Horb/Stuttgart · Infrastruktur

Horb startet mit Vorsprung

Die beschlossene Weiterentwicklung des Landesgesetzes zum Klimaschutz stellt die Große Kreisstadt vor eine neue, keineswegs einfache Aufgabe.

24.11.2020

Von Manuel Fuchs

Die Heizzentrale „Horb Weststadt“ liefert seit einem Jahr elektrische Energie und Wärme für umliegende Gebäude. Bild: Karl-Heinz Kuball

Die Heizzentrale „Horb Weststadt“ liefert seit einem Jahr elektrische Energie und Wärme für umliegende Gebäude. Bild: Karl-Heinz Kuball

Große Kreisstädte wie Horb, von denen es in Baden-Württemberg 94 gibt, haben einige exklusive Rechte, aber auch einige besondere Pflichten. Der Landtag hat am 14. Oktober das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg“ verabschiedet. Es verpflichtet Stadtkreise und Große Kreisstädte, bis zum 31. Dezember 2023 einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen. Die Landesregierung sieht darin „ein Strategieinstrument für eine effiziente, klimaneutrale Wärmeversorgung“, das die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand beim Klimaschutz unterstütze und die Öffentlichkeit über Möglichkeiten informiere.

Horb als Vorreiter

Speziell in der Kernstadt scheint Horb den Anforderungen dieses Gesetzes sogar voraus zu sein. Auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE bestätigt eine Sprecherin der Stadt, dass die Verwaltung bereits 2011 einen Wärmeatlas erstellen ließ, auf dessen Grundlage Wärmenetze ausgebaut werden sollten. Erst später sei hierfür der Begriff „Wärmewende“ geläufig geworden. „Bisher wurden in diesem Rahmen das Wärmenetz im Unteren und Oberen Marktplatz und in der Horber Weststadt aufgebaut, aber auch Erweiterungen im Bereich des Hohenbergs durchgeführt“, teilt die Stadt mit. Beschlossen sind darüber hinaus ein kleineres Nahwärmenetz in Altheim und der Beginn einer Nahwärmeversorgung in Nordstetten sowie ein Energiekonzept für die Horber Oststadt; Letzteres erfülle die Anforderungen des Klimaschutzgesetzes bereits heute. In den Teilorten allerdings seien aufbauend auf dem Wärmeatlas noch Potenziale zu erheben und Optionen für die Energieerzeugung zu prüfen. Die Frage, wie Neubaugebiete mit Energie – also auch Wärme – versorgt werden sollen, ist obligatorisch in deren Planung zu verankern.

Pläne lokal konkretisieren

Das vom neuen Gesetz vorgegebene Thema wird die Ortschaftsräte und den Horber Gemeinderat beschäftigen. Diese Gremien sind nach Auskunft der Stadtverwaltung „am Prozess immer zu beteiligen“. Es sei schließlich abzuwägen, wie die Energieversorgung vor Ort umgesetzt werden kann –  wo beispielsweise eine Heizzentrale gebaut und wie diese Zentrale gegebenenfalls finanziert und umgesetzt wird.

Die dezentrale Struktur und die spezielle Topografie der Gesamtkommune Horb – 17 Teilorte auf 120 Quadratkilometern –  „erschweren die Wärmewende in erheblichem Maße“, räumt die Verwaltung ein. Steiles Gelände beispielsweise zieht regelmäßig höhere Erschließungskosten nach sich. Und 25000 Einwohner sind grundsätzlich leichter mit einer Infrastruktur zu versorgen, wenn sie sich – wie in Stuttgart-Mitte – auf nur vier Quadratkilometer verteilen. Konkret bedeutet das für Horb in den Worten der Stadtverwaltung: „In manchen Bereichen wird eine zentrale Wärmeversorgung über ein Fernwärmenetz wirtschaftlich einfach nicht darstellbar sein.“ Also: Es lohnt sich nicht überall. In diesen Bereichen sollen Energieagentur und Stadtwerke Eigentümer von Gebäuden beraten und unterstützen.

Empfingen und Eutingen, die mit Horb einer Verwaltungsgemeinschaft angehören, müssen keinen Wärmeplan erstellen – dürfen aber. Dann käme laut Auskunft der Stadt wiederum die Energieagentur als Beraterin zum Zuge, deren Mitgesellschafter Empfingen und Eutingen sind.

Nicht über Stadtgrenzen hinaus

Ein Ausbau des Wärmetransfers über die kommunalen Grenzen hinaus ist nach Einschätzung der Horber Verwaltung kein gangbarer Weg – und zwar nicht aus politischen, sondern aus physikalischen Gründen. Mit der Beispiel-Überlegung konfrontiert, Abwärme aus einem Tumlinger Industriebetrieb in Grünmettstetten nutzbar zu machen, argumentiert die Stadt: Zum einen benötigten die Gebäude in diesem Teilort ein höheres Temperaturniveau als Gebäude in einem Neubaugebiet. Zum anderen ginge auf der wenigstens drei Kilometer lange Strecke zu viel Wärme verloren, um das System wirtschaftlich und bedarfsgerecht zu betreiben. Visionär ergänzt die Verwaltung: „Hier müssen andere Ansätze gefunden werden, die den möglichst verlustfreien Energietransport auch über größere Strecken zulassen.“ Diese stehen jedoch derzeit – noch – nicht zur Verfügung.

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Erstellt:
24.11.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 45sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2020, 01:00 Uhr

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