Ausblick

„Horb steht im Moment so gut da wie noch nie“

Im SÜDWEST PRESSE-Gespräch erklärt Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger, was im neuen Jahr 2017 auf die Neckarstadt zukommt, welche Ziele er sich gesteckt hat und was er machen würde, wenn die Wahl zum Horber OB in diesem Jahr nicht zu seinen Gunsten ausgehen sollte.

14.01.2017

Von Dagmar Stepper, Maik Wilk, Benjamin Breitmaier

Bild: Kuball

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Wenn alles gut geht, können die Horber Ende des Jahres ordentlich shoppen gehen, und glückliche Feuerwehrkameraden feiern ihr neues Zuhause auf dem ehemaligen Kasernenareal. Bei anderen Themen wie dem Ziel „Klimaneutrale Kommune“ oder dem Gewinn von Arbeitsplätzen sieht es für Horb weit weniger rosig aus. Im SÜDWEST PRESSE-Interview gibt Oberbürgermeister Peter Rosenberger einen Überblick, welche großen Themen die Neckarstadt im Jahr 2017 bewegen.

SÜDWEST PRESSE: Herr Rosenberger, welche großen Projekte wollen Sie 2017 angehen?

Peter Rosenberger: Das Feuerwehrzentrum auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne ist ein großes Thema, das es abzuschließen gilt. Ansonsten werden wir vor allem in den Breitbandausbau gehen. Wir haben den Zuschussbescheid vom Wirtschafts- und Finanzministerium im Innenministerium abgeholt. Wir haben ja für die
Ortschaften Betra, Dettlingen, Ahldorf, Dießen bis nach
Dommelsberg runter also auch für Empfingen mit Förderanträge gestellt, um Breitbandkabel zu verlegen.

Die meisten Ihlinger sind nicht gerade begeistert, was den Breitbandausbau angeht. Wird die Stadt hier helfen können?

Ihlingen ist in unserer Planung auch dabei. Ende 2017 werden wir die Infrastrukturen geschaffen haben. Und dafür hat uns das Land 880 000 Euro zur Verfügung gestellt.

Bleiben wir noch kurz beim Feuerwehrzentrum: Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Kameraden dieses Jahr noch einziehen können?

Wir gehen davon aus, dass zum Jahresende 2017 der Umzug stattfinden kann. Gut, das ist eine Großbaustelle, da kann sich immer etwas verzögern, aber bisher sind wir im Zeitplan. Mit 4,6 Millionen Euro ist es eines der größten Investitionsprojekte, das die Stadt in den vergangenen Jahren selbst gestemmt hat. Damit können wir zum einen die Zukunftsfähigkeit der Feuerwehr gewährleisten und zum anderen wird am Neckar damit eine Fläche frei, auf der in den kommenden Jahren eines der größten städtebaulichen Projekte Horbs stattfinden wird. Auf einer Fläche, die der Stadt schon gehört.

Heißt, 2017 wird man diese Spielwiese schon vorbereiten?

Ja, unser wichtigster Partner an dieser Stelle ist die Duale Hochschule. Sie sehnt sich danach, alles an einem Fleck zu haben ohne eine Außenstelle in der Kaserne. Außerdem könnte sie am Neckar etwas Neues einrichten. Die Bibliothek ist zu klein, die Hörsäle sind zu klein, das spielt alles eine Rolle. Wir selbst bräuchten zumindest aus meiner Sicht ein kleines Kongress-Zentrum. Wir haben sowas nicht und sehen immer, wie andere Städte auf einmal die Hotels füllen, in dem sie einen kleinen Kongress zu irgendeinem Thema haben. Wir können nicht einfach mal 200 Leute ganz spontan bei uns übernachten lassen , weil wir sie auch gar nicht unterbringen in den Räumlichkeiten. Da bietet sich auf dieser Fläche eine richtige Chance.

Ein Studentenwohnheim, war das nicht auch mal ein Thema?

Das gehört für mich zum Campus ganz automatisch dazu. Da gehört eine gescheite Mensa rein, da gehört ein Café rein, gerne eine Kneipe, da gehört auch Wohnen dazu – nicht nur studentisches Wohnen. Vielleicht auch ein Teil des Bauwerks mit Büros für Start-ups. Es muss sich nicht alles in der Kaserne abspielen, sondern auch am Neckar hätte man hervorragende Chancen. Dieser Prozess wird 2017 beginnen. Wir haben das einem Architekten so mitgegeben und vier verschiedene Szenarien skizzieren lassen. Diese wurden in einer Klausurtagung dem Gemeinderat vorgestellt. Einfach mal als Ideengeber, damit die Räte anfangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Bis dann Geld da ist, bis gebaut wird, das dauert sicherlich Jahre. Aber da sind wir schon im Vormarsch.

