Empfingen · Tradition

Junge Schäferlaufkönigin sticht ewige Zweite aus – ihre Mutter

Die Wiesenstetterin Rosina Schneider holt sich bei zweiter Teilnahme am Markgröninger Schäferlauf den Sieg. Ihre Mutter stammt von dort und wurde in ihrer Jugend dreimal nur Zweite.

18.09.2019

Von Frank Wewoda

Auf der Festkutsche ließ sich Rosina Schneider zusammen mit Felix Hagmann, Sohn einer Schulkameradin ihrer Mutter, feiern. Privatbild

Auf der Festkutsche ließ sich Rosina Schneider zusammen mit Felix Hagmann, Sohn einer Schulkameradin ihrer Mutter, feiern. Privatbild

Als Sprinterin in der Leichtathletik-Abteilung beim TV Sulz hat Rosina Schneider einigen Biss auf der Laufbahn. Doch beim traditionellen Schäferlauf in Markgröningen tauschte sie die Tartanbahn nun gegen ein pieksiges Stoppelfeld – und gewann trotzdem. Ihre Mutter, die aus Markgröningen stammt, hatte das in ihrer Jugend ganz vergeblich versucht – dreimal wurde Sie Zweite. Die Tochter Rosina, 15 Jahre alt geworden, erfüllte nun den Familien-Traum beim Schäferlauf, angestachelt durch ihre Mutter Doris. Denn so knapp, wie die in ihrer Jugend beim Schäferlauf gescheitert war, sollte Rosina jetzt unbedingt die Mission vollenden. Rosina, die das Albeck-Gymnasium in Sulz in der zehnten Klasse besucht, brachte dafür beste Voraussetzungen mit: Über die 100-Meter-Sprintdistanz liegt ihre Bestzeit bei 12,53 Sekunden, wie sie erzählt – das war schon mehr als eine bloße Empfehlung für das Stoppelfeld.

Die Familienehre gerettet

Gerade noch rechtzeitig hat Rosina die Markgröninger Familienehre gerettet, denn nächstes Jahr wird sie bereits zu alt sein für eine Teilnahme an der Veranstaltung, die regelmäßig einen Massenauflauf im Kreis Ludwigsburg auslöst (siehe Foto rechts). Nur Mädchen bis zum 15. Lebensjahr dürfen teilnehmen. Rosina hatte sich im vorigen Jahr zum ersten Mal bei der traditionellen Veranstaltung angemeldet, war damals aber nicht in Siegesnähe gekommen. Dieses Jahr gelang ihr dafür ein souveräner Start-Ziel-Sieg. Von klein auf sei sie jährlich als Zuschauerin beim Schäferlauf in Markgröningen dabei gewesen. Die Veranstaltung dauert vier Tage, beginnend mit einem „Leistungshüten“ von Schafen.

Es gibt auch einen Rummelplatz, neben dem Schäferlauf werden zudem ein Wett-Wassertragen und ein Stelzenlauf veranstaltet. „Ich wollte nur laufen, das ist meine Paradedisziplin“, erklärt Rosina Schneider. Die Bedeutung des Schäferlaufs für die Familie ist immens: Die Schneiders hielten als Markgröninger Familie einst selbst zwei Schafe.

Ihr Vater und ihre Mutter lernten sich sogar beim Schäferlauf kennen. So schreibt der Sieg der Tochter die Familientradition konsequent fort. Siegesgewiss war Rosina vor dem Start allerdings keineswegs: „Ich war schon ziemlich aufgeregt“, räumt sie ein. Straucheln könnten die Teilnehmerinnen ja schließlich jederzeit. 15 Mädchen und 10 Jungen fanden sich dieses Jahr ein zum Lauf um die Krone. In spontan, eher nach optischen Gesichtspunkten zusammengestellten Paaren treten die Teilnehmer, untergehakt beim frisch zugeteilten Partner, aufs Stoppelfeld. Gelaufen wird dann aber nach alter Väter Sitte getrennt: Wenn sich die Teilnehmerinnen formiert haben, gibt ein Festreiter mit dem Schwenken eines Tuchs das Signal zum Start der Mädchen.

Pieksig sei ihr der Untergrund überhaupt nicht vorgekommen: „Man spürt gar nix“, erzählt Rosina lächelnd – das hat wohl auch mit der Aufregung zu tun. Ein bisschen dreckig seien die Füße am Ende gewesen, das sei es aber auch gewesen mit den Spuren, die der Spurt hinterlassen hat.

Niedergetrampelte Stoppeln

Die Stoppeln seien schon ziemlich niedergetrampelt, bis die Läuferinnen barfuß zur Tat schreiten. „Mega gefreut“ hat sie sich, als ihr klar wurde, dass sie gewonnen hatte. Ihre ganze Verwandtschaft sei mit von der Partie gewesen. „Die kamen zu mir und haben mich umarmt.“ König an ihrer Seite wurde Felix Hagmann, ein äußerst talentierter Jugend-Fußballspieler der TSG Hoffenheim. „Wir haben uns nett unterhalten“, erzählt Rosina.

Ein 16 Minuten dauernder Huldigungstanz zu seinen Ehren genoss das neue Königspaar abschließend. Zwar darf Rosina nicht mehr am Lauf teilnehmen 2020, wird aber auf der Königskutsche als amtierende Königin zusammen mit Felix aufs Festgelände fahren, um ein letztes Mal ihr Fußvolk zu grüßen. Dann wird Rosina Schneider offiziell entthront – doch den Sieg kann ihrer Familie nun niemand mehr nehmen.

Junge Schäferlaufkönigin sticht ewige Zweite aus – ihre Mutter
Der Moment des Sieges: Rosina Schneider enteilt mit viel Biss ihrenKonkurrentinnen auf dem Markgröninger Stoppelfeld. Bild: Screenshot

Der Moment des Sieges: Rosina Schneider enteilt mit viel Biss ihren
Konkurrentinnen auf dem Markgröninger Stoppelfeld. Bild: Screenshot

Württembergischer Schäferlauf

Das nächste Schäferlauffest in Markgröningen im Kreis Ludwigsburg findet von 28. bis 31. August 2020 statt. Seine Wurzeln reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück und seine Mischung aus Tradition und Volksfest mit modernen Elementen lockt jährlich Ende August rund 100 000 Besucher. Die Hauptattraktion des Festes ist das Wettrennen der Schäferinnen und Schäfer über eine Distanz von 300 Schritten barfuß über das Stoppelfeld. Der Schäfertanz ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Der württembergische Schäferlauf wurde 2019 in das Verzeichnis des immateriellen Unesco-Kulturerbes aufgenommen. In Wildberg gibt es einen Schäferlauf in der hiesigen Region.

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Erstellt:
18.09.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 08sec
zuletzt aktualisiert: 18.09.2019, 01:00 Uhr

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