Im Norden von Marseille

Das trübe Licht einer verlassenen Bushaltestelle erwartet Nora (Halima Benhamed), wenn sie frühmorgens noch im Dunkeln zur Arbeit aufbricht. Trotz ihrer aufreibenden Lebensbedingungen hat sie sich eine große Freundlichkeit bewahrt, die sich wohltuend auf alle auswirkt, mit denen sie zu tun hat. Nora ist eine Frau Ende 50, die mit zwei Jobs und ihrer Wohnung im Norden von Marseille die ganze Familie zusammenhält.

Der älteste Sohn sitzt im Knast. Die Tochter hasst die Vorstellung, für immer von Sozialhilfe zu leben, weiß aber nicht so recht, wie sie das ändern soll. Mit ihrer niedlichen kleinen Tochter lebt sie noch bei Nora. Der zweite Sohn gibt gern den Pascha, liegt viel herum, isst Chips und lässt sich hinterherräumen. Doch Nora würde nie jemanden verurteilen.

In ihrem zweiten Spielfilm rückt die französische Regisseurin Hafsia Herzi (als Schauspielerin unter anderem aus „Couscous mit Fisch“ bekannt) eine Malocherin der ersten Einwanderergeneration in den Mittelpunkt. Nora dürfte eine von zahllosen Migrantinnen und Migranten sein, die sich unter anderem dafür abrackern, dass nicht nur in Frankreich der soziale Frieden noch einigermaßen hält – und dafür keinerlei Anerkennung bekommen.

Das beengte Leben im Wohnblock mit dem ständig defekten Aufzug könnte ein trister Schauplatz sein. Doch Nora und die anderen Protagonisten mit ihrer Vitalität (oder arglosen Niedlichkeit) sind für immer neue Wendungen gut.

Die französisch-tunesische Coproduktion ist eine Hommage an die starken Frauen, die dafür sorgen, dass in schwierigen Lebensverhältnissen nicht nur Tristesse regiert. Für Nora spielt dabei auch ihre Religion eine Rolle, die sie lehrte, niemanden zu übervorteilen. (Englische Untertitel. Arsenal, heute, 18 Uhr)