werden im Labor hergestellt und sollen das Virus außer Gefecht setzen. Vorbild sind meist Antikörper aus dem Blutplasma vormaliger Corona-Patienten, die erfolgreich genesen sind. Monoklonal bedeutet, dass die Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem fest definierten Ziel angreifen.

Der Antikörper-Cocktail AZD7442 (anderer Name: Evusheld) von Astrazeneca verringerte in Tests das Risiko, symptomatisch an Covid-19 zu erkranken, um 77 Prozent. Die EMA untersucht auch die Immunsystem unterdrückenden Wirkstoffe Anakinra (Handelsname Kineret) und Baricitinib (Olumiant).

Molnupiravir, die gegen Grippe entwickelte Pille des US-Konzerns Merck, machte jüngst Schlagzeilen, weil sie laut Studie die Wahrscheinlichkeit sehr schwerer Verläufe reduziert. Merck wollte schnell weltweit Zulassungsanträge stellen.