„Humor kann eine Waffe sein“

Interview mit Moderator Pierre M. Krause

Der Moderator Pierre M. Krause findet: Gerade in Zeiten, in denen es wenig zu lachen gebe, müsse man lustig sein. Ein Gespräch über seine Arbeit, private Zurückhaltung und eine wenig lustige Ausbildung.

05.07.2019

Von David Nau

Für seine Sendung „Krause kommt!“ quartiert sich Pierre M. Krause für eine Nacht bei Prominenten ein. Hier bei Schauspielerin Christine Urspruch in Stuttgart. Foto: SWR/Encanto/obs

Für seine Sendung „Krause kommt!“ quartiert sich Pierre M. Krause für eine Nacht bei Prominenten ein. Hier bei Schauspielerin Christine Urspruch in Stuttgart. Foto: SWR/Encanto/obs

Mit Schlagersänger Michael Wendler hat er sich schon betrunken, mit Schauspieler Hannes Jaenicke philosophierte er bei Zigarre, und bei Modedesigner Harald Glööckler bekam er ein ganzes Gästehaus. Für seine Sendung „Krause kommt!“ quartiert sich Pierre M. Krause bei Promis ein. Am Freitag (22.30 Uhr/SWR) startet die neue Staffel.

Herr Krause, haben Sie heute schon einen Gag gerissen?

Pierrre M. Krause : Ich hatte heute weder die Möglichkeit noch den Bedarf, einen Gag zu reißen. An sich bin ich nicht so der Reißer-Typ.

Waren Sie schon immer lustig?

Ich war kein Klassenclown. Ich bin wie viele in diesem Gewerbe im privaten Leben sehr schüchtern und zurückhaltend – ich sage das nicht aus Koketterie. Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt und kann das als Therapiemaßnahme mit meinem Beruf recht gut kompensieren. Ich glaube aber, einen „Grundhumor“ muss man schon in sich tragen. Ohne „funny bones“ wirkt Humordienstleistung meistens aufgesetzt.

Wie passt da die eher humorlose Ausbildung zum Bankkaufmann dazu, die Sie vor Ihrer Fernsehkarriere absolviert haben?

Komik hat auch oft mit Scheitern zu tun. Komik ist Tragik in Spiegelschrift, ohne Ernsthaftigkeit gibt es keine Fallhöhe zum Lustigen. Und die gab es damals zu genüge. Ich war 16 und hatte keine Ahnung, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Außerdem wusste ich instinktiv, dass es für meine eigentliche Aufgabe, was auch immer diese sein sollte, noch zu früh ist. Ich habe versucht, im bürgerlichem Tarnmantel die familiären Gemüter kurzzeitig zu beruhigen. Heute dienen solche Erfahrungen vor allem als Materialsammlung fürs Komödiantische.

Inwiefern?

Man lernt Charaktere kennen. Ich wurde damals in eine Bürositcom katapultiert und durfte Charakterstudien machen, von denen ich heute beim Schreiben noch zehre. Außerdem finde ich es ganz gut und hilfreich, vor einer Karriere im Showgeschäft das echte Leben kennen gelernt zu haben. Da unterscheidet sich das Showbusiness kaum von der Politik. Wie in vielen anderen Punkten auch.

Für die neue Staffel ihrer Sendung „Krause kommt!“ haben Sie sich wieder bei Prominenten einquartiert. Auf wen haben Sie sich am meisten gefreut?

Ich freue mich immer auf alle, bin gleich neugierig. Interessant wird es immer dann, wenn man selbst Vorurteile hat, die man während der Begegnung widerlegt bekommt oder bestätigt. Das gilt für beide Seiten.

Gab es Momente, die Sie komplett überrascht haben?

Ich führe dort Gespräche, keine Interviews. Das bedeutet natürlich, dass man sich selbst einbringen muss. Obwohl ich sonst sehr darauf achte, mein Privatleben weitgehend bedeckt zu halten, werde ich selbst schon recht persönlich in diesem Format. Für mich ist das bis heute ungewohnt und ich bin überrascht, wie viel auch ich von mir preisgebe. Es gibt in jeder „Krause kommt“-Folge eine kleine Überraschung. Das gehört zum Charme dieser Sendung.

Sie kommen ihren Gesprächspartnern auch sehr nahe. Fühlt sich das nicht manchmal komisch an?

Ich komme ja nicht rein und sage: „Erzähl mal, wie dein Vater gestorben ist.“ Das ist eine langsame, sehr sensible und auf viel Empathie beruhende Entwicklung, die da stattfindet. Irgendwann realisiert man gar nicht mehr so richtig, dass da ein Fernsehteam dabei ist. Ich tue das aber nicht, um die Tränen rauszukitzeln oder Geheimnisse zu lüften. Ich interessiere mich in diesem Moment tatsächlich für den Menschen. Das sollte man grundsätzlich, wenn man ein ernst gemeintes Gespräch führt.

Sie sind mit ihrer Late-Night-Show schon seit 15 Jahren im Geschäft. Macht's denn noch Spaß?

Wenn es keinen Spaß machen würde, würde ich es nicht machen. Die Sendung selbst bereitet mir – und den Zuschauern hoffentlich auch – immer noch Freude, das kreative Feuer brennt weiter. Auch wenn einige produktionsbedingten Umstände sich nach Löschversuchen anfühlen.

Finden Sie es schlimm, dass ihre Show nur in der Sparte, meist spätabends im SWR, zu sehen ist?

Schlimm finde ich Kriege, soziale Ungerechtigkeit und die kontinuierliche Zerstörung dieses Planeten. Das andere finde ich lediglich merkwürdig.

Sie hatten kürzlich einen Mini-Auftritt bei Jan Böhmermann. Sind Sie neidisch, wie präsent der Spartenkomiker Böhmermann ist?

Ich bin nicht neidisch. Wenn ich bei einem Kollegen in einem Live-Programm sitze, dann bin ich derjenige, der am lautesten lacht und klatscht, der feuchte Hände bekommt, wenn ich merke, dass ein Gag nicht ankommt. Neid bedeutet ja auch immer, dass man Erfolg nicht gönnt. Diese Charaktereigenschaft scheint bei mir verkümmert zu sein.

Wer die Nachrichten sieht, hat wenig zu lachen: Klimakrise, Rechtsterrorismus, Pflegenotstand. Wie behält man trotzdem seinen Humor?

Es ist wichtig, dass man gerade dann seinen Humor behält. Humor kann eine Waffe sein, aufrütteln, zum Nachdenken anregen. Er ist das Seil, an dem ich mich aus Krisen ziehe. Humor ist eben weitaus mehr als einen Gag zu reißen.

Vom Klinikfunk zum SWR-Fernsehen

Zur Person Der Moderator, Buchautor und Schauspieler wurde in Karlsruhe geboren und absolvierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann seinen Zivildienst in einem Pflegeheim. Am Wochenende moderierte der 42-Jährige den Klinikfunk. Seit 2005 moderiert er im SWR Fernsehen eine wöchentliche Late-Night-Show, die seit 2016 „Die Pierre M. Krause Show“ heißt. Er lebt in Karlsruhe.

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Erstellt:
05.07.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 36sec
zuletzt aktualisiert: 05.07.2019, 06:00 Uhr

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