Prozess

Hunderte Male, jahrelang - Sporttrainer wegen Missbrauchs vor Gericht

Ein Sporttrainer soll seine Schützlinge über Jahre hinweg sexuell genötigt haben. Jetzt steht er vor Gericht.

28.04.2022

Von lsw

Der Angeklagte wird in den Gerichtssaal im Landgericht in Stuttgart geführt.

Der Angeklagte wird in den Gerichtssaal im Landgericht in Stuttgart geführt.

Stuttgart. Die meisten seiner Schützlinge hatten vor allem Angst, nicht mehr zur Mannschaft zu gehören, nicht mehr gefördert zu werden von dem Trainer, dem sie Vertrauen geschenkt hatten. Das soll der Jugendcoach aus Fellbach (Rems-Murr-Kreis) ausgenutzt haben. Hunderte Male. Jahrelang. Regungslos verfolgt er am Mittwoch im Stuttgarter Landgericht die Vorwürfe, die der Staatsanwalt minutenlang und monoton verliest, diese ellenlange Liste der Taten, detailreich und erbarmungslos. Dann gesteht er, kurz und umfassend, den schweren sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen, der ihm zur Last gelegt wird.

„Für mein Handeln übernehme ich die volle Verantwortung“, heißt es unter anderem in der von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung. Seine früheren Schützlinge, deren Angehörige und auch den betroffenen Verein in Fellbach bittet er um Entschuldigung.

Mit Geschenken bestochen

Rund 15 Jahre lang soll der Ehrenamtliche Kinder und Jugendliche in drei Vereinen trainiert und Vertrauen aufgebaut haben. Gefügig machte er sie nicht nur durch Druck, sondern auch durch Geschenke und gemeinsames Computerspielen. Die Staatsanwaltschaft dokumentiert in ihrer Anklageschrift mindestens 500 Handlungen an meist 12- und 13-Jährigen, teils an Jugendlichen, aus den Jahren 2006 bis 2021.

Die Enthüllungen über die mutmaßlichen Verbrechen des Jugendtrainers hatten im Verein und in der Stadt Fellbach Entsetzen ausgelöst. „Der mutmaßliche Täter hat Leid über viele Kinder, Jugendliche und Familien gebracht, welches schwer auszuhalten ist“, hatte der Verein Mitte Dezember erklärt. Von dem Mann habe man sich bereits im Januar 2019 „aufgrund sportlicher Differenzen“ getrennt. Allerdings müssten sich alle die Frage stellen, ob sie nicht aufmerksamer hätten sein müssen.

Alle Betroffenen sind männlich. Vorgeworfen werden dem Mann schwerer sexueller Missbrauch, der Besitz kinder- und jugendpornografischen Materials und der Missbrauch Schutzbefohlener. Bislang sind sieben Verhandlungstage angesetzt. dpa

 



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Erstellt:
28.04.2022, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 53sec
zuletzt aktualisiert: 28.04.2022, 06:00 Uhr

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