Wirtschaft

Horbs Keimzelle von Start-ups und Existenzgründern

Im Horber Innovationspark bekommen nicht nur Jungunternehmer eine Chance, sondern es ist auch ein Versuch, die digitale Zukunft zu meistern.

15.08.2018

Von Dagmar Stepper

Was verbirgt sich hinter diesen Mauern? Die SÜDWEST PRESSE auf Rundgang mit Wirtschaftsförderer Axel Blochwitz. Bilder: Kuball

Was verbirgt sich hinter diesen Mauern? Die SÜDWEST PRESSE auf Rundgang mit Wirtschaftsförderer Axel Blochwitz. Bilder: Kuball

Es ist sein Baby, und Axel Blochwitz ist ein wenig stolz darauf: Horbs Wirtschaftsförderer steht auf dem ehemaligen Kasernengelände, hinter ihm reckt sich das Gebäude Nummer 10 in die Höhe. „Horber Innovations Park“ steht in weißen Großbuchstaben auf blauem Untergrund. Doch was verbirgt sich hinter diesen Mauern? Welche Innovationen werden ausgetüpfelt, welche Start-ups planen hier die Welt von morgen? Wem gewährt der Wirtschaftsförderer hier Unterschlupf? Blochwitz öffnet die Tür und bittet die SÜDWEST PRESSE herein. Wir dürfen selbst mal spicken.

Im Treppenhaus ist es angenehm kühl, wenig erinnert noch an den alten Bundeswehrstandort. Von den Fluren aus gehen Zimmer rechts und links ab. In der Ferne erklingt eine Trompete. „Die Musikschule hat hier einen Unterrichtsraum. Denn der Hohe Giebel platzt aus allen Nähten“, erklärt Blochwitz den fragenden
Gesichtern.

Oha. Im Horber Innovationspark wird also nicht nur gegründet und gestartuped, sondern auch aus misslichen Lagen gerettet. Blochwitz erläutert die Geschichte: „Der Innovationspark wurde nicht feierlich eröffnet, er ist einfach gewachsen.“ 2012 – damals gehörte das Gelände noch der Bundeswehr – mietete die Stadt den unteren Stock für die Duale Hochschule an. In diesen Tagen kam auch einer auf den Wirtschaftsförderer zu, der Räume für IT-Schulungen suchte. „Da hab ich zum OB gesagt: Wenn wir eh den Winter über heizen müssen, können wir das Gebäude auf für andere Mieter öffnen“, erzählt Blochwitz. Und so geschah es dann auch.

Im Mai 2013 kaufte die Stadt das Kasernenareal. Seither entsteht auf dem Hohenberg ein neues Quartier, das Firmen Fläche und in einigen Jahren auch bis zu 400 Menschen Wohnraum gewährt. Der Innovationspark wächst mit. „Wenn jemand kam, dann haben wir Räume vermietet“, sagt Blochwitz. Das ist auch heute noch so. Es ist ein ständiger Wechsel. „Der erste Schwung ist schon wieder draußen“ berichtet er.

Das entspricht dem Konzept: „Hier parken für kleines Geld und dann wieder raus“, beschreibt es Blochwitz salopp. Man kann auch sagen: Existenzgründern einen Anschub geben. Die Miete liegt anfangs bei 3 Euro pro Quadratmeter, später wird sie auf 5 Euro erhöht. „Wir sagen vom 1. Tag an: ‚Bitte hier nicht bleiben!‘“, sagt Blochwitz.

Die meisten Büros messen zwischen 18 und 20 Quadratmeter, es gibt aber auch größere. Blochwitz öffnet ein leeres. Hohe Decken, weiße Wände, blauer Fußboden. Zwei bis drei leere Büros hält er immer auf Halde; für dringende Fälle sozusagen. So wie bei Hans-Uwe Beier: Dessen Anwaltskanzlei ist vor einigen Jahren bei einem Gewitter abgesoffen, er brauchte innerhalb von Stunden neue Räume. Die fand er im Innovationspark. Beier ist immer noch dort. „Gründer sind ja meist junge Leute, die einen juristischen Rat brauchen“, erklärt Blochwitz.

