Horb · Das Mittwochs-Interview

„Kann das Niveau nicht immer abrufen“

Skispringerin Svenja Würth vom SV Baiersbronn spricht selbstkritisch über ihre schwierige Comeback-Saison nach einem Kreuzbandriss und ihren ersten Start in der Nordischen Kombination.

26.02.2020

Von Maik Wilke

Spezialspringerin Svenja Würth nahm am Wochenende zum ersten Mal am Continental-Cup der Nordischen Kombination der Damen teil. Ob eine Doppelbelastung für das WM-Jahr 2021 möglich ist, möchte die 26-jährige Athletin des SV Baiersbronn nach dem Winter entscheiden. Bild: Dominik Berchtold

Spezialspringerin Svenja Würth nahm am Wochenende zum ersten Mal am Continental-Cup der Nordischen Kombination der Damen teil. Ob eine Doppelbelastung für das WM-Jahr 2021 möglich ist, möchte die 26-jährige Athletin des SV Baiersbronn nach dem Winter entscheiden. Bild: Dominik Berchtold

SÜDWEST PRESSE: Frau Würth, in diesem Winter springen Sie zwar regelmäßig unter die Top 20, sind aber von der Weltspitze doch ein Stück entfernt. Wie bewerten Sie Ihre Comeback-Saison nach dem Kreuzbandriss und dem Meniskusschaden im linken Knie im Dezember 2017?

Svenja Würth: Es läuft wirklich durchwachsen. Einige Sachen funktionieren zwar recht gut, doch es gelingt mir nicht – oder zumindest nur selten – an einem Wettkampf zwei gleich starke Sprünge auf die Schanze zu bringen. In der Qualifikation oder dem Probedurchgang war ich schon Vierte, doch es fehlt die Konstanz. Ich kann das Niveau noch nicht durchgängig abrufen.

An welchen technischen Abläufen hapert es?

Es ist ein Balance-Problem beim Absprung, der immer meine Stärke war. Wenn der Druck am Schanzentisch ankommt, passt es. Dann habe ich sofort ausreichend Flughöhe und finde auch in mein Flugsystem. Doch oft liegt mein Schwerpunkt zu weit vorne – dadurch geht der Druck ins Leere und ich habe eine deutlich flachere Flugkurve. Zudem habe ich dann zu viel Rotation im System und verliere Geschwindigkeit.

Liegt das noch an der Knieverletzung? Ist das Vertrauen noch nicht ganz zurück?

Doch, das Vertrauen ist komplett zurück. Generell hat die Verletzung nichts mehr mit meiner Form zu tun. Dass es dieses Mal in der Comeback-Saison nicht die herausragenden Ergebnisse sind, wie sie es nach meiner ersten schweren Verletzung waren, hat andere Gründe.

Nämlich?

Das Damen-Skispringen entwickelt sich aktuell brutal schnell weiter und das Niveau ist deutlich enger zusammengerückt. Mit einem Sprung, der ganz ordentlich war, schafft man es nicht mehr in die Top Ten. Man braucht zwei richtig gute Sprünge. Zum anderen habe ich dieses Mal auch mehr als ein Jahr verloren, bei der ersten Verletzung waren es sieben Monate.

Wie bewertet Bundestrainer Andreas Bauer Ihre Leistungen?

Er sagt mir immer wieder, dass ich geduldig sein muss – dann wird der Knoten platzen. Ich setze ja auch regelmäßig Sprünge, bei denen ich selbst denke: ,Wow, es geht doch‘. Vielleicht fehlt solch ein Erfolgserlebnis einfach mal im Weltcup – dann könnte auch die Leichtigkeit zurückkommen.

Welche Ziele setzen Sie sich noch für die verbleibenden Springen bei der Raw-Air in Norwegen und anschließend Ende März in Russland?

Da setze ich mir keine konkrete Platzierung als Ziel. Wichtiger ist, dass ich zwei konstante Sprünge schaffe und meine Leistung weniger Streuung aufweist. Dann sind Ergebnisse unter den Top 15 realistisch. Zumal mir die Großschanzen aufgrund meiner hohen Absprungkraft entgegenkommen.

Am vergangenen Wochenende hatten Sie Ihren ersten Start im Continental-Cup der Nordischen Kombination im österreichischen Eisenerz. Wie lief es?

Das Springen habe ich wie erwartet gewonnen und mir 20 Sekunden Vorsprung herausgesprungen. Doch im Laufen war es eher bescheiden.

Wie viele Plätze haben Sie über die 5 Kilometer noch verloren?

Alle (lacht), ich habe das Rennen nicht beendet. Ich bin viel zu schnell angegangen. Das passiert eben, wenn man ohne spezielle Vorbereitung in solch einen Wettbewerb geht. Aber es war auch nur ein Versuch, weil ich und mein Trainerteam schauen wollten, wie viel Vorsprung ich herausspringen kann.

Haben Sie im Winter viel Zeit in der Loipe verbracht?

Nein, kaum. Wir haben im Winter den Fokus doch stark aufs Spezialspringen gelegt, weil es dort eben nicht so gut lief. Der Start in der Nordischen Kombination war mein erstes Langlaufrennen seit zehn Jahren.

Steht das Ziel Weltcup Nordische Kombination, der nächsten Winter zum ersten Mal bei den Damen angeboten wird, und Start bei der Heim-WM in Oberstdorf 2021 in der Kombination dennoch?

Das steht aktuell noch nicht fest. Mein Team und ich werden uns nach der Saison zusammensetzen und darüber entscheiden. Klar ist aber bereits jetzt, dass eine Doppelbelastung nur sehr schwierig zu meistern sein wird. Das Lauf-Niveau ist im Vergleich zum letzten Jahr nochmals gestiegen und es besteht eben die Gefahr, dass ich in beiden Konkurrenzen nur im Mittelfeld lande.

Was stimmt Sie trotz des durchwachsenen Winters für die WM-Saison 2021 optimistisch?

Es war klar, dass dieser Winter einer für Experimente wird. Das habe ich bewusst in Kauf genommen. Nächstes Jahr können wir im Frühjahr nachrüsten, auch was das Material angeht.

Zur Person:

Svenja Würth ist 26 Jahre alt und ist seit 2001 Mitglied beim SV Baiersbronn. Die Polizeimeisterin springt seit dem Winter 2010/11 als Athletin des Deutschen Skiverbands (DSV) im Weltcup des Spezialspringens der Damen. Als größten Erfolg bezeichnet Würth selbst die Goldmedaille im Mixed-Springen bei der Weltmeisterschaft 2017 im finnischen Lahti.

Eine Olympia-Teilnahme ist der Baiersbronnerin bisher verwehrt geblieben: Vor den beiden Großevents 2014 in Sotschi (Russland) und 2018 in Pyeongchang (Südkorea) stürzte Svenja Würth jeweils und verletzte sich schwer.

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Erstellt:
26.02.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 24sec
zuletzt aktualisiert: 26.02.2020, 01:00 Uhr

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