Horb/Weitingen · Artenschutz

Holzhungrige Nager: So gelingt der Umgang

Ehrenamtliche Biberberaterinnen und -berater bildeten sich in Weitingen-Eyach und Horb weiter.

22.09.2022

Von NC

Die Biberberaterinnen und -berater sammelten im Dießener Tal Eindrücke des dortigen Biber-Habitats. Gespannt lauscht Beate Müller-Haug (Regierungspräsidium, grüner Schirm links), wie die anderen Teilnehmenden dem Vortrag von Referentin Verena Stricker (grüner Schirm, rechts). Bilder: ANV

Die Biberberaterinnen und -berater sammelten im Dießener Tal Eindrücke des dortigen Biber-Habitats. Gespannt lauscht Beate Müller-Haug (Regierungspräsidium, grüner Schirm links), wie die anderen Teilnehmenden dem Vortrag von Referentin Verena Stricker (grüner Schirm, rechts). Bilder: ANV

In jährlichem Turnus lädt das Regierungspräsidium Karlsruhe zu einem Treffen von Biberberaterinnen und -beratern ein. Die Ehrenamtlichen waren am vergangenen Samstag zu Gast im Vereinsheim des Angel- und Naturschutzvereins Weitingen, um im Anschluss auf Exkursion durch das Dießener Tal zu gehen.

Laut Bericht der Verantwortlichen kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer teils aus großer Entfernung an den „letzten Zipfel“ des Zuständigkeitsgebiets. Der Regierungsbezirk Karlsruhe, als staatlicher Verwaltungsbezirk, umfasst verschiedene Naturräume. An die Oberrheinische Tiefebene im Westen des Bezirks schließen sich der Odenwald, der Kraichgau und der nördliche Schwarzwald an.

Trotz der großen Entfernung und der nicht gerade großartigen Wetterprognose fanden sich dennoch 17 hoch motivierte Biberberater ein, wie aus dem Bericht des ANV hervorgeht. Darunter waren auch Wildtierbeauftragte verschiedener Landkreise.

Zunächst erfolgte die Begrüßung durch Beate Müller-Haug vom Regierungspräsidium Karlsruhe, Referat 56 Naturschutz und Landschaftspflege. Sie ist Koordinatorin des Bibermanagements im Regierungsbezirk Karlsruhe.

Mit dabei war der Biberbeauftragter des RP Karlsruhe, vom Institut für Faunistik, Dr. Ulrich Weinhold. Dieser ist Beauftragter für die Datenerfassung und Auswertung der erhobenen Biberdaten. Von diesem werden sowohl tote Tiere, meist durch Kollision mit Fahrzeugen, wie auch alle Reviergründungen, Neubesiedlungen und Unfallschwerpunkte verwaltet. Die baden-württembergische Biberpopulation wird laut Daten des Landesumweltministeriums auf derzeit etwa 7500 Tiere geschätzt (Stand März 2022).

Mit etwa 4350 Tieren kommen im Regierungsbezirk Tübingen am meisten und im Regierungsbezirk Karlsruhe mit etwa 400 Tieren am wenigsten Biber vor.

Der Bestand im Landkreis Freudenstadt wird von den dort aktiven Biberberatern Peter Daiker und Harald Dold auf mindestens 60 Tiere geschätzt.

In einem kurzen Vortrag ihrer Masterarbeit stellte Verena Stricker, ihre Ergebnisse über „Dynamik der populationsgenetischen Strukturen europäischer Biber (Castor fiber) im Zuge der Wiederbesiedlung Baden-Württembergs“ vor.

Durch die genetischen Spuren konnten die Besiedlungswege und Herkunft der Zuwanderer erhoben und ausgewertet werden, so Stricker.

„Die Zuhörer waren begeistert, welche Wege die Biber zurücklegten“, schreiben die Verantwortlichen des ANV in ihrem Bericht. Den Daten von Stricker nach kam der Biber von Flusseinzugsgebieten an Elbe, Main, Tauber, Kocher, aus der Schweiz oder Bayern. Sogar die Wasserscheide Main Neckar hätten die Tiere überwunden. Es konnte sogar festgestellt werden, dass ein „Familienmitglied“ mehrere hundert Kilometer entfernt in einem anderen Flusssystem erfasst wurde. Von mehreren Einzeltieren konnten so der Familienstammbaum und Verbreitungsgebiete ermittelt werden.

Zu den Schwerpunkten dieses Tages zählten unter anderem die praktische Umsetzung des Bibermanagements, Präventionsmaßnahmen, der Umgang mit verschiedenen Biberkonflikten, die anschaulich von den ehrenamtlichen Biberberatern des Kreises Freudenstadt, Harald Dold und Peter Daiker, nähergebracht wurden.

Neben den Praxisbeispielen zum Umgang und der Rettung eines Bibers mit einer Hundefangschlinge durch Harald Dold und der Transportproblematik des gefangenen Bibers in Teamarbeit mit Peter Daiker, wurde die Biberproblematik im Naturschutzgebiet Dießener Tal, mit langjähriger umfangreicher Fotodokumentation und Videos der dortigen Biber und ihrem Nachwuchs vorgestellt.

Nach der Mittagspause ging es dann mit Fahrgemeinschaften ins Biberrevier nach Dießen. In diesem Revier konnte die ganze Biberproblematik nachvollzogen und besichtigt werden: Waren hier doch von Gelände- und Wiesenüberflutungen, gefällte Bäume, mehrere Dämme und neuentstandene artenreiche Gewässerbereiche alles sichtbar und erfolgreiche Lösungswege umgesetzt und aufgezeigt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren von einer gelungenen Zusammenarbeit des örtlichen Biberberaters mit der Stadt Horb und dem Wasserwirtschaftsamt bei der Führung im Naturschutzgebiet Dießener Tal mit Peter Daiker überzeugt.

Offensichtlich sei „eine so gute und unproblematische Zusammenarbeit nicht in jedem Landkreis vorhanden“, wie aus dem Bericht hervorgeht.

Hier endete auch gegen 16 Uhr die Veranstaltung.

Müller-Haug vom Regierungspräsidium lobte: „Mit diesem ehrenamtlichen Engagement für unser landesweites Bibermanagement leisten die ehrenamtlichen Biberberaterinnen und Biberberater einen wichtigen und sehr geschätzten Beitrag zum praktischen Artenschutz.“

Seit Jahren ist der Biber in Horb heimisch. Dass er sich vor einer Kameralinse zeigt, bleibt jedoch selten.

Seit Jahren ist der Biber in Horb heimisch. Dass er sich vor einer Kameralinse zeigt, bleibt jedoch selten.

Konfliktprävention

Der Biber breitet sich laut ANV nach und nach im Regierungsbezirk Karlsruhe wieder aus. Durch seine Aktivitäten schaffe er zahlreiche neue Lebensräume für viele weitere Tier- und Pflanzenarten. Konflikte mit dem Biber entstehen meistens dort, wo der Mensch die Auen intensiv nutzt und nah an die Gewässer heran wirtschaftet. Das landesweite Bibermanagement ziele auf die frühzeitige Beratung und Vermeidung von solchen Situationen und Schäden ab. Kosten für Präventivmaßnahmen werden durch das Land übernommen. Auch die Nutzungsextensivierung von Flächen in Gewässernähe könne gefördert werden. Im Gegensatz zu Wildschäden werden jedoch keine Entschädigungen beispielsweise für Fraßschäden an Feldfrüchten oder gefällter Bäume gezahlt.

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Erstellt:
22.09.2022, 18:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 12sec
zuletzt aktualisiert: 22.09.2022, 18:30 Uhr

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