Ideenschmiede für helle Köpfe

In Eningen wurde das achte Schüler-Forschungszentrum in Südwürttemberg eröffnet

Auf 500 Quadratmetern wird künftig fleißig gebastelt, geschraubt und modelliert. Im neuen Schüler-Forschungszentrum Tübingen-Reutlingen-Zollernalb (SFZ) in der Mühlstraße 5 in Eningen beweisen junge Forscher ihren Erfindergeist. Gestern wurde die Nachwuchsschmiede feierlich eröffnet.

23.04.2016

Von Maik Wilke

Jonas Wörner (am Laptop sitzend) und sein Team haben einen Methanreaktor gebaut, der bei der Zwischenspeicherung erneuerbarer Energien helfen kann.Bild: Haas

Jonas Wörner (am Laptop sitzend) und sein Team haben einen Methanreaktor gebaut, der bei der Zwischenspeicherung erneuerbarer Energien helfen kann.Bild: Haas

Eningen. Dabei stünden die Räume in der Mühlestraße 5 derzeit noch bildlich für das künftige Innenleben des SFZ, sagte Joachim Groß, stellvertretender Standortsleiter. Sie seien eben „Work in Progress“. Im Chemielabor fehle noch die Entlüftungsanlage, damit sicher gearbeitet werden kann, in der Bibliothek fehlen noch die Bücherregale. Mit den nötigen Materialien, Instrumenten und Netzgeräten eingerichtet sind bislang nur die zwei Physiksäle und der Raum für Robotik. „Noch ist es ein wenig altbacken, aber das stört unsere Schüler überhaupt nicht“, sagte Groß gestern bei der offiziellen Eröffnung des neuen Schüler-Forschungszentrums in Eningen.

Was auf den 500 Quadratmetern Laborfläche entwickelt wird, sei dagegen absolut einfallsreich. Seit einem halben Jahr werkeln Schüler weiterführender Schulen aus den drei Landkreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalb freitagnachmittags an ihren eigenen Ideen. Schon drei Jahre arbeiten Adrian Keil, Tim Ruf und Tim Bauer an ihrem Projekt. Sie haben ein System entwickelt, das ein Fahrrad mit wenigen Handgriffen zu einem E-Bike tunen kann – ohne teures Antriebssystem und schweren Akku. „Über einen Lithium-Ionen-Akku und die passende Steuerelektronik nutzen wir den normalen Dynamo für das Fahrradlicht als Antrieb“, erklärte der 16-jährige Keil. Ab 10 Stundenkilometern sorge die Leistung von 40 Watt für einen angenehmen „Rückenwind“. Natürlich habe ein E-Bike fünf Mal mehr Power. Dafür ist das von den Schülern des Kepler-Gymnasiums in Tübingen entwickelte System mit 70 Euro Materialkosten und einem Verkaufspreis von etwa 200 Euro ein echtes Schnäppchen.

Generell könne jeder an MINT – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – interessierte Schüler im SFZ seiner Wissbegier nachgehen, sagte Groß. „Es ist eher so, dass manche Schülern eine Hemmschwelle haben. Die ist aber schnell weg, wenn sie das erste Mal hier sind.“ Häufig kämen die Ideen dabei von den Schülern selbst – wenn nicht, schlagen die Lehrer eben ein Projekt vor.

So wie bei Nadine Nagel, 11, vom Friedrich-Schiller-Gymnasium in Pfullingen und Marilena Krohmer, 10, vom Bildungszentrum Nord in Reutlingen. Die Sechstklässlerinnen haben Robby, einen Mini-Roboter auf zwei Rädern entwickelt. „Robby hat einen Farbsensor, der merkt wenn er eine schwarze Linie überfährt“, erklärte Nagel. Dann dreht Robby um und wechselt seine Richtung. Mit seiner Schaufel räumt er dabei wie ein modernen Staubsauger oder Rasenmäher den abgetrennten Bereich auf, im SFZ sind das erst einmal bunte Legosteine.

Das SFZ in Eningen ist bereits der achte Standort der Nachwuchswerkstätten in Südwürttemberg. „Damit hat die Region einen Platz, wo die Liebe zum Erforschen früh beginnen kann“, sagte SFZ-Geschäftsführer Tobias Beck in seiner Rede. Die Ideen der Schüler dürfen und sollen dabei gerne anfangs abwegig und skurril sein – zum Beweis setzte er eine Essiggurke mit Elektroden unter Strom und brachte das salzige Gemüse damit zum Leuchten.

Etwas einfacher in seiner Ausführung blieb Regierungspräsident Jörg Schmidt. Als studierter Jurist hieß es für ihn immer: „Wenn‘s stinkt, dann ist es Chemie – wenn‘s knallt, ist es Physik.“ Dennoch würden die über 20 bei der Eröffnung vorgestellten und teilweise prämiierten SFZ-Projekte auch ihm einen Einblick in eine faszinierende Welt geben. „Dass die Einrichtungen mit acht Standorten nun dezentral aufgestellt sind, war die richtige Entscheidung. Forschung kann nicht isoliert stattfinden, sondern muss vernetzt sein.“

Dass sich Forschung lohnt, beweisen Jonas Wörner, Tobias Dingler und Philipp Weber. Die drei Schüler vom Gymnasium in Überlingen haben einen Methanreaktor, in der Fachsprache „Computer Controlled Methane Reactor“, gebaut. Dieser wandelt elektrische Energie mit Hilfe von Wasser in Methan um. Dieses Methan kann dann lange und effizient gespeichert werden und bei Bedarf CO2-neutral zurück in Strom gewandelt werden. Dafür wurden die drei jungen Männer unter anderem bereits beim Zayed-Future-Energy-Prize der Vereinigten Arabischen Emirate ausgezeichnet.

Fünf Jahre mietfrei im Mühleweg 5 in Eningen

Das Schülerforschungszentrum Südwürttemberg hat mit der gestern eingeweihten Einrichtung in Eningen insgesamt acht Standorte. Neben dem Hauptsitz in Bad Saulgau sind das Friedrichshafen, Ochsenhausen, Tuttlingen, Überlingen sowie Ulm und Wangen. Die Räume in Eningen werden für fünf Jahre mietfrei von der Firma Fiedler Gewerbeimmobilien gestellt, sieben bis zehn Lehrer wechseln sich mit der Betreuung der Schüler ab. Dafür bekommen die Lehrer Entlastungsstunden angerechnet, die dann aber im regulären Unterricht fehlen. „Da müssen wir rangehen“, erklärte Regierungspräsident Jörg Schmidt. „Es darf nicht sein, dass sich der Schulbetrieb und SFZ gegeneinander ausspielen.“