Liebe und Hass

Interview mit German Kral über seinen Tanz-Film „Ein letzter Tango“

Für seinen Abschlussfilm an der Münchner Filmhochschule, „Buenos Aires, meine Geschichte“, wurde German Kral im Jahr 2000 für den Grimme-Preis nominiert. Im Auftrag von Wim Wenders drehte er danach den Kinodokumentarfilm „Música Cubana“. Wenders ist nun auch der Executive Producer von „Ein letzter Tango“, der morgen im Kino Arsenal läuft.

06.04.2016

Wim Wenders und German Kral auf der Berlinale.

Wim Wenders und German Kral auf der Berlinale.

TAGBLATT:Bertolucci hat „Der letzte Tango in Paris“ gedreht. Carlos Saura, Robert Duvall oder Sally Potter haben sich gleichfalls diesem Tanz auf der Leinwand gewidmet. Was macht den Tango so attraktiv für das Kino?

Kral: Für mich begann die Tango-Begeisterung in Bayern, damals wollte ich einen Film machen über Leute, die dort Tango lernen. Durch dieses Projekt bin ich erst richtig mit dem Thema vertraut worden, woraus sich schließlich die Idee zu einer Dokumentation über das legendäre Tanzpaar María Nieves und Juan Carlos Copes entwickelt hat. Wobei „Ein letzter Tango“ für mich weniger ein Tanzfilm ist, sondern eine Erzählung über Liebe, Hass, den Verlust der Liebe und das Wiederfinden eines Künstlers und Menschen nach den Schmerzen des Lebens.

Sie wuchsen in Buenos Aires auf und benötigten den Umweg über Bayern, um den Tango für sich zu entdecken?

Als ich jung war, war Tango in meiner Generation nicht populär. Für uns war das der Tanz der Eltern und Großeltern. Der Boom begann erst Ende der 90er Jahre, und zwar nicht nur in Argentinien. Berlin liegt nach Buenos Aires weltweit auf Platz 2 der Städte, wo am meisten Tango getanzt wird.

Das Tuch zwischen den beiden Tango-Legenden María Nieves und Juan Carlos Copes ist längst zerschnitten – wie haben Sie die beiden überredet, gemeinsam in diesem Film aufzutreten?

Das war ganz einfach großes Glück. Wobei auch reichlich Geduld notwendig gewesen ist. Copes hatte erst zugesagt, dann wieder abgesagt und war dann doch wieder bereit. Wir haben uns davon allerdings nicht entmutigen lassen und haben einfach nicht locker gelassen. Bis zum letzten Moment des Drehens wussten wir nicht, ob das Projekt stattfinden würde oder nicht – bis Copes‘ Ehefrau schließlich ihre Zustimmung gab.

War den beiden von Anfang an klar, dass sie sich am Ende des Films auf der Bühne begegnen würden?

Es gibt manchmal Dinge, die man zunächst besser für sich behält (lacht). Von dieser Szene habe ich den beiden erst im letzten Moment erzählt, da waren María und Juan Carlos bereits im Boot und konnten kaum noch zurück.

Was sagen die beiden über Ihr Porträt?

Juan mochte den Film sehr, auch wenn manche Leute vielleicht behaupten, dass er darin nicht besonders gut abschneidet. Maria hingegen war zunächst sehr sauer auf mich. Zum einen, weil ich eine Choreografie, die sie sehr mochte, im Film nicht verwendet habe. Zum anderen, weil sie im Film mehrfach dieselbe Kleidung trägt: „Die Leute werden denken, dass nichts anzuziehen habe!“, warf sie mir vor. Aber nachdem die Reaktionen des Publikums so euphorisch waren, haben sie die Wogen schnell wieder geglättet.

Ursprünglich wollten Sie den Film auf 3-D drehen, warum haben Sie den Plan verworfen?

Das lag ganz einfach am Budget: Den Film auf 3-D zu drehen wäre doppelt so teuer geworden, was für uns nicht zu finanzieren war. Rückblickend bin ich darüber gar nicht traurig, weil wir sonst viel von unserer Spontaneität verloren hätten – und nach „Pina“ von Wim Wenders liegt die Messlatte für einen Tanzfilm in 3-D ohnehin in unerreichbarer Höhe.

Welchen Einfluss hatte Wim Wenders auf Ihr Projekt?

Von Wim kam der gute Vorschlag, dass die Erzählungen von Juan und Maria durch Szenen junger Tänzer ergänzt werden sollten. „Bigger than life“ nannte er diese Methode, um die Geschichte der beiden für das Publikum spannender werden zu lassen.

Interview: Dieter Oßwald

Wim Wenders und German Kral auf der Berlinale.

Wim Wenders und German Kral auf der Berlinale.

Zwei Vorstellungen in Arsenal – eine davon mit Gästen

„Ein letzter Tango“ erzählt die Lebens- und Liebesgeschichte der Tango-Legenden María Nieves (81) und Juan Carlos Copes (84). Das Paar galt als Ginger und Fred des argentinischen Tangos und hat ihn revolutioniert. Als ihre große Liebe zerbrach, ging die Karriere dennoch weiter. Vor der Kamera lassen die beiden Senioren nun ihr Leben Revue passieren von den 1940er Jahren bis heute. Bei der Vorstellung des Films am morgigen Donnerstag um 20 Uhr im Kino Arsenal ist Regisseur Kral anwesend. Vorab gibt es eine Salon-Tango-Performance der Reutlinger Tänzer Martina Beilharz und Franz Moll. „Ein letzter Tango“ läuft außerdem am kommenden Sonntag um 11.30 Uhr im Arsenal.

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Erstellt:
06.04.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 06.04.2016, 01:00 Uhr

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