Altpapiersammlung: Hoffen auf die Idealisten

Im Jahr 2018 sammelt der Landkreis Tübingen erstmals selber Altpapier ein

Die schwarze Altpapiertonne mit dem blauen Aufkleber des Landkreises ist ziemlich sperrig – und für enge Gassen und Hinterhöfe eine Herausforderung. Sie fasst 240 Liter. Da empfiehlt es sich, den zusätzlichen Mülleimer mit anderen Hausbewohnern zu teilen.

08.01.2018

Von Christiane Hoyer

Bis zum Jahresende ließ der Landkreis die bestellten Altpapiertonnen austeilen. Bild: Metz

Bis zum Jahresende ließ der Landkreis die bestellten Altpapiertonnen austeilen. Bild: Metz

Sibylle Kiefer, Leiterin des Abfallwirtschaftsbetriebs, teilt sich schon länger an ihrem Wohnort eine Altpapiertonne mit fünf anderen Miet-Parteien im Haus. „Am besten, man testet aus, wie man damit zurecht kommt“, sagt Kiefer. „Nachbestellen kann man immer noch.“

Im Landratsamt gingen bei der eigens dafür eingerichteten Hotline viele Anrufe ein. Manche wussten gar nicht mehr, dass sie bei der Behörde bereits einen kostenlosen Behälter fürs Altpapier bestellt hatten. Und vielen ist auch nicht so ganz klar, warum sie einerseits eine Tonne fürs Altpapier haben und andererseits weiterhin Zeitungen und Zeitschriften getrennt sammeln und bündeln sollen – für die gemeinnützigen Vereine. Niemand, so Kiefer, sei gezwungen, eine Altpapiertonne zu bestellen. Doch der Landkreis sah sich gezwungen, sie einzuführen. Seine Klage vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen gegen gewerbliche Anbieter, die mit eigenen Tonnen Papier einsammeln, war nicht erfolgreich. Als Kreisbehörde ist man auch bei fallenden Papierpreisen, die einen Rückzug privater Sammler zur Folge haben könnten, in der Entsorgungspflicht. So entschied sich der Kreistag 2016 nach langem Ringen mit den Vereinen zur Einführung der Altpapiertonne. „Es ist ein Kompromiss“, erklärt Kiefer.

Und dieser Kompromiss sieht so aus, dass der Landkreis einmal im Monat die Altpapiertonnen, in denen sich bevorzugt leichte Verpackungen und Kartonagen befinden sollen, leert. Die Vereine holen im Gegenzug alle zwei Monate das schwerere Altpapier – also Zeitungen, Zeitschriften und Werbebeilagen – ab, das die Bürger gebündelt vor die Haustüre stellen.

Welche Folgen die eingeführte Papiertonne des Landkreises für die Einnahmen der gemeinnützigen Vereine haben wird, ist noch unklar. Fest steht aber, dass von den bislang 50 Vereinen, die unter dem Dachverband VZR (Verein zur Förderung der Rohstoffrückgewinnung) Altpapier gesammelt haben, nur noch 25 übrig geblieben sind. Die Hälfte der ausgestiegenen Vereine führt vor allem Rentabilitätsgründe an. Bisher waren pro Sammeltag in der Regel sieben „Umleerfahrzeuge“ im Einsatz, erklärt der Vorsitzende Roland Schindler. Der Mietpreis für die Fahrzeuge liegt bei rund 550 Euro. Fürs Altpapiersammeln wiederum bekommen die Vereine einen Fixpreis von 50 Euro pro Tonne Altpapier. „Allein um die Einsatzfahrzeuge zu finanzieren, brauchen wir zirka elf Tonnen Altpapier pro Sammeltag“, rechnet Schindler vor. Bisher kamen die Vereine auf zirka 20 Tonnen Altpapier pro Sammeltag. Schindler spricht von einem „Reinerlös“ von 10 Euro pro Tonne.

Im Jahr 2017 haben die Vereine zehn Altpapiersammlungen im Kreis organisiert. Vor allem in Tübingen und den Stadtteilen reduzieren sich ihre Sammeltouren auf sechs im Jahr, in Mössingen und in vielen Rottenburger Stadtteilen wird es dagegen wie im Vorjahr zehn Bündelsammlungen geben. In Entringen, Pfäffingen, Reusten, Dettenhausen, Hirrlingen, Wankheim, Neustetten, Baisingen, Eckenweiler und Schwalldorf dagegen wird es gar keine Bündelsammlungen mehr geben.

„Wie es genau weitergeht, weiß wirklich kein Mensch“, sagt Schindler. Er freut sich natürlich über die Werbung des Landratsamts für die Bündelsammlung der Vereine. Aber: „Was der einzelne Bürger macht, wissen wir nicht.“ Schindler und die weiter sammelnden Vereine hoffen auf „die Idealisten“ unter den Kreisbewohnern. Die erste Bündelsammlung im neuen Jahr ist in Tübingen und den Stadtteilen Bühl, Bebenhausen, Hagelloch sowie Hirschau und Unterjesingen am 20. Januar.

Bündelsammlungen in Städten und Gemeinden

Städte und Gemeinden mit reduzierter Bündelsammlung: Altingen (6), Dußlingen (5), Kirchentellinsfurt (8), Kusterdingen (6), Immenhausen (4-5), Mähringen (4-5), Jettenburg (4-5), Nehren (9), Rottenburg (6), Bad Niedernau (6), Ergenzingen (8), Hemmendorf (7-9), Tübingen mit Teilorten (6).

Städte und Gemeinden mit 10 Bündelsammlungen im Jahr: Breitenholz, Poltringen, Gomaringen, Stockach, Mössingen mit Teilorten, Ofterdingen, Bieringen, Dettingen, Frommenhausen, Hailfingen, Kiebingen, Obernau, Oberndorf, Seebronn, Weiler, Wendelheim, Wurmlingen, Starzach und Teilorte.

Rufnummer des Abfallwirtschaftsbetriebs: 0 70 71/ 207-1333; www.abfall-kreis-tuebingen.de

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Erstellt:
08.01.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 08.01.2018, 01:00 Uhr

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cehage 08.01.201813:32 Uhr

Ich wünsche den lokalen Vereinen natürlich weiterhin viel Erfolg und gutes Gelingen ihrer Sammlungen und bitte um Verständnis, wenn z. B. kranke und/oder ältere Menschen eine "Blaue Tonne" bevorzugen.

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