Krankenhaus Freudenstadt

Im Bauprozess noch umgedacht

Das neue Freudenstädter Krankenhaus wird rund 90 Millionen Euro kosten. Kürzere Wege und moderne Technik sollen die Wirtschaftlichkeit erhöhen. 2021 belief sich das Defizit auf 9,7 Millionen Euro.

20.12.2022

Von Dunja Bernhard

Neubau Kreiskrankenhaus Freudenstadt. Bild: Karl-Heinz Kuball

Neubau Kreiskrankenhaus Freudenstadt. Bild: Karl-Heinz Kuball

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht bei der Anzahl der Krankenhäuser Einsparpotential. Derzeit sind es rund 1900. Er plädiert für eine Zentralisierung, die aufgrund dann höherer Fallzahlen in den Häusern zu einer Qualitätssteigerung bei der Behandlung führen würde. Dennoch wird in Freudenstadt derzeit ein neues Krankenhaus gebaut, allerdings ist es kein zusätzliches, sondern ersetzt das bisherige. Die Bettenzahl sinkt dabei von 343 auf 330.

Finanziert wird das mehr als 90Millionen Euro teure Projekt vom Land Baden-Württemberg und dem Landkreis. Das Land gibt 54 Millionen Euro, den Differenzbetrag muss der Landkreis aufbringen. Während für Krankenhausgebäude das Land zuständig ist, müssen die Betriebskosten vom Betreiber oder Gesellschafter aufgebracht werden – in diesem Fall vom Landkreis. Einnahmen generieren sich unter anderem durch Behandlungskosten – die nach Fallpauschalen abgerechnet werden – und das Pflegebudget, welches die Krankenkassen übernehmen.

Die Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt GmbH (KLF) erwirtschaftete in den vergangenen Jahren stets ein Defizit. 2021 waren es 9,7 Millionen Euro. Der Kreis musste über 6,5 Millionen Euro zuschießen.

Kürzere Wege im Neubau

KLF und Landkreis erhoffen sich vom neuen Gebäude mehr Wirtschaftlichkeit. „Im Altbau waren die Stationen auseinandergerissen“, erklärte KLF-Geschäftsführerin Monique Bliesener bei einem Gang durch die Baustelle. Im neuen Haus seien die Wege kürzer. Das Verhältnis von genutzter Fläche zu sogenannten Verkehrsflächen wird deutlich verbessert. Auf einer Ebene seien dann mehrere Stationen untergebracht. So verbessere sich die Funktionalität.

Das lichtdurchflutete Gebäude sorge für eine angenehmere Arbeitsatmosphäre. Das Treppenhaus hat eine gläserne Wand, durch die der Blick über Freudenstadt fällt. „Das soll motivieren, die Treppe statt des Aufzugs zu nehmen“, sagt Bliesener. Neben dem Gebäude wird ein Patientengarten angelegt, der auch für Physiotherapie genutzt werden kann. Für Patienten der psychiatrischen Station liegt der Garten geschützt im Inneren der vier Gebäuderiegel.

Für den Erhalt eines Krankenhauses in Freudenstadt spreche, sagt Bliesener, dass Patienten auch im ländlichen Raum rundherum versorgt sein sollen und alles „aus einer Hand bekommen“. Medizinische Versorgungszentren (MVZ), die zur KLF gehören, übernehmen die Voruntersuchungen.

Das neue Haus wird fünf Operationssäle haben. Zu zwei Sälen ist ein Zugang von außen möglich, so dass sie gut für ambulante Operationen genutzt werden könnten. Das ist eine weitere Forderung des Bundesgesundheitsministers: Wenn möglich künftig ambulant statt stationär zu operieren. Das spart Kosten. „Wir sind dabei umzudenken“, sagt auch Bliesener. Das Herzkatheterlabor und die Endoskopische Abteilung sind an die Tagesklinik angegliedert.

Um den Altbau an heutige Anforderungen anzupassen, wäre ein Umbau nötig gewesen, der laut Landrat Klaus Michael Rückert „um mehrere Millionen Euro teurer geworden wäre“ als ein Neubau. Die Arbeiten hätten bei laufendem Krankenhaus-Betrieb erledigt werden müssen. „Wir hätten sicher über zehn Jahre hier eine Baustelle gehabt.“ Die energetische Situation des bald 50 Jahre alten Gebäudes entspricht nicht heutigen Standards. Die Haustechnik ist so veraltet, dass keine Ersatzteile mehr beschafft werden können. Auch der Brandschutz ist mit dem heutigen Sicherheitsverständnis nicht mehr vereinbar.

Die Corona-Pandemie hat die Pläne für das neue Gebäude im Nachhinein noch verändert. So bekommt die Notaufnahme einen direkten Zugang von außen. An den Enden der Stationen können vier Infektionszimmer eingerichtet werden und auch die Anzahl der Bettpfannenspüler wurde erhöht.

Energie aus Biogasanlage

Wärme und Strom für das Krankenhaus kommen von der Bioenergie Freudenstadt, die im benachbarten Gewerbegebiet „Sulzhau“ eine Biogasanlage betreibt. Allerdings reichen die dort produzierten Energiemengen nicht aus und es muss zugekauft werden.

Das Krankenhaus wurde ohne PV-Anlage auf dem Flachdach geplant. An ein Nachrüsten ist derzeit nicht gedacht. Bliesener erklärt, dass eine PV-Anlage auf dem Dach des Klinikums nur vier Prozent des Strombedarfs des Krankenhauses decken könnte. Da sei der Aufwand, das Dach zu verändern, größer als der Gewinn. Bliesener betont, dass im neu zu bauenden Parkhaus Ladeplätze für E-Autos integriert werden und zudem vier Ladesäulen vor das Gebäude kommen. Rund 17000 Patienten werden im Freudenstädter Krankenhaus jährlich behandelt. Die Psychiatrische Abteilung ist laut Geschäftsführerin zu 92 Prozent ausgelastet, im somatischen Bereich komme das Klinikum auf rund 70 Prozent.

Geplant sei, das neue Krankenhaus spätestens im Frühsommer 2023 in Betrieb zu nehmen. Der Umzug vom alten ins neue Gebäude soll im laufenden Betrieb erfolgen. Das erspare Einnahmeausfälle.

Landrat Rückert spricht vom neuen Krankenhaus von einem Grund- und Regelversorger mit überdurchschnittlichem Angebot. Das Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Tübingen hat bereits mehrere zertifizierte Zentren und baut derzeit ein Adipositaszentrum auf. Über diese Zentren, die eng mit niedergelassenen Ärzten zusammenarbeiten, können die Patientenzahlen erhöht und weitere Einnahmen generiert werden.

„Das neue Krankenhaus wird ein Standortvorteil für Freudenstadt sein“, sagt Landrat Rückert. Bliesener ergänzt, dass durch die moderne Ausstattung die Attraktivität für Ärzte, Pflegekräfte und Studenten erhöht wird. Ein wichtiger Aspekt beim derzeitigen Fachkräftemangel.