Zwei Fußpflegerinnen hat er kürzlich Büros vermietet. „Sie können hier in Horb jetzt Fuß fassen und später in die Unterstadt ziehen“, meint Blochwitz. Beim Rundgang erzählt er von erfolgreichen Auszügen aus dem Innovationspark: Der Ernährungsberater Sven Bach hatte hier ein Büro, inzwischen hat er beim Fitness-König ein viel größeres. Oder Christian Ott, Leiter der Musikschule Lautpegel, der mittlerweile in der Hirschgasse unterrichtet.

Wir gehen weiter den Flur entlang. Im Innovationspark finden sich etliche Non-profit-Organisationen wie der Nabu, die Frauenhilfe und der Tierschutzverband. Und es gibt Firmen, die sehr profitabel agieren und ihren Deutschland-Sitz in der Geschwister-Scholl-Straße haben. Avet gehört dazu. Die Schweizer Firma hat sich auf Reinigungsprodukte spezialisiert und wollte auch den deutschen Markt erobern. Wie ist Avet auf den Innovationspark gestoßen? Stephan Häussler lacht: „Ganz einfach, über Immoscout.“ Das war 2013. Häussler kann sich noch gut erinnern. „Es war ein Glücksfall“, sagt er. Denn neben den Büroräumen konnte er auch die ehemalige Waschküche mieten. Hier werden die Reinigungsprodukte getestet. „Wir haben die eierlegende Wollmilchsau bekommen“, lautet sein Fazit. Blochwitz hört das gern.

Es gibt diese Erfolgsgeschichten, aber es gibt auch Existenzgründer, die es nicht schaffen. Doch Blochwitz sieht darin keinen Makel. Scheitern kann neue Wege eröffnen. Bei manchen musste der Wirtschaftsförderer auch mal Tacheles reden, wenn zum Beispile die Miete nicht bezahlt wird. Das gehört ebenfalls zu seinem Job, aber darüber redet er nicht so gern.

Manche packen es auch nicht

Blochwitz redet lieber über das nächste große Projekt im Innovationspark: den Digital Hub. Das wird einen neuen Schub geben, ist er sich sicher. Horb wird in der Region Nordschwarzwald zum Knotenpunkt, der kleineren und mittelständischen Unternehmen bei ihrem Weg in die Digitalisierung Schützenhilfe leistet. Das Dachgeschoss wird dafür ausgebaut. Noch ist hier außer dem nackten Fußboden nicht viel zu sehen, aber Blochwitz schwärmt schon von den Seminarräumen und Büros, in denen Schulungen und Weiterbildungen für das digitale Zeitalter fit machen sollen. Hier sollen auch Netzwerke entstehen, einer der Lieblingsbegriffe des 21. Jahrhunderts. Blochwitz benutzt ihn ebenfalls sehr gern. Für ihn ist der Innovationspark ein Synonym fürs Netzwerken.
Da passt es gut, dass vor drei
Wochen BWCon eine Geschäftsstelle im Innovationspark eröffnet hat. BWCon ist spezialisiert auf digitale Transformationsprozesse bei Unternehmen, bietet eine Plattform zur Begegnung und Vernetzung.

Da gerät Blochwitz wieder ins Schwärmen. Unterm Dach der Digital Hub und IT-Firmen, in der Mitte Ankermieter und kurzfristige Vermietungen, unten die Duale Hochschule. Nicht zu vergessen, das Innonet-Kunststoff-Center, auch so ein Baby von Axel Blochwitz: In diesem Netzwerk engagieren sich mehr als 100 Unternehmen. Klingende Namen wie Fischer und Arburg sind dabei. Auch hier wird genetzwerkt. Die Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald ist ebenfalls im Innovationspark vertreten – ein weiterer Kandidat, um den Standort Horb zu stärken.

Der Rundgang ist beendet, wir treten wieder ins Freie. Blochwitz blickt an dem Gebäude hoch. Sein Blick bleibt am Banner hängen. „So verändern sich die Jobs“, sinniert er. „Früher habe ich Grundstücke verkauft, heute mache ich so was. Aber ich hab ja keine Grundstücke mehr“, sagt der Wirtschaftsförderer und verabschiedet sich.

Axel Blochwitz

Axel Blochwitz

Für Stephan Häussler nennt den Innovationspark einen Glücksfall.

Für Stephan Häussler nennt den Innovationspark einen Glücksfall.

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Erstellt:
15.08.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 15.08.2018, 01:00 Uhr

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