Spiel gegen Nordirland

Kaiserliche Ruhe ist gefragt

Deutschland tritt heute in der WM-Qualifikation gegen Nordirland an. Mats Hummels warnt: Das könnte ein Geduldsspiel werden.

11.10.2016

Von THOMAS GOTTHARDT

Innenverteidiger Mats Hummels hat seine enormen Passfähigkeiten wieder unter Beweis gestellt  und erinnert dabei in seiner Haltung und Schusstechnik durchaus an Franz Beckenbauer. Foto: Getty Images

Innenverteidiger Mats Hummels hat seine enormen Passfähigkeiten wieder unter Beweis gestellt und erinnert dabei in seiner Haltung und Schusstechnik durchaus an Franz Beckenbauer. Foto: Getty Images

Hannover. Mats Hummels, in Nordrhein-Westfalen geboren, erlernte bekanntlich das Fußball-Handwerk beim FC Bayern München. Wohl auch deshalb wird er hin und wieder mit Franz Beckenbauer verglichen. Wie Hummels mit dem Ball am Fuß durchs Mittelfeld flaniert, wie er Pässe spielt, haargenau und präzise getimt, trocken und manchmal ansatzloc aus dem Fußgelenk. Wie der „Kaiser“ halt.

Dass Mats Hummels das perfekt beherrscht, ist keine neue Erkenntnis. Dessen Spieleröffnungspässe fanden immer wieder die Anerkennung des Dortmunder Trainers Jürgen Klopp. Und dass der Rekordmeister aus dem Süden so beharrlich an der Rückholaktions des 27-Jährigen gearbeitet hat, hat auch viel mit diesen Qualitäten zu tun, die eine Defensive einfach stärker machen.

Der Innenverteidiger, so die offizielle, gleichwohl viel zu profane Bezeichnung der Hummels-Position, ließ am vergangenen Samstag beim 3:0-Erfolg im WM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien seine kunstvollen Pässe neu aufleben. Zusammen mit seinem Klub-Kollegen Jerome Boateng sollten beide, so die taktische Direktive des Bundestrainers, mit langen Diagonalpässen den leidlich offensiv ausgerichtete Gegner unter Druck setzen und Räume eröffen. Der Plan ging voll auf. Das Bayern-Duo war letztendlich mit Spielmacher-Aufgaben betreut.

Ob diese attraktive Art gegen die robusten Nordiren, gegen die die DFB-Auswahl heute (20.45 Uhr/RTL) in Hannover im insgesamt dritten Qualifikationsspiel für die die WM in Russland antreten muss, ebenfalls zum Erfolg führen wird, ist eher unwahrscheinlich, wäre jejdoch ein Sieg der Kunst über die Mauer-Taktik. „Wir wollen natürlich nachlegen und im November schon zwölf Punkte haben. Dann hätten wir eine sehr komfortable Situation in der Tabelle“, sagte Hummels, machte aber auch klar, dass die Partie gegen dieses kampf- und defensivstarke Team kein Selbstläufer wird: „Es kann ein Geduldsspiel werden. Es ist unsere Aufgabe, es nicht dazu kommen zu lassen. Wir werden wieder viel in offensive Laufwege investieren müssen.“

Hummels kann sich noch gut an das letzte Aufeinandertreffen erinnern. An die letztendlich einseitige Gruppenpartie bei der Euro in Frankreich im Pariser Prinzenparkstadion, das die deutsche Elf zwar mit 1:0 gewinnen konnte, dafür aber schwer schuften musste.

Deshalb muss Löw, der vermutlich Ilkay Gündogan für Sami Khedira von Beginn an starten lässt, seinen Spielplan ein wenig anpassen. „Ich glaube nicht, dass sie uns so anlaufen wie die Tschechen. Dann wird es sehr viel weniger lange Bälle geben, definitiv“, erläuterte Hummels. Stattdessen müsse man eher „klassisch flach in die Halbräume oder über Außen spielen“, meinte der Münchner: „Aber es ist leichter gesagt als getan.“ Am besten sei es, man würde „den nordirischen Abwehrriegel früh knacken.“ Kollege Mesut Özil strich noch einen weiteren Faktor heraus, der sicherlich auch einen Unterschied zum Tschechien-Spiel ausmachen wird. „Ich kenne ja einige Nordiren aus der Premier League. Die spielen robuster und körperbetonter“, sagte die Kreativkraft vom FC Arsenal. „Ich erwarte, dass sie sich mit zehn Mann am Sechzehner positionieren. Wir brauchen Lösungen“, merkte auch Toni Kroos an.

Mats Hummels ließ sogar einen kleinen Einblick in die mentale Verfassung des Weltmeisters zu, um zu erklären, warum das Team momentan einen so konzentrierten und fokussierten Eindruck macht. Der Abwehrspieler sagte, dass die bisherigen Auftritte in der WM-Qualifikation eine Trotzreaktion des Teams seien, das seine Stellung als Nummer eins der Welt unterstreichen wolle: „Es ist eine Reaktion auf die EM und auf die EM-Qualifikation zuvor.“ Da sei längst nicht alles nach Wunsch gelaufen. „Deshalb sind wir sehr motiviert, einfach alles zu investieren“, sagte Hummels. „Wir wollen zumindest zeigen, dass wir eine der besten Mannschaften der Welt sind –– die beste gibt es nicht.“