Tübingen

Personalengpass bei der Bahn: Immer mehr Züge fallen aus

Zu wenig Lokführer: Rund um Tübingen müssen Pendler und Bahnreisende derzeit auf viele Verbindungen verzichten.

03.12.2019

Von hz

Symbolbild: Erich Sommer

Symbolbild: Erich Sommer

Seit dem Wochenende fahren rund um Tübingen viele Züge gar nicht. Betroffen sind neben der Strecke Tübingen–Stuttgart auch die Kulturbahn Richtung Rottenburg und Horb sowie die Ammertalbahn Richtung Herrenberg. Zur Begründung nennt die Bahn Personalmangel durch Krankmeldungen.

Glaubt man der Lokführergewerkschaft GDL, muss der Begriff Krankmeldung freier interpretiert werden: Laut Bezirks-Chef Lutz Dächert von der Süd-West-GDL haben viele der Bahn-Lokführer im Dezember ihre tarifliche Jahresarbeitszeit – inklusive einiger Überstunden und Sonderschichten – übererfüllt und können zuhause bleiben. Das sei ein tariflich verbriefter Mechanismus zum Schutz der Gesundheit. Angesichts immer enger getakteter Schichtpläne, Überstunden und Sonderschichten „fühlen sich die Leute ausgepresst wie Zitronen“, so Dächert.

Deshalb sei der Krankenstand mit 10 bis 15 Prozent „nicht gerade niedrig“. Geplant werde bei der Bahn mit 4 bis 5 Prozent. Die Arbeitsbelastung für die etwa 120 Lokführer im Bereich Tübingen und Horb wachse auch deshalb ständig weiter, weil bereits etwa 30 Lokführer bei der Bahn gekündigt hätten, um zur Abellio zu wechseln. Diese Gesellschaft hatte 2015 die Ausschreibung für die Neckartalstrecke gewonnen und wird im Juni 2020 die Verbindung Tübingen–Stuttgart von der Bahn übernehmen. „Das sind die beiden Faktoren, die jetzt das Fass zum Überlaufen bringen“, sagt Dächert.

Indirekt bestätigt die Bahn: „Obwohl unsere Kolleginnen und Kollegen große Einsatzbereitschaft zeigen und derzeit Zusatzdienste übernehmen, können wir nicht alle Schichten abdecken.“ Auf die Frage, was die Bahn gegen den Personalnotstand unternimmt, sagt ein Bahnsprecher: Die DB Regio werde „in die Rekrutierung neuer Mitarbeiter weiter intensivieren, um die Situation in absehbarer Zeit zu entspannen“. Konkret wolle man neu eingestellte und ausgebildete Kollegen zeitnah auf befristete Stellen Richtung Tübingen holen. Wie schnell das geht, bleibt zunächst offen.

Lutz Dächert geht indes davon aus, dass sich die Personalsituation bis zum Ende des Verkehrsvertrags der Bahn auf der Strecke Tübingen–Stuttgart im Sommer 2020 nicht verbessern wird. Bleibt abzuwarten, wie es anschließend bei Abellio laufen wird: „Bei den Triebfahrzeugführern sind wir ganz gut aufgestellt“, sagt Abellio-Sprecherin Hannelore Schuster. Es gebe durchaus Interesse aus dem Raum Tübingen.

Sobald Zughersteller Bombardier genügend Fahrzeuge liefert, könnte dann auch eine Standardentschuldigung der Vergangenheit angehören, nämlich dass keine Ersatzlokführer eingesetzt werden können. Die Bahn verweist regelmäßig darauf, andere Lokführer würden nicht über die nötige Streckenkenntnis verfügen oder seien nicht auf den eingesetzten Fahrzeugtypen ausgebildet. Abellio will das ganze Netz zwischen Mannheim und Tübingen ausschließlich mit Talent-2-Fahrzeugen bedienen. Alle Lokführer sollen zudem sämtliche Strecken im Abellio-Gebiet beherrschen.

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Erstellt:
03.12.2019, 20:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 17sec
zuletzt aktualisiert: 03.12.2019, 20:00 Uhr

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