Empfingen/Berlin · Parteien

„Ich bin schon konservativ, aber nicht verbohrt“

Ab Freitag bestimmt die Bundes-CDU über ihren neuen Vorsitzenden, der möglicherweise auch der nächste Kanzler-Kandidat wird. Auf dem Parteitag ist der Kreisverband Freudenstadt mit nur einem Delegierten vertreten: Ferdinand Truffner.

14.01.2021

Von Manuel Fuchs

„Ich bin schon konservativ, aber nicht verbohrt“

Empfingens Bürgermeister Ferdinand Truffner vertritt den Kreisverband Freudenstadt beim CDU-Bundesparteitag, auf dem die Delegierten den nächsten Parteivorsitzenden und möglichen Kanzlerkandidaten bestimmen werden. Er stand der SÜDWEST PRESSE vorab im Telefoninterview Rede und Antwort; weitere prominente CDU-Mitglieder haben wir schriftlich um ihre Einschätzung gebeten – siehe unten.

SÜDWEST PRESSE: Herr Truffner, Sie haben uns schon wissen lassen, dass Sie der einzige Delegierte des Landkreises Freudenstadt beim CDU-Bundesparteitag sein werden. Warum gibt es keinen zweiten?

Ferdinand Truffner: Maßgeblich dafür ist, wie viele Mitglieder der jeweilige CDU-Kreisverband hat. Und das sind im Landkreis Freudenstadt – verglichen mit anderen Landkreisen – eben nicht so viele. Der Landkreis Tübingen stellt auch nur einen der insgesamt 1001 Delegierten, glaube ich, Biberach zum Beispiel hat deutlich mehr.

Wie ist es dazu gekommen, dass die Wahl schließlich auf Sie als Delegierten fiel?

Ich bin nur der zweite Ersatz. Eigentlich hatte der Kreisparteitag Juliane Vees gewählt, sie kann aber wegen Terminkollisionen nicht. Als erster Ersatzkandidat war Sebastian Kiss vorgesehen, aber er hat seinen Wohnsitz verlegt und ist jetzt Bürgermeister von Schallstadt bei Freiburg.

Glauben Sie, dass ein virtueller Parteitag grundsätzlich anders abläuft als ein in Präsenz abgehaltener?

Ja, mir wird das Netzwerken fehlen, mal ein paar Worte mit einem Minister zu wechseln, Ideen und Erfahrungen mit anderen Delegierten auszutauschen – das ganze Drumherum, was aber fast genauso wichtig ist wie der offizielle Teil.

Und was die eigentliche Wahl betrifft?

Auf die Wahl des Parteivorsitzenden hat das Format keinen Einfluss, glaube ich. Die Verbände innerhalb der Partei haben sich ja auch schon orientiert und geäußert. Wenn die Frauen-Union sagt, man soll Friedrich Merz nicht wählen, dann ist das gesagt – online oder in Präsenz. Auch der Landesverband Baden-Württemberg hat sich schon geäußert, hier ist man eher pro Merz orientiert. Ich werde jedenfalls mit Jogginghose und Bier zuhause sitzen ...

... aber doch wenigstens ein Sakko griffbereit haben, falls Sie sich zu Wort melden wollen?

Nein, von mir gibt’s keinen Redebeitrag, da habe ich nichts zu sagen. Ich schaue mir das in Ruhe an, werde meinen Stimmzettel ausdrucken, ausfüllen, eintüten und in einen Briefkasten werfen.

Was sagen Sie dazu, dass kein Kandidat aus Baden-Württemberg dabei ist, nicht einmal im weiteren Umfeld erkennbar?

Ganz ehrlich: Wir hätten auch keinen. Wir müssen uns eher drauf konzentrieren, hier wieder den Ministerpräsidenten zu stellen – wenn es 2021 nicht klappen sollte, dann spätestens in fünf Jahren.

Welche Stärken braucht die CDU von einem Vorsitzenden derzeit besonders?

Dass er klare Kante fährt, ein klares Profil hat. So sehr ich Bundeskanzlerin Angela Merkel schätze und so gut sie ihre Arbeit macht: Ihr Profil ist nicht immer eindeutig erkennbar. Aber man braucht ein Profil, es schafft und gibt Orientierung. Sonst gründen sich in der Partei wieder Subgruppen und Flügel, vielleicht spalten sich sogar welche ab – das hilft nicht weiter. Eine Volkspartei muss das ganze Volk abbilden, und man braucht auch einen Schwerpunkt. Für mich sind das die soziale Marktwirtschaft und christliche Werte.

Welche Stärken braucht die BRD von einem Kanzler aktuell besonders?

Dass er auf dem schwierigen transatlantischen Parkett und dann auch in Europa funktioniert. Diese Stärke, die Angela Merkel zweifelsfrei hat, diese Zähigkeit und Verlässlichkeit, die muss der nächste Kanzlerkandidat einfach auch mitbringen.

Welcher der drei Kandidaten Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen ist der geeignete CDU-Vorsitzende?

Ich wähle Friedrich Merz. Herr Röttgen wäre ein sehr guter Außenminister. Aber er hat in meinen Augen einfach nicht so diesen Biss, von dem der Merz vielleicht ein bisschen zu viel hat. Alle drei Kandidaten haben alle ihre Stärken und ihre Schwächen. Auch in der Abwägung, was mir der Kreisverband mitgegeben hat, ist Friedrich Merz auf Position 1. Aber egal, wer es wird, ich werde weiterhin CDU-Mitglied bleiben. Vorsitzende kommen und gehen.

Und welcher Kandidat ist in Ihrer Meinung nach der geeignete Kanzler?

Friedrich Merz nicht unbedingt. Als Kanzlerkandidat kann ich mir ihn aktuell nicht vorstellen. Da fehlt noch so ein bisschen das Staatsmännische.

Aber ist der CDU-Vorsitzende nicht fast automatisch Kanzlerkandidat?

Da gibt es keinen Automatismus, die Zeiten sind vorbei. Der baden-württembergische Landesvorsitzende Thomas Strobel ist ja auch nicht Spitzenkandidat für die Landtagswahl.

Wenn nicht Friedrich Merz – wer soll sonst aus Ihrer Sicht Kanzler werden?

Ganz ehrlich: Der Söder wird irgendwann kommen und sagen: „Ich mach’s!“. Dann würde ich meine Erststimme dem Klaus Mack geben, und meine Zweitstimme der CDU. Ich bin schon konservativ, aber nicht verbohrt, kein Parteisoldat.

Haben Sie selbst politische Ambitionen, die über den Bürgermeisterjob in Empfingen hinausgehen?

Auf keinen Fall auf Bundesebene, wenn überhaupt, dann im Land. Aber momentan macht mir Empfingen so viel Spaß. Mit Katrin Schindele haben wir eine Top-Kandidatin für den Landtag, die sich sehr einsetzt und auch mal bei mir auf dem Rathaus nachfragt, wo es klemmt und wo wir Unterstützung gebrauchen könnten.

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