Fantasiewelt aus Kinderbuch geschauspielert

Ellen Wannenmacher, Leiterin der Empfinger Bücherei, fragt die 45 Mädchen und Jungen der Klassen 3a und 3b vor Beginn: „Wisst ihr, was ein Autor ist?“ Viele melden sich, kurz bevor der Kinderbuchautor in der Aula der Empfinger Grundschule eintrifft, dann antwortet ein Mädchen mit einem Relativsatz in schönstem Schwäbisch: „Der, wo die Bücher schreibt!“

Am Mittwochmorgen hätte auch die Antwort „der, wo schauspielert“ ins Schwarze getroffen. denn der gebürtige Essener Scherz reißt sein Publikum so ausdrucksstark und dank großer Spielfreude mit, als würde er sein Buch als Ein-Mann-Theaterstück auf die Bühne bringen.

Seine Qualitäten als Alleinunterhalter für Kinder beweist der schreibende Familienvater dazu an der Gitarre, aber auch, als er den Elefanten aus seinem Buch „Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika“ als Handpuppe zum Leben erweckt. Die Kinder gehen begeistert mit, hängen an den Lippen des 1974 geborenen Schauspielers. Doch glänzt Scherz gleichzeitig als Erzähler und Autor, dessen Geschichte allein schon durch die Sprache wirkt.

Der Elefant Abuu, der sein bisheriges Leben im Zoo verbracht hat, begibt sich zusammen mit der fünfjährigen Marie und ihrem siebenjährigen Bruder Joscha auf eine fantastische Reise in Abuus Heimat. Die Tristesse des einsamen Elefantenlebens in Gefangenschaft drückt Scherz schlicht so aus: „Abuu trompetet einen Elefantengruß tief ins Land hinein, aber niemand trompetet zurück.“ So ist die Flucht das Naheliegendste. „Afrika ist der schönste Kontinent, den ich nicht kenne“, beschreibt Abuu sein Reiseziel bedrückt. „Die größte Angst ist, dass mich meine Familie gar nicht erkennt.“

Bei der abenteuerlichen Überfahrt auf einem Floß trifft die Reisegruppe auf ein fantastisches Wesen. „Acht lange Arme wachsen aus seinem Kopf“, beschreibt Scherz sein Monster. Ein Mädchen im Publikum hält sich vor Schreck die Hände vor den Mund. Der krakenhafte Besucher aus dem Meer reißt Abuu mit in die Tiefe, kurz lässt Scherz offen, ob seine Geschichte so ein sehr trauriges Ende finden könnte. Doch natürlich taucht Abuu wenig später wieder lebendig an der Oberfläche auf, hat er sich doch dermaßen mit Luft vollgesogen, dass er wie ein Luftballon aus dem Wasser schnellt. In Afrika angelandet, begegnen die Charaktere im Buch im Dschungel allerlei Tieren. Die dürfen die Kinder jetzt selbst lautmalerisch mimen. Scherz spornt sein Publikum an: „Vergesst mal eure Lehrer. Wenn die sich die Ohren zuhalten, ist es gerade richtig.“Ein ohrenbetäubendes Raubkatzenkonzert füllt somit bald den Raum. Doch damit nicht genug: Schließlich lernen die Kinder auch das Oberhaupt des Kontinents kennen, diesmal musikalisch. Scherz singt, sich auf der Gitarre begleitend: „Verbeugt euch und schreit hurra, ich bin der König von Afrika!“

Ohne weitere Erklärung fangen die Drittklässler bei diesen Liedzeilen auf ihren Stühlen sitzend wirklich an, sich mit dem Oberkörper in Richtung der Bühne zu verbeugen. Oliver Scherz wird heute zumindest wie der König von Empfingen gefeiert.