Verbrauchermarkt

Horb spuckt Jöchle in die Suppe

Horbs OB Peter Rosenberger gefallen die Pläne für einen Vollsortimenter nicht. 1700 Quadratmeter Verkaufsfläche seien zu viel. Dabei hat Eutingen gar kein Interesse daran, in der Größe zu bauen.

26.01.2017

Von Benjamin Breitmaier

Das Foto zeigt den Eutinger Ortsrand Richtung Ergenzingen an der B14: Links auf dem Feld soll ein Verbrauchermarkt mit Vollsortiment angesiedelt werden.Archivbild: Bernhard

Das Foto zeigt den Eutinger Ortsrand Richtung Ergenzingen an der B 14: Links auf dem Feld soll ein Verbrauchermarkt mit Vollsortiment angesiedelt werden.Archivbild: Bernhard

Peter Rosenberger machte am Dienstagabend keinen Hehl daraus, dass er sich verschaukelt vorkommt von den Eutingern. Daran änderte auch das freundschaftliche „Lieber Armin“ nichts, das handschriftlich über der Horber Stellungnahme zum Thema „Verbrauchermarkt in Eutingen“ hinter das „Sehr geehrter Herr Jöchle“ geschrieben wurde.

Denn die Eutinger Pläne sorgen in der Neckarstadt für hochgezogene Augenbrauen. Im Herbst soll in Horb das neue Einkaufszentrum „Activ-Arkaden“ eröffnen. Dessen Erfolg ist für die Neckarstadt ungemein wichtig. Deswegen schauen die Horber peinlich genau auf die Pläne der Gäu-Gemeinde, einen Vollsortimenter an der Stuttgarter Straße anzusiedeln. Dabei geht es nicht um das Projekt an sich, sondern um dessen Größe: „1200 Quadratmeter wären absolut zustimmungsfähig“, stellte Rosenberger fest. Auch bei 1400 Quadratmetern hätte das Horber Stadtoberhaupt zwar Bauchweh gehabt, aber auch „dafür hätte ich gestimmt“. Nach Aussage von Rosenberger tauchen jetzt aber in der aktuellen Planung 1700 Quadratmeter für den Einkaufsmarkt auf. „Das ist nicht mehr darstellbar. Wir können auch nicht nachvollziehen, wie die 1700 Quadratmeter in die Diskussion geraten sind“, so Rosenberger. „Wir haben die Erfahrung gemacht, wenn es um Einzelhandel geht, reicht man den kleinen Finger und es wird einem der Arm abgerissen.“ Deutlicher hätte die Botschaft, die aus der Horber Gemeinderatsitzung Richtung Eutingen ging, nicht sein können.

Dieser Darstellung widerspricht Eutingens Oberhaupt Armin Jöchle vehement. In einem Schreiben vom 14. Dezember an das Horber Stadtoberhaupt – das Schreiben liegt der SÜDWEST PRESSE vor – heißt es wörtlich zu den 1700 Quadratmetern: „Da dafür jedoch kein aktueller Bedarf besteht, wird die Gemeinde von dieser Planung Abstand nehmen und diese zusätzlichen 300 Quadratmeter im nächsten Verfahrensschritt herausnehmen, so dass es bei 1400 Quadratmetern Verkaufsfläche bleibt.“ Trotzdem übte Rosenberger auf Basis der 1700 Quadratmetern harsche Kritik an Eutingen.

Ein Gutachten der Eutinger hat mittlerweile bestätigt, dass die Horber durch den Verbrauchermarkt zwar gerade auf dem Hohenberg Kunden verlieren würden, die Verluste jedoch so überschaubar seien, dass der Nutzen der Eutinger den Verlust der Horber weit übersteigt. Nicht abgebildet sind jedoch Effekte, die der Markt auf die umliegenden Horber Ortschaften Talheim, Mühlen und Bildechingen haben könnte. Das Gutachten ging von einer Verkaufsfläche von 1400 Quadratmetern aus. Hinzu würden 300 Quadratmeter Vorverkaufsfläche kommen, etwa um einen Bäcker oder Metzger im Markt unterzubringen. Die insgesamt 1700 Quadratmeter stoßen bei Rosenberger auf wenig Gegenliebe, obwohl sie laut Bürgermeister Jöchle eigentlich gar nicht mehr Gegenstand der Diskussion sind.

Die Fachleute des Gutachters GMA stellen außerdem fest, dass es wenig Unterschied macht, ob in Eutingen ein Vollsortimenter mit 1400 Quadratmetern anstatt 1200 Quadratmetern entsteht. „Für die Gemeinde Eutingen im Gäu ist es aber ein großer Unterschied, ob ein neuer Markt mit der heute üblichen Fläche gebaut und damit langfristig die Nahversorgung gesichert werden kann“, erklärt Jöchle im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE.

„Unseren Ortschaften erlauben wir gerade einmal 800 Quadratmeter Verkaufsfläche“, erklärte Rosenberger am Dienstagabend im Horber Gemeinderat. Doch Eutingen ist keine Ortschaft der Neckarstadt. Die Frage stellt sich also: Kann Horb bei den Plänen wirklich noch quer schießen? Ja, Horb kann. Denn für die Ansiedlung des Verbrauchermarktes muss der Flächennutzungsplan des Regionalverbands geändert werden. Das geschieht in der Verwaltungsgemeinschaft „Horb, Eutingen, Empfingen“. Hier hat Horb die absolute Mehrheit. Sollte der Flächennutzungsplan nicht geändert werden, kann der Investor in Eutingen nicht bauen.

Das Szenario gilt allerdings als unwahrscheinlich. Möglich wäre jedoch, dass Horb darauf besteht, einen Vollsortimenter nur in der Größenordnung von 1200 Quadratmetern bespielter Fläche zu bauen. Das wiederum dürfte dem Investor nicht schmecken, da der Markt so an Attraktivität verlöre. „Investoren sind scheue Tiere“, hat Rosenberger selbst erst kürzlich in einem Interview mit der SÜDWEST PRESSE gesagt.

Trotz der ablehnenden Haltung in der Horber Stellungnahme werden wohl beide Bürgermeister in den kommenden Tagen das Gespräch suchen. Jöchle ist an einer baldigen Beilegung der Reibereien um die Größenordnung der Verkaufsfläche interessiert. Bis zum Sommer soll das Bebauungsplanverfahren abgeschlossen werden. Der Spatenstich für den Markt ist noch in diesem Jahr geplant. Trotzdem betont Jöchle mit Nachdruck: „Ich verstehe nicht, warum Horb gegen das Interesse einer ganzen Gemeinde vorgeht. Der gleiche Kunde, dem man jetzt den Markt versagen will, soll dann in das Horber Einkaufszentrum fahren und die anderen Sachen kaufen.“

Seit Jahren warten die Eutinger darauf, endlich wieder einkaufen zu können. Dass dieses Vorhaben nun wegen einem Rechenspiel um Quadratmeter verzögert wird, dürfte bei den Eutingern auf wenig Gegenliebe stoßen.

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Erstellt:
26.01.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 19sec
zuletzt aktualisiert: 26.01.2017, 01:00 Uhr

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