Wirtschaft

KAZ, KUSS, Konsum, Kernstadt

Den Sulzer Handels- und Gewerbeverein gibt’s seit 30 Jahren. Die Aktivitäten änderten sich im Lauf der Zeit, der Slogan „Sulz.Ja!“ hat überdauert.

06.05.2017

Von Cristina Priotto

Heute vor 30 Jahren ist das „Sulz.Ja!“-Logo vorgestellt worden.

Heute vor 30 Jahren ist das „Sulz.Ja!“-Logo vorgestellt worden.

Eine Stadt ohne Handels- und Gewerbeverein? Heutzutage erscheint das kaum vorstellbar. Doch auch Sulz musste bis 1987 warten, ehe sich der HGV gründete. Das Ziel war es, sich als starke Gemeinschaft für die Belange der Einzelhändler, Dienstleister und des produzierenden Gewerbes einzusetzen und gemeinsam etwas zu tun, um Sulz als Standort für Firmen und Einkaufsstadt attraktiv zu halten.

Der Gründung vorangegangen war eine Informationsveranstaltung im Januar 1987, zu der der damalige Bürgermeister Peter Vosseler mehr als 100 Interessenten begrüßen konnte. Das Ziel Ende der 1980er-Jahre war, „durch einen Zusammenschluss der wirtschaftlichen Talfahrt der Raumschaft Einhalt zu gebieten“, wie in einem Zeitungsartikel zu lesen ist.

Die erste Veranstaltung des noch jungen HGV war im Herbst 1987 ein Marktplatzfest, im Winter feierte der Weihnachtsmarkt Premiere. Noch im Gründungsjahr gab der HGV zudem eine Marktanalyse in Auftrag und machte bei den Einzelhändlern eine Umfrage.

In den Folgejahren ging es Schlag auf Schlag aktiv weiter: 1988 wurde die Gewerbeschau ins Leben gerufen. Legendär in Erinnerung geblieben sind zudem die Frühlingsbälle in Bergfelden, die es ab 1990 eine Zeitlang gab. Mit Blümles- und Häfelesmärkten rührte der Sulzer Handels- und Gewerbeverein in den 1990er-Jahren ebenfalls die Werbetrommel für Shoppen in Sulz, und beim Kehraus in der Sonnenstraße feierten die dort vertretenen Händler den Sommerschlussverkauf.

Erste Leistungsschau ein Erfolg

Mit roten Lippen als Logo bewarb die Vereinigung der Gewerbetreibenden 1993 die erste „KUSS“ (Komm und sieh Sulz), eine Leistungsschau in der Kernstadt. Mit mehr als 30000 Besuchern war die „KUSS“-Premiere ein so überragender Erfolg, dass die Beteiligten bis heute schwärmerisch davon erzählen. Daraus wurde 1995 die „KUSS-Kastell“, bei der sich zahlreiche Firmen in dem Höhen-Industriegebiet präsentierten. Die Unternehmen und der HGV scheuten keine Kosten und Mühen und ließen als Werbung sogar einen solarbetriebenen Zeppelin aufsteigen.

Kuriositäten gab es ebenfalls: So organisierte der HGV in den Anfangsjahren einen Schneemannwettbewerb, und bei den internationalen Nikolaustreffen tummelten sich Rotmützen aus mehreren Ländern in der Stadt.

Eine zündende Idee, die bis heute anhält, hatte im Mai vor 30 Jahren Diether Weik: Der damalige Kunstlehrer am Albeck-Gymnasium schlug den optimistischen Slogan „Sulz.Ja!“ vor, um das angestaubte und zu lange „Alte Stadt am jungen Neckar“ zu ersetzen. Beim Gemeinderat stieß der Vorschlag auf große Begeisterung, ebenso beim HGV. Maßgabe für den Slogan, der am 6. Mai 1987 präsentiert wurde, war, eine Art Solidaritätsgefühl in der Bevölkerung als Stabilisierung nach innen zu bewirken und ein Signal nach außen zu setzen, dass die Händler sich nicht unterkriegen lassen wollten, nachdem diverse Firmen wie die Steeb-Werke zusammengebrochen waren.

Übrigens hatten hochbezahlte Werbefachleute für die Volkszählung nahezu zeitgleich das Motto „Volkszählung. Ja!“ kreiert – die Sulzer „Käpsele“ waren ob dieses zufälligen Gleichklangs zunächst verschnupft, bald aber auch stolz, so einfallsreich wie Profis zu sein.

