Arabisches Filmfest

Im mobilen Knast liegen die Nerven blank

Kriegsfilm trifft Kammerspiel in „Clash“ aus Ägypten.

08.10.2016

Von che

Szenen eines Bürgerkriegs: „Clash“ beim Arabischen Filmfest.

Szenen eines Bürgerkriegs: „Clash“ beim Arabischen Filmfest.

Am 3. Juli 2013 wurde der gewählte ägyptische Präsident Mohammed Mursi, ein Muslimbruder, vom Militär gestürzt. An den folgenden Tagen demonstrierten Hunderttausende seiner Anhänger, aber auch Befürworter des Putschs, in den Straßen von Kairo. Einen dieser Tage zeichnet der Film von Mohamed Diab („Kairo 678“) auf 90 Minuten komprimiert nach – allerdings auf sehr spezielle Art.

Als Zuschauer sieht man die Ereignisse ausschließlich aus der Perspektive der gefangenen Insassen eines Polizeitransporters. In diesen mobilen Knast pfercht die Staatsmacht nach und nach alles, was ihr aus irgendeinem Grund verdächtig erscheint: Journalisten, Islamisten, Liberale und Unpolitische jeglichen Geschlechts und Alters – letzten Endes ein Querschnitt durch die ägyptische Gesellschaft.

Die unterschiedlichen politischen Ansichten und die bedrückende Enge legen alsbald die Nerven blank. Es kommt zu harten Wortgefechten und Handgreiflichkeiten. Zwischendurch wird aber auch mal eine Flasche Wasser geteilt und quer zu den Fronten angebändelt. Und immer wieder schweift der Blick durch die vergitterten Fenster auf die Straße, wo der Protest zum Bürgerkrieg eskaliert. Ein Polizist wird aus dem Hinterhalt erschossen, der Heckenschütze von Uniformierten totgetreten.

Draußen und Drinnen fügen sich mit der Zeit zu einer eindringlichen Studie der politischen Verhältnisse in Ägypten zwischen Arabellion und bleierner Gegenwart. Viel Anlass zur Hoffnung ergibt sich daraus nicht. Filmisch ist dieser hochintensive und am Ende fast unerträglich spannende Mix aus Kriegsfilm und Kammerspiel allerdings eine Wucht. Am Samstag um 18.30 Uhr und am kommenden Mittwoch um 20 Uhr im Kupferbau.

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Erstellt:
08.10.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 46sec
zuletzt aktualisiert: 08.10.2016, 01:00 Uhr

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