Anke Engelke

„Ich liebe Interviews“

Anke Engelke spricht über ihren neuen Film, ihre Zeit als Journalistin beim Rundfunk und was ihr davon in ihrem jetzigen Beruf geblieben ist.

22.02.2020

Von Martin Weber

Schauspielerin Anke Engelke Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Schauspielerin Anke Engelke Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Köln. Sie machte früher als Comedy-Queen Furore, konzentriert sich seit ein paar Jahren aber auf die ernsthafte Schauspielerei: Anke Engelke. Im ihrem neuen ARD-Krimi ist die 54-Jährige jetzt wieder als investigative Journalistin Karin Berger zu sehen, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Rommy Kirchhoff (Nina Kunzendorf) in Berlin einen Skandal um die skrupellose Ausbeutung von osteuropäischen Bauarbeitern aufdeckt.

Frau Engelke, in „Tödliche Geheimnisse“ spielen Sie wieder eine Journalistin. Haben Sie sich vor diesem Hintergrund auf unser Interview gefreut?

Anke Engelke: Total, ich liebe Interviews. Ich mag das sehr, Journalistenkollegen zu informieren und zu inspirieren. Vielleicht ja sogar zu begeistern? Interviews zu geben gehört zu meinem Beruf dazu, und ich mache das sehr gerne.

Sie waren ja früher selber Journalistin und haben als Redakteurin beim Radio gearbeitet. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Das waren prägende Jahre, und vor allem mein damaliger Chef Peter Stockinger vom Südwestfunk war ein ganz wichtiger Mensch und eine journalistische Leitfigur in dieser Zeit. Ich habe bei ihm gelernt, dass es im Job darum geht, fair und objektiv zu sein und möglichst wasserdicht zu recherchieren. Dass man stets bei den Fakten bleibt, immer eine kritische Distanz wahrt und die eigene Meinung, die man sich bildet, auch immer als eine solche zu erkennen gibt. Sonst ist es Manipulation. Menschen durch Berichterstattung zu manipulieren, ist nicht der Sinn von Journalismus, es geht um Aufklärung und Information.

Was hat Ihnen als Journalistin am meisten Spaß gemacht?

Ich mochte es, Interviews zu führen, und habe wahrscheinlich deshalb kein Problem damit, welche zu geben. Noch mehr Spaß hat mir aber immer die vorangehende Recherche gemacht, das Einarbeiten in ein Thema. Das war früher in den 80er und 90er Jahren ja noch eine ganz andere Arbeit, als das Internet noch nicht die zentrale Rolle gespielt hat. Man hat vor allem viel herumtelefoniert, musste sich seine Informationen also noch auf sehr mühsame Weise beschaffen.

Man hat viel mehr Gespräche geführt . . .

Genau, man hat viel mehr Gespräche geführt als heute. Außerdem wurde man angehalten, immer offene Augen und Ohren zu haben, um mitzukriegen, was den so genannten Mann von der Straße bewegt. Und genau das ist ja auch für die Journalistinnen in „Tödliche Geheimnisse“ der Anstoß für eine Recherche über Korruption und Ausbeutung im Baugewerbe. Als denen ein Bauarbeiter sozusagen tot vor die Füße fällt, ahnen sie, dass da etwas faul ist.

Was sich dann ja auch bewahrheitet. Was hat Ihnen denn weniger Spaß gemacht am Redakteursjob?

Am unangenehmsten war mir immer, wenn ich gemerkt habe, dass ich ein aufgezeichnetes Interview in der Sendung dann doch nicht verwenden konnte, aus Zeitgründen oder weil es thematisch dann doch nicht passte. Das war mir vor allem den Gesprächspartnern gegenüber total unangenehm, weil ich es manchmal fast respektlos fand oder das Gefühl hatte, deren Zeit und Einsatz verschwendet zu haben.

Könnten Sie sich vorstellen, wieder hauptberuflich als Journalistin zu arbeiten und die Schauspielerei an den Nagel zu hängen?

Nein, aber ich glaube, dass ich ganz viel vom alten Beruf in den neuen mitgenommen habe. Ich bereite mich sehr intensiv auf Rollen vor und recherchiere ausführlich zu den Themen, um die es geht. Das gilt für „Tödliche Geheimnisse“ und die Missstände in der Baubranche genauso wie beispielsweise für die Spionageserie „Deutschland 86“.

Wie würden Sie die Journalistin Karin Berger charakterisieren, die Sie in „Tödliche Geheimnisse“ spielen?

Sie ist auf jeden Fall sehr viel strukturierter als ich und auch als die von Nina Kunzendorf gespielte Rommy Kirchhoff. Karin ist der Kopf in dem Duo, das ja auch privat ein Paar ist, und Rommy ist der Bauch. Karin scheint ein gut funktionierendes Netzwerk zu haben an Kolleginnen und Kollegen, mit denen ein Austausch auf Augenhöhe stattfindet. Das gefiel mir während meiner Hörfunkzeit sehr: zu erleben, wie Auslandskorrespondenten einander kollegial unterstützen und wie Eitelkeiten weitestgehend zu Hause bleiben, weil Informationsvermittlung an erster Stelle steht.

Im Auto verliert Karin Berger allerdings schon auch mal die Nerven und beschimpft andere Verkehrsteilnehmer.

Stimmt, weil sie frustriert ist. Sie weiß nicht, wie es im Job weitergeht, und das gibt ihr kein gutes Gefühl und führt eben manchmal zu einem gewissen Kontrollverlust (lacht).

Sind Sie ein kontrollierter Mensch?

Nö, ich bin, glaube ich, total normal, was das betrifft. Ich raste nicht permanent aus, aber es gibt schon auch Situationen, wo ich schnell auf 180 bin.

Wann war es das letzte Mal soweit?

Neulich zu Hause in Köln. Ich saß in der Straßenbahn und habe einen Mann beobachtet, der einen Parkplatz freihielt für ein Auto. Als dann ein dicker SUV kam und da parken wollte, hat der junge Mann mit den Händen angedeutet, dass er den Platz freihält. Der Fahrer des SUV ist trotzdem in die Lücke gefahren und hat dabei den jungen Mann fast umgenietet! Da war ich kurz baff. Das sind ätzende Ego-Momente, die man im Alltag beobachtet und da rege ich mich auf, und wenn ich als Passantin unterwegs gewesen wäre, hätte ich was zu dem gesagt. Hoffe ich zumindest.

Info „Tödliche Geheimnisse – Das Versprechen“, an diesem Samstag, 20.15 Uhr, in der ARD.

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Erstellt:
22.02.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 42sec
zuletzt aktualisiert: 22.02.2020, 06:00 Uhr

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