Seither hat es zwei Aktualisierungen des „Sulz.Ja!“-Logos gegeben, zuletzt 2015: Damals wurde der Schriftzug durch Michael Soukop verschlankt und die von Weik ersonnene Farbgebung geopfert.

Anstatt „KUSS“ gibt es seit 2011 die KAZ: Die Ausbildungsmesse ist jedes Jahr schnell ausgebucht, und alljährlich strömen tausende von Schülern zu über 50 Firmen aus der Region, um sich über Ausbildungsplätze zu informieren.

Etabliert haben sich zudem die verkaufsoffenen Sonntage – „Sulz blüht“ im Frühjahr und der „Apfeltag“ (früher: „Tierisch gut“) im Herbst sowie „Sulz erstrahlt“ als Weihnachtsmarkt Anfang Advent.

Ärger mit Kirchen und Anwalt

Zweimal hat sich der HGV großen Ärger eingehandelt: 1996 fiel der Frühlingsmarkt auf den Palmsonntag, wogegen die örtlichen Kirchen Sturm liefen. 1998 musste der Handels- und Gewerbeverein für die Wortschöpfung „Rabattzmarkt“ eine Vertragsstrafe von 1900 Mark bezahlen, weil die Wortmarke geschützt war. Ein gescheitertes Projekt in jüngster Zeit war 2014 der „Sulz bringt’s“-Smart: Mangels Nachfrage wurde der Lieferdienst rasch eingestellt.

Reißenden Absatz fanden hingegen die kostenlos an Kunden ausgegebenen Broschüren mit Bredle- und Apfelrezepten.

Innovative Ideen beweist der Vorstand, in dem seit einigen Jahren deutlich mehr Frauen als Männer vertreten sind, immer wieder: So statten HGV-Vertreter gemeinsam mit Bürgermeister Gerd Hieber und Wirtschaftsförderer Hartmut Walter seit 2009 regelmäßig neuen und alteingesessenen Betrieben einen Besuch ab, um sich über deren Angebote, aber auch Sorgen zu informieren.

Bei einer Zukunftswerkstatt anlässlich des 25-jährigen Bestehens diskutierten Experten 2012 über Entwicklungen und Chancen des Handels im ländlichen Raum.

Die Zahl der Mitglieder hat sich aktuell bei rund 100 eingependelt. Zu Spitzenzeiten gehörten dem Handels- und Gewerbeverein rund 150 Händler, Dienstleister und Vertreter des produzierenden Gewerbes an. Die Mitgliederzahl ist auch ein Wasserstandsanzeiger für die Lage der Sulzer Wirtschaft.

Firmen aus der Region mit Schülern als potenziellen Auszubildenden zusammenzubringen, ist der Sinn der KAZ-Messe (Kontakte, Ausbildung, Zukunft), die HGV und Stadt seit 2011 veranstalten. Archivbilder: Priotto

Firmen aus der Region mit Schülern als potenziellen Auszubildenden zusammenzubringen, ist der Sinn der KAZ-Messe (Kontakte, Ausbildung, Zukunft), die HGV und Stadt seit 2011 veranstalten. Archivbilder: Priotto

Was bieten heimische Betriebe und wie können Stadt und HGV die Inhaber unterstützen (im Bild Bürgermeister Gerd Hieber, Jochen Späth vom Gartencenter in Hopfau und HGVler Michael Schmid)? Darüber informiert sich der Vorstand seit 2009 regelmäßig bei Besichtigungen.

Was bieten heimische Betriebe und wie können Stadt und HGV die Inhaber unterstützen (im Bild Bürgermeister Gerd Hieber, Jochen Späth vom Gartencenter in Hopfau und HGVler Michael Schmid)? Darüber informiert sich der Vorstand seit 2009 regelmäßig bei Besichtigungen.

Das 2015 modernisierte Logo „Sulz.Ja!“ gab‘s auch als Zungentattoo– eine besondere Art von Mund-zu-Mund-Propaganda.

Das 2015 modernisierte Logo „Sulz.Ja!“ gab‘s auch als Zungentattoo – eine besondere Art von Mund-zu-Mund-Propaganda.

Die HGV-Vorsitzenden:

1987 bis 1989: Karl Kress

1989 bis 1997: Friedrich Kopf

1997 bis 2005: Hans-Walter Blass

2005 bis 2009: Petra Gatzke

seit 2009: Gislinde Sachsenmaier

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Erstellt:
06.05.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 25sec
zuletzt aktualisiert: 06.05.2017, 01:00 Uhr

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