Ein Teenie-Drama als Regie-Debüt von Susanne Schneider aus Nehren

In einer Nacht wie dieser

Ein Teenie-Drama als Regie-Debüt von Susanne Schneider aus Nehren

24.11.2015

Von che

Susanne Schneider im T

Susanne Schneider im T

Es ist nicht Nehren, auch nicht Mössingen oder gar Tübingen. Bloß irgendeine namen- und gesichtslose Kleinstadt mit Gebrauchtwagenhändler und Oberschule, wo diese Teenie-Tragödie fast antiken Kalibers abrollt. Geschrieben und fürs Fernsehen inszeniert hat sie Susanne Schneider. Die gebürtige Stuttgarterin hat als Kind im Steinlachtal gelebt und ist, nach Kunst-, Theater- und Filmstudien, vor zehn Jahren dorthin zurückgekehrt. Der Ruhe wegen, aber auch „weil man hier auf andere Weise im Leben steckt, als in der Großstadt, wo man nur unter seinesgleichen ist.? Die Nähe zur deutschen Durchschnittswelt merkt man ihrem Film in jeder Einstellung an.

Am Anfang des Projekts stand allerdings eine mehr theoretische Frage: Kann eine einzige falsche Entscheidung das ganze weitere Leben beeinflussen? „Um diese Frage herum?, sagt Schneider, „habe ich eine Geschichte gesucht.? Und die geht so: Sally, Kika und Persica sind dicke Freundinnen, die gerade das Abitur machen und in Jack, den smartesten ihrer Mitschüler, verknallt sind. Es ist Sommer, die Hormone brodeln, und so kommt es eines Nachts zu einer rauschenden Sex-and-Drugs-Orgie, in die unerwartet Sallys Vater, ein Ausbund soldatischer Sekundärtugenden, platzt. Es scheint nur einen Ausweg zu geben: Die Mädchen beschuldigen Jack, sie mit Drogen vollgepumpt und vergewaltigt zu haben. Eine Lüge, die sich bald für alle vier zur Lebenskatastrophe auswächst.

Die Geschichte mag in ihrer mahlstrommäßigen Schicksalhaftigkeit nicht jedermanns Geschmack treffen. Was Charakter- und Milieuzeichnung angeht, ist der Film aber ein starkes Stück. Die von allen Seiten unter Beschuss geratende Gefühlswelt der Jugendlichen wirkt ebenso zeitlos authentisch wie die sozial-drückende Enge der gut bürgerlichen Kleinstadt. Die Angst aller Beteiligten ? der Eltern um den guten Ruf und die Familienehre, der Kinder vor Versagen und Bloßstellung ? wird bedrohlich intensiv spürbar. Dabei hat die Regisseurin mit Denunziation nichts am Hut. Jeder handelt hier aus vermeintlich gutem Grund, und macht trotzdem alles falsch. Klassische Tragödie eben.

„In einer Nacht wie dieser?, ein Beitrag für die SWR-Reihe „Debüt im Dritten?, ist die erste Regie-Arbeit von Schneider, nachdem sie schon etliche Drehbücher fürs Kino und Fernsehen geschrieben hat, für den Hölderlin-Film „Feuerreiter? etwa und das Psychodrama „Solo für Klarinette? mit Götz George. Hundertprozentig zufrieden war sie mit deren Umsetzung nie: Wer lange genug Drehbücher schreibt, wird entweder zynisch oder wechselt die Seiten?. Der nächste eigene Film, diesmal fürs Kino, ist deswegen schon in Vorbereitung. Thema: Mord im Altersheim.