Boy meets girl im angestaubten Steuerberatermilieu und doch voll prickelnder Erotik.

Intime Fremde

Boy meets girl im angestaubten Steuerberatermilieu und doch voll prickelnder Erotik.

24.11.2015

Von ust

Intime Fremde

Unter dem Titel „Confidences trop intimes? lief Patrice Lecontes Film bei den diesjährigen Französischen Filmtagen. Jetzt kommt er unter dem deutschen Titel „Intime Fremde? im Arsenal-Verleih in die Kinos. Wie in „Monsieur Hire? oder „Der Mann der Friseuse?, den schönsten seiner Filme, gelingt auch hier ein Kammerstück und ein Kabinettstückchen um die Kunst zweier großer französischer Darsteller, Sandrine Bonnaire und Fabrice Luchini.

Der Mann ist ein männliches Dornröschen, das auf merkwürdige Art erlöst wird. Die Frau ist auf geheimnisvolle Weise stark und schwach zugleich. Sie hält ihn für einen Analytiker, doch in Wirklichkeit ist er Steuerberater. Und Monsieur Faber scheint genau der Richtige für sie, ein sensibler Zuhörer und Ratgeber.

Der Film hält sich nicht lange an der Frage des verpassten Moments auf, dem Zeitpunkt also, an dem der Mann sich als Steuerberater hätte zu erkennen geben müssen. Dieses Problem bleibt Nebenschauplatz. Dagegen steht die ungleich spannendere Frage im Raum, wie sich eine knisternd erotische und dennoch völlig körperlose Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau entwickeln kann. Alle anderen Darsteller sind verzichtbare Staffage.

Wer den „Mann der Friseuse?gesehen hat, erinnert sich an Jean Rocheforts komischen, rührenden, orientalischen Tanz. Auch in „Intime Fremde? gibt es eine großartige Tanzszene, sie allein wäre Grund genug, den Film anzuschauen. Ein entfesselter Steuerberater, wie immer im Anzug, tanzt wie John Travolta. Natürlich nur für sich allein (Museum 1). ust