Gemeinderat, gutes Thema. Wo tagt dieser eigentlich, wenn das Feuerwehrhaus abgerissen wird?

Da sind wir Horber nicht wirklich verwöhnt und auch Leiden gewöhnt. Ich bin immer neidisch, wenn ich in anderen Städten bin. Egal, wo ich bin, es ist überall würdevoller angelegt als bei uns. Als Lagebesprechungsraum ist das Feuerwehrhaus richtig gut, aber nicht als Sitzungssaal. Natürlich könnten wir auch in einer Turnhalle tagen, aber ich hoffe, dass das Gremium da künftig auch an sich selbst denkt. Weil ich glaube schon, dass anders diskutiert und miteinander umgegangen wird, wenn man in einem ehrwürdigen Saal sitzt. Den haben wir nicht. Das heißt, wir werden vielleicht etwas Modernes entwickeln müssen. Das kann in der
Kaserne entstehen, kann aber auch im Fruchtkasten entstehen, der das nächste städtebauliche Projekt ist.

Wird die Entscheidung nächstes Jahr getroffen?

Vielleicht. Also ich finde, man muss Entscheidungen nicht immer vor sich herschieben. Die Frage ist aber auch, was mit der Polizei passiert. Und da warten wir gerade auf ein endgültiges Signal. Die Planung ist abgeschlossen, die Polizei könnte jederzeit ausziehen und mit dem Neubau starten und nach Fertigstellung umziehen. Aber die neue Landesregierung hat die Polizei noch im Prüfstatus, da wird das ein oder andere hinterfragt. Und solange das „Go“ nicht da ist, passiert eben nichts.

Welche Großbaustellen stehen 2017 an? Es kommen ja einige große Projekte auf die Horber Bürger zu, allen voran der Neubau des Busbahnhofs. Welche Rolle nimmt dieses Projekt ein?

Es ist mit Sicherheit das Projekt, das die Stadt am meisten einschränken wird. Das wird 2017 eine riesige Herausforderung. Schließlich wird direkt neben dem EKZ auf kleinster Fläche gearbeitet und das unter Vollbetrieb. Das wird logistisch eine schwierige Aufgabe – dafür ist es danach eine immense Verbesserung. Der Busbahnhof wird endlich barrierefrei sein und auch optisch etwas hermachen.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass EKZ und Busbahnhof pünktlich fertiggestellt werden?

Das EKZ ist voll im Zeitplan und die Baufirmen sind auch sehr ehrgeizig, schließlich gibt es da auch vertraglich abgesicherte Termine mit Händlern. Unser Busbahnhof ist vertraglich natürlich ebenfalls abgesichert, da kommt es aber auf eine Woche hin oder her nicht so an. Aber zum Schluss sollte bestenfalls beides gleichzeitig fertig sein und in letzter Zeit haben wir es immer geschafft, unsere Bauprojekte pünktlich fertig zu stellen. Das beste Beispiel dafür ist die Altheimer Straße und trotzdem gab’s Kritik wegen Lärm und Stau. Wir werden noch viele weitere Baustellen haben. Wenn ich mir meinen Haushalt für dieses Jahr anschaue, dann werde ich nochmal zusätzliche Mittel in den Tiefbau schieben. Das geht in den Straßenbau. Das ist toll für die Ortschaftsbudgets, weil die sonst nicht im Tiefbau drin sind. Also mittelfristig gehe ich davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren pro Jahr zusätzliche 100 000 Euro zur Verfügung haben werden und 2017 sind es sogar 150 000 bis 170 000 zusätzlich.

Wo werden die Mittel beispielsweise eingesetzt?

Die Ortsdurchfahrt Mühringen ist ein großes Thema dieses Jahr. Oder auch der Eyachtal-Radweg soll angegangen werden.

Wie sieht’s denn mit dem eigenen Haus aus? Am Rathaus bröckelt ja der Putz.

Ja, das ist auch so eine Dauerbaustelle, wie alle historischen Gebäude. Aber das Denkmalamt war da und hat seine Einschätzung abgegeben. Da werden wir auch 240 000 Euro in die Fassade investieren müssen, davon übernehmen wir selbst 50 Prozent. Das hat optisch zwar einen Mehrwert, aber damit ist noch nicht eine Aufgabe in der Verwaltung mehr gelöst.

