Tennis

„Jule“ krönt emotionale Tage

Die deutschen Damen bleiben dank des 3:2-Sieges im Fed-Cup-Duell mit der Ukraine erstklassig. Als besonders wertvoll entpuppt sich Julia Görges, die ihre beiden Einzel gewinnt.

24.04.2017

Von HELEN WEIBLE

Große Erleichterung in Stuttgart: Laura Siegemund, Angelique Kerber und Carina Witthöft (von links) feierten Julia Görges, die im vierten Einzel den entscheidenden Erfolg errungen hatte. Foto: Eibner

Große Erleichterung in Stuttgart: Laura Siegemund, Angelique Kerber und Carina Witthöft (von links) feierten Julia Görges, die im vierten Einzel den entscheidenden Erfolg errungen hatte. Foto: Eibner

Nach langen, innigen Umarmungen versammelten sich alle im Kreis, hielten zusammen stolz die schwarz-rot-goldene Flagge hoch und strahlten miteinander um die Wette. Die deutschen Tennis-Damen haben den Klassenerhalt in der Weltgruppe der besten acht Mannschaften per 3:2-Sieg gegen die Ukraine geschafft.

Eine bedeutende Rolle bei diesem Erfolg des Teams von Bundestrainerin Barbara Rittner spielte die Weltranglisten-46. Julia Görges, die in ihren beiden Einzeln ganz stark aufspielte. Ihre Mannschaftskollegin und Nummer eins im deutschen Team, Angelique Kerber, verlor hingegen gestern das Spitzenmatch in der Stuttgarter Porsche-Arena gegen die ukrainische Nummer eins, Elina Svitolina. Diese Niederlage sollte aber angesichts des Mannschaftserfolgs nicht arg ins Gewicht fallen. Görges formulierte es von Emotionen übermannt schließlich treffend: „Es ist schön, einen großen Anteil am Erfolg zu haben, aber als Team haben wir es geschafft.“ Im abschließenden Doppel mussten sich Lokalmatadorin Laura Siegemund (37) an der Seite von Carina Witthöft (69) noch dem Duo Nadija Kitschenok/Olga Savtschuk mit 4:6, 6:4, 6:10 geschlagen geben.

Die Stimmung hätte nach dem ersten Tag des Schlagabtausches zwischen Deutschland und der Ukraine nicht besser sein können. Görges und Kerber gestalteten ihre ersten beide Einzel siegreich und sorgten für die beruhigende 2:0-Führung. Vor allem für Görges war das Match gegen die ukrainische Nummer eins, Elina Svitolina, ein intensives Erlebnis. Anfang des dritten Satzes war die Norddeutsche hart auf den Rücken gefallen und mit dem Hinterkopf auf den Court geprallt. „Fünf, sechs Minuten hat es gekribbelt, die Augen waren etwas gaga, aber dann ging es“, erklärte die 27-Jährige, die sich am Ende hochverdient mit 4:6, 6:1, 6:4 durchgesetzt hatte. Kerber wollte ihren souveränen Zwei-Satz-Sieg (6:1, 6:4) über Lesia Tsurenko (WTA 43) am selben Tag nicht an einer allgemeinen Leistungssteigerung fest machen. Viel mehr lobte sie erneut die „tolle Atmosphäre“ in Stuttgart, in der sie zum Sieg getragen werde. Doch irgendwie half ihr das Gefühl, zu Hause zu sein, gut trainiert zu haben und frei aufspielen zu können, am Sonntagvormittag nicht mehr. Vor 3800 Zuschauern unterlag sie Svitolina in zwei Sätzen mit 4:6, 2:6 überraschend deutlich. Kerbers sachliche Begründung mit leicht glasigen Augen lautete: „Sie hat sehr gut gespielt und zwei, drei Punkte mehr gemacht als ich, die das Match am Ende entschieden haben.“ Ihre aufstrebende Konkurrentin, die nun schon vier Mal in Folge die Oberhand behielt, gab zu, dass es gegen die Weltranglistenerste ein harter Kampf gewesen war: „Wir haben wie zwei Hunde um die Punkte gezankt“, meinte die 22 Jahre junge Weltranglisten-13. Gerade im ersten Satz lieferten sich die beiden lange Spiele, bei denen der Vorteil einige Male hin- und herwechselte.

An Kerbers Körpersprache war zudem gut abzulesen, was geschah. Im ersten Durchgang strahlte sie Zuversicht aus und ballte häufig ihre Fäuste nach einem Winner. Im zweiten Satz aber, als Svitolina ein 0:2 in ein 3:2 drehte, ließ sie die Schultern und Arme hängen. Beim 2:5 brachte sie nicht mal mehr ihr Aufschlagspiel durch. „Es waren sehr, sehr viele Emotionen im Spiel, auch von Angies Seite her. Ich denke, dass es für Angie kein einfacher Tag war“, sagte Görges.

Als Kerber wieder in der Box saß, lag Görges gegen Tsurenko zunächst mit 0:3 im Hintertreffen. Doch „Jule“ bewies erneut, wie gut sie derzeit in Form ist. Von einem 1:4-Rückstand ließ sich die routinierte Fed-Cup-Akteurin nicht beeindrucken, glich zum 4:4 aus und sicherte sich glänzend den Satzgewinn mit 6:4. Und mit einer genauso beeindruckenden Aufholjagd gestaltete Görges auch den zweiten Durchgang. Erst lag sie wieder mit 0:3 zurück und drängte ihre aufopferungsvoll kämpfende Gegnerin Tsurenko wieder in die Defensive. Schließlich gehörte die Führung wieder der Tagessiegerin und nach fast eineinhalb Stunden verwandelte sie ihren Matchball unter donnerndem Applaus des Publikums.