Neben den Erfolgsmeldungen gibt es aber auch noch das Ziel „Klimaneutrale Kommune“. Da läuft es nicht wirklich rund. Gerade wenn man die Windkraft jetzt völlig aus dem Spiel nimmt, wie ist das Ziel dann überhaupt noch zu erreichen?

Das Ziel „Klimaneutrale Kommune 2050“ war sehr ehrgeizig gesetzt, doch wir sind immer noch viele Schritte weiter als andere.

Aber die Windkraft wird jetzt fehlen.

Das stimmt. In dieser Konzeption war regenerative Energiegewinnung aus Wind ein großer Faktor. Aber da der im Augenblick zumindest auf eigener Gemarkung wenig Chancen hat, müssen wir uns nun überlegen, wie wir das Ziel trotzdem erreichen können. Entweder wir machen eine Zielanpassung oder man sucht nach neuen Wegen und Ideen. Wir wollen Letzteres machen. Frage ist: Wollen wir uns an Windparks beteiligen? Ich finde, dass der Mehrwert am größten ist, wenn in der eigenen Stadt gebaut wird, aber wenn wir uns, weil es von der Mehrheit gewünscht wird, woanders beteiligen sollen, dann gerne. Am besten in Baden-Württemberg, wo man auch einen Bezug dahin aufbauen kann. Da sind unsere Partner, die Stadtwerke Tübingen, auch eine Chance. Die investieren sehr viel in Windparks und vielleicht kriegen wir an dieser Stelle das Projekt auf die Schienen.

Das ist die letzte Chance oder?

Sonst wird’s schwierig. Denn dann ist klar, dass wir die Prozentsätze, die für Windenergie eingeplant waren, rausnehmen müssen. Das wäre aber schade. Wir machen an allen Themen ordentlich weiter, nur am Wind hakt‘s jetzt.

Kommen wir zu Horbs Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote ist niedrig, aber kann die Stadt denn mit mehr Arbeitsplätzen im kommenden Jahr rechnen?

Es wird schwierig werden, die Leute herzulocken. Ich denke, die Arbeitsplätze könnte man kreieren, die Frage ist: Kriegt man das Personal? Und da ist eben auch die Stadt gefragt. Es muss attraktiv sein, in Horb zu wohnen. Weil der Arbeitsplatz allein ist nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium. Für Familien können wir das schon leisten, weil unsere Kinderbetreuung sogar an allen Grundschulen wirklich gut ist. Das haben viele andere nicht. Das kulturelle Angebot ist für unsere Stadtgröße auch in Ordnung. Aber Kino, Theater, Einkaufen? Da muss man ehrlich sein. Unter den Kleinstädten sind wir da vielleicht noch gut aufgestellt, aber nicht gegen die größeren Player, die eben direkt vor der Haustür sitzen. Da ist der Vorteil mit Zug- und Autobahnanbindung auch schnell wieder ein Nachteil.

Stichwort Grundschulen: Wo wird denn im Bildungsbereich im Jahr 2017 investiert?

An den Schulen werden wir bei der Digitalisierung nachjustieren und etwa 40 000 Euro investieren, also nur in den Grundschulen. Hier wollen wir eine Konzeption entwickeln, wie wir in der ganzen Stadt einen gleichen Standard herstellen können. Bisher war’s so, dass Schulleiter mit ihren Fördervereinen selbstständig einen Computerraum ausgestattet haben. Wir haben manchmal noch auf Wunsch die Geräte geliefert, aber jede Schule hat das anders gelöst. Dadurch bringen Schüler, die an weiterführende Schulen kommen, keine einheitlichen Standards mit. Das wollen wir aufeinander abstimmen.

Wenn man das Jahr 2017 anschaut, könnte es sein, dass Sie an dessen Ende nicht mehr Oberbürgermeister von Horb sein werden. Was macht Peter Rosenberger eigentlich, wenn er nicht mehr gewählt wird?

Das ist ein Thema, mit dem ich mich gar nicht beschäftige. Wenn ich Angst davor hätte nicht gewählt zu werden, hätte ich nach dem Mannheimer Wahlkampf oft genug die Chance gehabt, auszusteigen. Aber ich habe immer gesagt, Mannheim ist für mich eine Herzensangelegenheit, das ist einfach Heimatstadt und ansonsten bin ich hier in Horb. Und Entschuldigung, ich habe den Laden hier in einer echten Krise übernommen und da wollte keiner. Keiner wollte hier OB werden. Ich hab es gemacht und Horb steht im Moment so gut da wie noch nie.

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Erstellt:
14.01.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 6min 31sec
zuletzt aktualisiert: 14.01.2017, 01:00 Uhr

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